Malta: 1G-Regel führt zu schwacher Auslastung der Flüge

Airbus A320 (Foto: Amely Mizzi).
Airbus A320 (Foto: Amely Mizzi).

Malta: 1G-Regel führt zu schwacher Auslastung der Flüge

Airbus A320 (Foto: Amely Mizzi).
Werbung

Mitte Juli 2021 machte Malta als erstes EU-Land die vollständige Impfung gegen Covid-19 zur Grundvoraussetzung für die quarantänefreie Einreise. Nun zeigt sich, dass dies erhebliche Auswirkungen auf die Auslastung der Flüge von/nach Luqa hat. Der Ladefaktor lag in den ersten Wochen nur bei 51,7 Prozent.

Im Frühjahr kündigte das maltesische Tourismusministerium das große Comeback des Tourismus an, jedoch wurden die Einreisebestimmungen bereits nach wenigen Wochen verschärft. Derzeit können nur vollständig Geimpfte ohne Quarantäne einreisen. Der Flughafen Luqa, eine Tochter der Flughafen Wien AG, bekommt die Auswirkungen indirekt zu spüren, denn laut Geschäftsführer Alan Borg lag in den ersten August-Wochen die durchschnittliche Auslastung der Flüge bei nur 51,7 Prozent.

“Dies bedeutete einen Rückgang von 36,3 Prozent gegenüber der gleichen Woche im Jahr 2019. Darüber hinaus ging die von der Nachfrage getriebene Sitzplatzkapazität in der ersten Augustwoche 2021 im Vergleich zur gleichen Woche im Jahr 2019 um 28,5 Prozent zurück”, wird der Manager von der Times of Malta zitiert.

Viele am einzigen Flughafen des Landes tätige Airlines haben auf die verhaltene Nachfrage reagiert und ihr Angebot gekürzt. Die Vorgehensweise ist unterschiedlich: Manche Anbieter haben die Frequenzen zurückgefahren, andere setzen kleineres Fluggerät ein und in Einzelfällen wurden Strecken – zumindest temporär – ausgesetzt. Es gab aber auch unerwartete Entwicklungen, denn manche Quellmärkte, auf die von den Fluggesellschaften große Hoffnungen gesetzt wurden, erwiesen sich als Flop. Zum Beispiel haben Air Malta, Ryanair und andere Anbieter stark auf Deutschland “gepokert”, jedoch blieben die Passagierzahlen weit unter den Erwartungen. Das Vereinigte Königreich, die Schweiz, Frankreich und einige osteuropäische EU-Länder haben bislang erheblich besser performt.

Während Familien mit Kindern unter 12 Jahren problemlos einreisen können, wenn die Eltern vollständig geimpft sind und für den Nachwuchs negative PCR-Tests vorgelegt werden können, wird es für jene, die Jugendliche ab 12 Jahren haben, eine regelrechte Mission Impossible. Die Problematik ist, dass die maltesische Regierung von allen Personen, die mindestens 12 Jahre alt sind, verlangt, dass diese vollständig gegen Covid-19 geimpft sein müssen. Da erst seit wenigen Wochen die Impfkampangen für diese Altersgruppe angelaufen sind und der Abstand zwischen den beiden Injektionen bis zu sechs Wochen betragen kann, für viele Familien schlichtweg nicht erfüllbar. Somit hagelte es bei Hotels, Fluggesellschaften und Airlines Stornierungen.

Versprechen nach nur zwei Wochen gebrochen

Dabei sah noch im Mai alles sehr gut aus, denn aus Deutschland konnte man außerordentlich viele Buchungen an Land ziehen. Damals war angekündigt, dass Geimpfte, Genesene und Getestete ohne Quarantäne einreisen können. Malta öffnete sich am 1. Juni 2021 und verlangte damals die Vorlage eines negativen PCR-Tests. Ab 1. Juli 2021 konnten dann auch Geimpfte mit dem EU-Zertifikat ohne Quarantäne einreisen. Nach knapp über 14 Tagen wurden die Sprachschulen dicht gemacht und die 1G-Regel wurde eingeführt. Gleichzeitig startete man eine neue “Reisekarte”, die nur noch rot kennt: Aus roten Ländern dürfen vollständig Geimpfte ohne Quarantäne einreisen und aus dunkelroten Staaten ist eine Sondergenehmigung des Gesundheitsministeriums erforderlich. Dieses kann eine 14-tägige Quarantäne anordnen. Wer die Voraussetzungen nicht erfüllt, wird zurückgewiesen oder muss für 1.400 Euro (exklusive Essen und Trinken) in Hotel-Quarantäne, wobei das Zimmer nicht verlassen werden darf.

All diese Umstände haben dazu geführt, dass lediglich Personen, die vollständig gegen Covid-19 geimpft sind, ihre Urlaubsbuchungen angetreten haben. Bei Air Malta liefen zeitweise die Telefone heiß, denn viele Betroffene verlangten ihr Geld zurück. Zunächst verhielt sich der staatliche Carrier stur und verwies auf die Tarifbedingungen, knickte jedoch dann ein. Die Times of Malta berichtet dazu unter Berufung auf das Tourismusministerium, dem Air Malta und Malta MedAir unterstehen, dass allein in der zweiten Juli-Hälfte, also nach der Einführung der 1G-Regel, 12 Millionen Euro an Erstattungen geleistet werden mussten.

