Am 26. September 2024 ereignete sich im brasilianischen Vorort Osasco, einem Teil der Metropolregion São Paulo, ein außergewöhnlicher Vorfall: Ein Luftschiff des Typs ADB 3-3 stürzte in ein Wohngebäude.
Glücklicherweise gab es keine Todesopfer, aber der Unfall wirft Fragen zur Sicherheit und Zuverlässigkeit von Luftschiffen auf. Der Vorfall fand während eines Werbeflugs für den Fußballverein São Paulo FC statt, der das Luftschiff für eine Veranstaltung rund um ein Copa-Libertadores-Spiel gemietet hatte.
Ein unerwarteter Absturz
Gegen Mittag Ortszeit begann das Luftschiff über dem Stadtteil von Osasco rasch an Höhe zu verlieren. Laut Augenzeugenberichten und Videos, die in sozialen Medien veröffentlicht wurden, schien es, als ob das Luftschiff ohne Vorwarnung Luft verlor und unkontrolliert Richtung Boden trudelte. Schließlich prallte es gegen die Fassade eines Wohnhauses. Glücklicherweise befanden sich zum Zeitpunkt des Unfalls nur der Pilot und der Kopilot an Bord, die beide durch den raschen Einsatz von Rettungskräften geborgen wurden. Beide erlitten nur leichte Verletzungen, was auf das relativ langsame Tempo des Luftschiffs und die verhältnismäßig sanfte Art der Kollision zurückzuführen ist.
Das betroffene Luftschiff, ein Modell der ADB 3-3-Serie, wurde von „Airship do Brasil“, einer Tochtergesellschaft des brasilianischen Unternehmens Bertolini Enterprises, hergestellt. Es ist 49 Meter lang, 17 Meter hoch und kann Geschwindigkeiten von bis zu 85 km/h erreichen. Es wurde speziell für Passagier- und Werbeflüge entwickelt und kann maximal sieben Personen (fünf Passagiere und zwei Besatzungsmitglieder) befördern. Zum Zeitpunkt des Unfalls befand sich das Luftschiff jedoch auf einem Testflug für eine geplante nächtliche Werbeaktion, bei der es über das Stadion von São Paulo fliegen sollte. In diesem Stadion wurde am Abend ein wichtiges Fußballspiel zwischen dem São Paulo FC und Botafogo ausgetragen.
Wiederholung eines erfolgreichen Events
Für den São Paulo FC war der Einsatz eines Luftschiffs keine Premiere. Bereits 2023 wurde ein ähnlicher Flug ohne Zwischenfälle durchgeführt. Luftschiffe werden häufig für groß angelegte Werbeaktionen genutzt, da sie aufgrund ihrer Größe und ihrer Fähigkeit, langsam und auffällig über bestimmte Gebiete zu schweben, ideal für Werbebotschaften sind. Der geplante Flug über das Stadion sollte die Marke des Fußballvereins und Sponsoren in Szene setzen, indem das Luftschiff mit einem beleuchteten Banner das Fußballspiel umrahmt.
Der FC São Paulo hatte das Luftschiff gezielt für das Copa-Libertadores-Spiel gemietet, eines der bedeutendsten Turniere im südamerikanischen Fußball. Der Vorfall war ein herber Rückschlag für den Verein, der sich auf eine spektakuläre Präsentation seiner Marke vorbereitet hatte.
Ursachenforschung: Die Rolle der brasilianischen Luftfahrtbehörde
Nach dem Absturz leitete die brasilianische Luftfahrtbehörde (ANAC – Agência Nacional de Aviação Civil) sofort eine Untersuchung ein, um die genauen Ursachen des Unfalls zu ermitteln. Erste Berichte deuten darauf hin, dass es keine äußeren Einflüsse, wie mechanische Störungen oder ungünstige Wetterbedingungen, gab, die den Absturz unmittelbar verursacht haben könnten. Augenzeugen berichten, dass das Luftschiff abrupt an Luft verlor, was auf einen möglichen technischen Defekt hindeutet.
