Zu Beginn der Corona-Pandemie haben zahlreiche Fluggesellschaften mit purer Absicht Erstattungen und gegebenenfalls auch Entschädigungen für abgesagte Flüge verschleppt. Einige Anbieter versuchten ihre Kundschaft mit Gutscheinen abzuspeisen und behaupteten gar dreist, dass es keine andere Möglichkeit geben würde und die EU-Kommission dies so festgelegt habe. Eine glatte Lüge, die dem einen oder anderen Anbieter Klagen von Konsumentenschutzorganisationen eingebracht hat.
Manche Fluggesellschaften, darunter Wizz Air, gehen seit längerer Zeit jenen Weg, dass man bei Erstattungsansprüchen zunächst auf ein Kundenkonto gutschreibt. Dazu gibt es einen Bonus von 20 Prozent, was auf den ersten Blick durchaus attraktiv sein kann. Aber nur dann, wenn man beabsichtigt, erneut bei Wizz Air zu buchen. Die Erstattung des Guthabens vom Kundenkonto – abzüglich der 20 Prozent Bonus – kann sich nämlich äußerst kompliziert und insbesondere langwierig gestalten. Einfach macht es der Billigflieger der Kundschaft nämlich nicht, denn das entsprechende Formular ist sehr gut versteckt. Anschließend heißt es mitunter wochenlang warten und gegebenenfalls auch mehrfach per Mail und/oder Telefon Druck machen.
Auch andere Fluggesellschaften bieten derartige “Wallets” an. Die Vorteile für die Anbieter liegen auf der Hand, denn im Fall von Erstattungsansprüchen wird das Geld mehr oder weniger automatisiert aufgebucht, dazu gibt es bei vielen Anbietern einen kleinen Bonus und somit bleibt das “echte Geld” in der Firmenkasse. Auch behauptet man dann, dass man der gesetzlichen Erstattungspflicht binnen sieben Tagen nachgekommen ist, denn immerhin könne man damit ja Tickets bzw. Zusatzleistungen bezahlen. Bei Wizz Air ist es aber nicht wirklich echtes Geld, denn das Guthaben kann nur dann verwendet werden, wenn man selbst als Passagier mitgebucht wird. Sprich: Verschenken von Tickets an Freunde und/oder Verwandte ist nicht möglich. Gerade bei Familien- und/oder Gruppenausflügen, deren Flüge seitens Wizz Air erheblich verschoben oder gar abgesagt wurden, kann das schon sehr ärgerlich sein.
Die Lufthansa Group hat ein solches Tool bislang noch nicht, jedoch prüft man dieses zumindest für die Netzwerkcarrier einzuführen. Dazu passt durchaus, dass man vor einiger Zeit die Logins zur “Lufthansa ID” vereinheitlicht hat. Noch heißt es, dass man bei Einführung des “Wallets” den Passagieren “auf Wunsch” Erstattungen darauf gutschreiben könnte und als Goodie beispielsweise mehr Meilen oder einen finanziellen Bonus anbieten könnte. Das Thema “auf Wunsch” muss durchaus kritisch betrachtet werden, denn perfider Weise beruft man sich auf Marktstudien, die angeblich ergeben hätten, dass sich Kunden genauso eine digitale Geldbörse, mit der man nur bei Airlines der Lufthansa Group im Internet bezahlen kann, wünschen würden.
Es kann also nicht ausgeschlossen werden, dass Erstattungen von Austrian Airlines, Swiss, Lufthansa und Brussels Airlines perspektivisch auf ein Kundenkonto gebucht werden und wenn Reisende dann an “echtes Geld” wollen, könnte es ähnlich kompliziert werden wie bei Anbietern, die dies schon länger eingeführt werden. Der Sinn und Zweck solcher “Wallets” ist primär, dass man die Vorschrift, dass binnen sieben Tagen erstattet werden muss, aber sich Kunden nicht mit Gutscheinen abspeisen lassen müssen, umgeht. Genau genommen besteht kaum ein Unterschied zwischen einer digitalen Geldbörse und einem Wertgutschein, der nur bei der Airline selbst eingelöst werden kann.
Somit sollten Passagiere der Lufthansa Group die bevorstehenden Entwicklungen im Auge behalten. Sollte es bei Flugstreichungen bzw. erheblichen Verspätungen nicht gewünscht sein, dass automatisch auf ein Kundenkonto “ausbezahlt” wird, denn es handelt sich um nichts anderes als eine digitale Gutscheinform, dann sollte man als betroffener Fluggast rasch aktiv werden und die Airline deutlich und bestimmt zur Auszahlung auf ein Bankkonto bzw. Rückbuchung auf die ursprüngliche Zahlungsform auffordern. Dies gilt für alle Anbieter, die derartige “Wallet-Lösungen” ins Leben gerufen haben. Diese bieten nur Personen, die häufig mit dem jeweiligen Carrier fliegen Vorteile, ansonsten profitiert nämlich nur die Fluggesellschaft, da sie bereits vom Kunden bezahltes Geld nicht herausrückt.