Die Anzahl der Neubuchungen sind auch bei den Billigfliegern Ryanair, Easyjet und Wizz Air verhalten. Allerdings zeigen sich Unterschiede, denn aus dem Vereinigten Königreich und aus Osteuropa konnte man auch für den September und Oktober 2021 wesentlich mehr Neubuchungen als beispielsweise aus Deutschland und Österreich an Land ziehen. Dies zeigt sich übrigens auch an den Preisen, die zum Beispiel ab Wien zum Teil sehr niedrig sind.

EU-Staaten beobachten Maltas 1G-Politik

Warum sollte man eigentlich die Entwicklungen im kleinsten EU-Land im Auge behalten? Malta fungiert freiwillig als eine Art Versuchskaninchen für andere Regierungen. Kein anderes EU-Land praktiziert bislang die 1G-Regel und ist noch dazu stark vom Tourismus abhängig. Im direkten Vergleich mit anderen Mitgliedern der Europäischen Union hat Malta eine sehr hohe Durchimpfungsrate.

Der Herbst rückt unaufhaltsam näher und in vielen Ländern wird bereits mehr oder weniger offen über mögliche Verschärfungen bzw. Lockdowns nur für Ungeimpfte diskutiert. So richtig aussprechen wollen es viele Politiker noch nicht, aber die Spatzen pfeifen es regelrecht von den Dächern, dass im Herbst und Winter 2021/22 wieder unangenehme Dinge kommen werden. Dabei haben einige Regierungen Malta im Blick, denn hier lässt sich beobachten, ob die 1G-Regel bei der Einreise die Einschleppung von Infektionen verhindert und ob sich so die Verbreitung von Neuinfektionen reduzieren lässt oder eben nicht.

Das maltesische Modell ist natürlich nicht unumstritten, weil es eine defacto-Impfpflicht beim Reisen bedeutet. Auch Einwohner Maltas müssen bei der Rückkehr die Einreisebestimmungen erfüllen und wer nicht vollständig geimpft ist, wandert 14 Tage in Quarantäne. Selbstredend gilt das gegenüber dem Arbeitgeber dann nicht als Krankenstand, sondern hierfür müssen Urlaubstage konsumiert werden. Anzeichen gibt es mittlerweile viele, dass einige EU-Staaten zumindest über die Wintersaison die 1G-Regel bei der Einreise einführen könnten, jedoch ist Malta bislang noch “Versuchskaninchen”. Es zeigt sich aber, dass eine Impfpflicht bei der Einreise zum Einbruch der Auslastung im Flugverkehr führen kann.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Redakteur dieses Artikels:

Amely Mizzi ist Executive Assistant bei Aviation Direct Malta in San Pawl il-Baħar. Zuvor war sie im Bereich Aircraft and Vessel Financing bei einem Bankkonzern tätig. Sie gilt als sprachliches Talent und spricht sieben Sprachen fließend. Ihre Freizeit verbringt sie am liebsten in Österreich auf der Schipiste und im Sommer an Mittelmeerstränden quasi vor der Haustür auf Gozo.
[ssba-buttons]

Paywalls mag niemand
– auch Aviation.Direct nicht!

Informationen sollten frei für alle sein, doch guter Journalismus kostet viel Geld.

Wenn Ihnen dieser Artikel gefallen hat, können Sie Aviation.Direct freiwillig auf eine Tasse Kaffee Kaffee einladen.

Damit unterstützen Sie die journalistische Arbeit unseres unabhängigen Fachportals für Luftfahrt, Reisen und Touristik mit Schwerpunkt D-A-CH-Region und zwar freiwillig ohne Paywall-Zwang.

Wenn Ihnen der Artikel nicht gefallen hat, so freuen wir uns auf Ihre konstruktive Kritik und/oder Ihre Verbesserungsvorschläge wahlweise direkt an den Redakteur oder an das Team unter unter diesem Link oder alternativ über die Kommentare.

Ihr
Aviation.Direct-Team
Paywalls
mag niemand!

Über den Redakteur

Amely Mizzi ist Executive Assistant bei Aviation Direct Malta in San Pawl il-Baħar. Zuvor war sie im Bereich Aircraft and Vessel Financing bei einem Bankkonzern tätig. Sie gilt als sprachliches Talent und spricht sieben Sprachen fließend. Ihre Freizeit verbringt sie am liebsten in Österreich auf der Schipiste und im Sommer an Mittelmeerstränden quasi vor der Haustür auf Gozo.
[ssba-buttons]

Paywalls mag niemand
– auch Aviation.Direct nicht!

Informationen sollten frei für alle sein, doch guter Journalismus kostet viel Geld.

Wenn Ihnen dieser Artikel gefallen hat, können Sie Aviation.Direct freiwillig auf eine Tasse Kaffee Kaffee einladen.

Damit unterstützen Sie die journalistische Arbeit unseres unabhängigen Fachportals für Luftfahrt, Reisen und Touristik mit Schwerpunkt D-A-CH-Region und zwar freiwillig ohne Paywall-Zwang.

Wenn Ihnen der Artikel nicht gefallen hat, so freuen wir uns auf Ihre konstruktive Kritik und/oder Ihre Verbesserungsvorschläge wahlweise direkt an den Redakteur oder an das Team unter unter diesem Link oder alternativ über die Kommentare.

Ihr
Aviation.Direct-Team
Paywalls
mag niemand!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Werbung