Luftschiffe gelten im Allgemeinen als sichere Transport- und Werbemittel, obwohl sie aufgrund ihrer Komplexität in der Steuerung und ihrer Anfälligkeit gegenüber äußeren Einflüssen seltener verwendet werden als andere Luftfahrzeuge. Besonders in der Werbung kommen sie jedoch aufgrund ihrer auffälligen Präsenz weiterhin zum Einsatz. Ein vergleichbarer Vorfall in der jüngeren Geschichte ereignete sich 2017, als ein Luftschiff nahe der US-amerikanischen Open-Golfmeisterschaft abstürzte. Auch in diesem Fall gab es keine Todesopfer, jedoch führte der Unfall zu umfassenden Sicherheitsprüfungen in der Branche.
„Airship do Brasil“ unter Druck
Für den Hersteller „Airship do Brasil“, eine Tochtergesellschaft von Bertolini Enterprises, bedeutet der Absturz einen großen Imageschaden. Das Unternehmen ist einer der wenigen verbliebenen Hersteller von Luftschiffen in Brasilien und hat sich auf die Konstruktion moderner, leichter Modelle für zivile und gewerbliche Zwecke spezialisiert. Die ADB 3-3-Serie ist eines der Flaggschiffe des Unternehmens und wurde ursprünglich entwickelt, um sowohl für touristische Flüge als auch für Werbeaktionen genutzt zu werden.
Der Vorfall stellt für das Unternehmen nun jedoch eine Herausforderung dar, insbesondere im Hinblick auf künftige Aufträge und Partnerschaften. Die Ergebnisse der laufenden Untersuchung durch ANAC werden maßgeblich bestimmen, wie das Unternehmen in der Zukunft agieren wird. Es bleibt abzuwarten, ob der Vorfall auf einen Konstruktionsfehler oder auf individuelle Umstände während des Fluges zurückzuführen ist.
Die Frage der Luftsicherheit
Dieser Vorfall wirft erneut die Frage auf, wie sicher Luftschiffe in der heutigen Zeit sind. Luftschiffe, die im frühen 20. Jahrhundert eine bedeutende Rolle im Luftverkehr spielten, gelten mittlerweile als exotisches, aber selten genutztes Transportmittel. Obwohl sie keine Hochgeschwindigkeitsflugzeuge ersetzen, bieten sie einzigartige Vorteile im Bereich der Werbung und bei spezialisierten Transportaufgaben, wie etwa beim Überfliegen von schwer zugänglichen Gebieten.
Trotz ihrer relativen Sicherheit im Vergleich zu anderen Fluggeräten sind Luftschiffe anfällig für technische Probleme, da sie ein komplexes Zusammenspiel von Gas, Struktur und Steuerung erfordern. Die Tatsache, dass bei dem Vorfall in Osasco niemand ernsthaft verletzt wurde, spricht für die robuste Bauweise moderner Luftschiffe. Dennoch werden Experten die Ergebnisse der ANAC-Untersuchung genau verfolgen, um festzustellen, ob ähnliche Modelle in Zukunft zusätzlichen Sicherheitsanforderungen unterliegen müssen.
Der Absturz des Luftschiffs in Osasco ist ein Weckruf für die Branche. Während die technologischen Fortschritte Luftschiffe sicherer gemacht haben, bleibt die Betriebssicherheit von zentraler Bedeutung. Die Ergebnisse der Untersuchung könnten weitreichende Folgen für die Nutzung von Luftschiffen, insbesondere in dicht besiedelten Gebieten, haben. Auch wenn der Absturz glimpflich verlief, bleibt die Frage bestehen, ob Luftschiffe als Werbeplattformen in urbanen Zentren weiterhin eine Zukunft haben.
Wer sich dafür interessiert warum Wasserstoff als Traggas für Luftschiffe aller Art überhaupt keine gute Idee ist, findet unter diesem Link einen ausführlichen Beitrag bei Aviation.Direct.