Die Tragödien um die Abstürze zweier Boeing 737 Max-Flugzeuge im Jahr 2018 und 2019 haben weitreichende Auswirkungen, die nun in einer fordernden Reaktion der Angehörigen der Opfer gipfeln. Diese verlangen von der US-Regierung, harte strafrechtliche Maßnahmen gegen den Flugzeugbauer zu ergreifen. Der Anwalt der Hinterbliebenen, Paul Cassell, bezeichnete das Versagen von Boeing als „das tödlichste Verbrechen eines Unternehmens in der Geschichte der USA“ und forderte Strafen in Milliardenhöhe.
In einem Schreiben an das US-Justizministerium forderte Cassell im Namen der Hinterbliebenen eine Buße von bis zu 24,78 Milliarden US-Dollar. Diese immense Summe soll nicht nur den immensen Verlust und das Leid der Familien widerspiegeln, sondern auch die Notwendigkeit signalisieren, Boeing zur Rechenschaft zu ziehen. Cassell schlug vor, dass ein Großteil der Strafe – zwischen 14 und 22 Milliarden US-Dollar – unter der Bedingung ausgesetzt werden könnte, dass Boeing diese Mittel in unabhängige Kontrollen und Sicherheitsverbesserungen investiert.
Weiterhin forderten die Angehörigen ein persönliches Treffen des Boeing-Vorstands mit den Familien der Opfer und eine strafrechtliche Verfolgung der verantwortlichen Unternehmensvertreter zur Zeit der Abstürze. Diese Forderungen sollen sicherstellen, dass die Verantwortlichen nicht nur finanziell zur Rechenschaft gezogen werden, sondern auch persönlich für die tragischen Vorfälle einstehen müssen.
Historische Verfehlungen und aktuelle Herausforderungen
Die Abstürze der Boeing 737 Max in Indonesien und Äthiopien kosteten fast 350 Menschen das Leben und führten weltweit zu Flugverboten für diesen Flugzeugtyp. Diese Katastrophen legten erhebliche Mängel im Design und in der Sicherheitsüberwachung des Flugzeugs offen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Maneuvering Characteristics Augmentation System (MCAS), das in beiden Abstürzen eine wesentliche Rolle spielte.
Die Enthüllungen nach den Abstürzen zeigten ein schockierendes Bild interner Fehlkommunikation und mangelnder Sicherheitskultur bei Boeing. Untersuchungen durch die US-amerikanische Luftfahrtbehörde (FAA) und andere internationale Regulierungsbehörden führten zu umfassenden Änderungen in den Zertifizierungsprozessen und zu einer beispiellosen Prüfung der Praktiken von Boeing.
Reaktionen von Boeing und Maßnahmen
Der Vorstandsvorsitzende von Boeing, Dave Calhoun, zeigte sich vor einem US-Senatsausschuss reumütig und versprach umfassende Verbesserungen. „Unsere Kultur ist noch lange nicht perfekt, aber wir ergreifen Maßnahmen und machen Fortschritte“, sagte Calhoun. Er entschuldigte sich bei den Familien der Opfer und betonte Boeings Engagement für erhöhte Sicherheit und Transparenz.
Doch die jüngsten technischen Probleme bei Boeing-Maschinen, darunter ein Vorfall Anfang des Jahres, bei dem ein Door Plug während eines Fluges herausbrach, haben das Vertrauen in die Marke weiter erschüttert. Die FAA reagierte auf diesen Vorfall mit einem vorübergehenden Flugverbot für die betroffenen 737 Max-Maschinen und verstärkte die Überwachung.
Rechtliche Konsequenzen und Zukunftsaussichten
Das US-Justizministerium hatte bereits im Mai festgestellt, dass Boeing gegen eine Vereinbarung über den Aufschub der Strafverfolgung aus dem Jahr 2021 verstoßen habe. Boeing wies dies zurück, doch die Bundesstaatsanwälte haben bis zum 7. Juli Zeit, dem Gericht Pläne für das weitere Vorgehen vorzulegen. Dies könnte die Fortsetzung des Strafverfahrens oder Verhandlungen über einen Vergleich beinhalten.
Die Forderungen der Hinterbliebenen und die anhaltenden technischen Probleme setzen Boeing weiter unter Druck. Es bleibt abzuwarten, ob die von den Angehörigen geforderten drastischen Maßnahmen umgesetzt werden und ob Boeing die notwendigen Veränderungen umsetzen kann, um das Vertrauen der Öffentlichkeit und der Regulierungsbehörden zurückzugewinnen.
Die Tragödien der Boeing 737 Max-Abstürze haben nicht nur zu unermesslichem menschlichen Leid geführt, sondern auch erhebliche Mängel in der Sicherheitskultur und den Praktiken eines der größten Flugzeughersteller der Welt aufgedeckt. Die Forderungen nach harten Strafen und umfassenden Reformen sind ein klares Signal dafür, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden müssen und dass Sicherheit in der Luftfahrt oberste Priorität haben muss.