Lufthansa: EU-Kommission sieht bei Ita-Übernahme genauer hin

Airbus A320neo (Foto: Ita Airways).
Airbus A320neo (Foto: Ita Airways).

Lufthansa: EU-Kommission sieht bei Ita-Übernahme genauer hin

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Das haben sich wohl die italienische Regierung und Lufthansa anders vorgestellt: Zu einer schnellen Übernahme von Ita Airways durch den Kranich-Konzern wird es nicht kommen, denn die EU-Kommission hat ein vertieftes Prüfverfahren eingeleitet.

Noch vor wenigen Wochen hat man sich seitens Lufthansa zuversichtlich gegeben, dass noch vor Jahresende 2023 grünes Licht gegeben wird. Zunächst will der deutsche Luftfahrtkonzern mit 41 Prozent einsteigen und über einige Jahre hinweg dann auf 100 Prozent aufstocken. Bereits im Vorverfahren haben die europäischen Wettbewerbshüter durchblicken lassen, dass man die Transaktion nicht ohne Auflagen durchwinken wird.

Als erschwerend dürfte sich dabei auch erweisen, dass man in Brüssel durchaus so einiges an Erfahrung bezüglich Übernahmen von Fluggesellschaften durch Lufthansa hat. Auflagen, die in der Vergangenheit, beispielsweise im Fall Austrian Airlines gemacht wurden, hatten nicht den gewünschten Effekt, denn auf den betroffenen Routen dominieren weiterhin ein Monopol des Kranich-Konzerns und hohe Preise. Auch ist die Bewilligung der Staatshilfe, die Deutschland gewährt hatte, vor dem Gericht der Europäischen Union um die Ohren geflogen. Der EuGH als Höchstgericht hat noch nicht abschließend entschieden.

Dennoch dürften verschiedene Ereignisse dazu geführt haben, dass man seitens der EU-Kommission Übernahmen im Luftfahrtbereich genauer unter die Lupe nimmt. In der Vergangenheit neigte man zum Durchwinken bzw. machte nur minimale Auflagen, die allenfalls nur sehr kurzfristige Wirkung hatten. Durchgesickert ist, dass Brüssel dem Lufthansa-Konzern für den Einstieg bei Ita Airways empfindliche Zugeständnisse abverlangen könnte. Die Rede ist unter anderem von der Aufgabe als wertvoll geltender Slots in Mailand-Linate sowie der Abgabe von Start- und Landerechten in Frankfurt, München und Rom Fiumicino. Letzteres soll explizit den Transatlantikverkehr betreffen, was für Lufthansa regelrecht unannehmbar erscheint, denn die Routen gelten als Cash-Cows des Konzerns.

Italiens Finanzminister Giancarlo Giorgetti erklärte in einer Ansprache im Parlament unter anderem, dass die Hängepartie keine gute Nachricht für Ita Airways ist. Dabei ist der Hintergrund, dass der zum Verkauf stehende Carrier finanziell schwach aufgestellt ist und möglicherweise eine weitere Anschlussfinanzierung benötigen könnte, wenn die von Lufthansa zugesagten Finanzmittel nicht rechtzeitig in den italienischen Carrier eingebracht werden dürfen. Eigentlich wollte die Kranich-Gruppe im Jänner 2024 schon mit der Eingliederung in den Konzern beginnen. Daraus wird nun – zumindest vorläufig – nichts.

Lufthansa und Ita Airways haben den Deal vergleichsweise spät offiziell angemeldet. Zuvor wurde eine Art Vorverfahren geführt. Von diesem haben sich die Anmelder wohl erwartet, dass die eigentliche Prüfung dann schneller durchgeführt werden kann. Die EU-Kommission hatte zunächst bis 15. Jänner 2024 Zeit, um zu entscheiden, ob die geplante Übernahme bewilligt wird, allenfalls unter Auflagen und/oder Zugeständnissen bewilligt wird oder aber ein Phase-II-Prüfverfahren eingeleitet wird. Man hat sich für die zuletzt genannte Option entschieden. Die Wettbewerbshüter haben nun 90 Tage Zeit für eine Entscheidung bzw. auf etwaige Angebote für Zugeständnisse einzugehen. Es besteht aber die Möglichkeit, dass das Verfahren mit entsprechender Begründung auf 180 Tage ausgedehnt werden kann.

Der Ausgang ist noch völlig offen, denn nicht nur die langjährige Vorgeschichte bei Lufthansa, sondern auch jene von Ita Airways dürfte Anlass geben sehr genau hinzusehen. Der Vorgänger von Ita Airways, Alitalia, wurde immer wieder mit staatlichen Mitteln in der Luft gehalten. Einige Zuschüsse wurden nachträglich für rechtswidrig erklärt und die Rückzahlung wurde angeordnet. Da Alitalia aber insolvent ist, ist es unwahrscheinlich, dass jemals Geld zurückfließen wird. Die Summe aller Faktoren dürfte seinen Beitrag dazu geleistet haben, dass die EU-Kommission besonders genau hinsieht. Auch Aufforderungen von Gewerkschaften das Verfahren zu beschleunigen, haben in Brüssel nicht die von den Initiatoren gewünschte Wirkung gezeigt.

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