Die Billigfluggesellschaft Ryanair wirft in regelmäßigen Abständen Mitbewerbern wie der Lufthansa Group, der IAG oder Air France-KLM vor, dass diese eine marktbeherrschende Stellung hätten, die auf deren Kernmärkten ausgenutzt werden würde. Nun muss sich der Lowcoster selbst mit diesem Vorwurf, erhoben von Italiens Wettbewerbsbehörde, befassen.
Die Autorità Garante della Concorrenza e del Mercato hat ein offizielles Verfahren gegen Ryanair eingeleitet. Dem Billigflieger wird vorgeworfen, dass dieser im Inlandsverkehr sowie auf Strecken von/nach Italien eine marktbeherrschende Stellung habe und diese „auf Märkten, in denen Ryanair tätig ist, ausnutzt, um um seine Macht auch auf das Angebot anderer touristischer Dienstleistungen (z. B. Hotels und Autovermietungen) auszudehnen, zum Nachteil der Reisebüros – online und offline – und der Kunden, die sie für den Kauf dieser Dienstleistungen nutzen“.
Die Verfahrenseinleitung erfolgt nicht von Amts wegen, sondern aufgrund einer nicht näher genannten Anzahl von Sachverhaltsdarstellungen, die seit Mai 2022 eingebracht wurden. Einige davon scheinen von Online-Travel-Agents zu stammen, denn ein Teil des Vorwurfs betrifft Ticketverkäufer, die sich beim Verkauf von Ryanair-Flugscheinen benachteiligt fühlen. Der Carrier setzt zwar seit einiger Zeit punktuell auch auf den GDS-Vertrieb, jedoch geht man gegen OTAs, die ohne entsprechende Vereinbarung mittels Screen-Scraping verkaufen, mitunter auch gerichtlich vor. Selbst Passagiere, die über derartige Vermittler ihre Flugtickets erwerben, werden schikaniert. Konkret nennt sich das „OTA-Verifizierung“, die obendrein auch noch kostenpflichtig ist.
Die italienische Wettbewerbsbehörde vertritt die Ansicht, dass noch immer Reisebüros und nicht Homepages von Airlines die erste Anlaufstelle für Urlaubsreisen sind. Dennoch stellt man die Ryanair-Page aufgrund des großen Umfangs an vermittelten Nebenleistungen den Agenturen mehr oder weniger gleich. Man vermutet aber, dass der Umstand, dass sich Ryanair gegen den Vertrieb über Vermittler stemmt, zur Verschlechterung der Auswahlmöglichkeiten für Konsumenten führen könnte.
Durchaus interessant ist, dass Ryanair auch hinsichtlich der Passagierzahlen einen hohen Marktanteil hat. Laut ENAC gab es im Jahr 2022 von/nach und innerhalb Italiens insgesamt 164,3 Millionen Fluggäste. Davon sollen immerhin 45,6 Millionen Reisende auf den irischen Lowcoster entfallen sein. Der Konkurrent Ita Airways ist mit 10,3 Millionen Fluggästen weit abgeschlagen. Der Marktanteil von Ryanair wird seitens der italienischen Behörden mit 34,6 Prozent beziffert. Damit ist man Marktführer.
Beim betroffenen Billigflieger scheint man mit der von der Wettbewerbsbehörde eingeleiteten Untersuchung gar kein Problem zu haben, sondern fühlt sich gar im bisherigen Kurs bestätigt. Dazu sagte eine Sprecher unter anderem: „”Wir begrüßen die Untersuchung der italienischen Kartellbehörde, die den Fluggästen verdeutlicht, dass sie direkt auf Ryanair.com buchen sollten, um die günstigsten Tarife zu erhalten, und dass wir direkt mit ihnen kommunizieren können, um sicherzustellen, dass sie die notwendigen Sicherheitserklärungen abgeben und direkt über alle Sicherheits- und Regulierungsprotokolle auf ihrer Reise informiert werden, wie es gesetzlich vorgeschrieben ist“.