Portugal setzt erneut auf den Verkauf seiner staatlichen Fluggesellschaft TAP Air Portugal. Die Regierung hat das Unternehmen erneut ins Schaufenster gestellt und möchte es vollständig privatisieren. Doch diese Pläne stoßen auf Widerstand, insbesondere in der Opposition. Aktuell wird über die Modalitäten des Verkaufs gestritten, und es zeichnet sich ein Kompromiss ab, der einen Teilerfolg für beide Seiten darstellen könnte. Ein starker Wettbewerb unter möglichen Käufern, darunter europäische Großkonzerne, macht den Vorgang noch komplexer.
Laut portugiesischem Infrastrukturminister Miguel Pinto Luz verfolgt die Regierung das Ziel, 100 Prozent von TAP zu verkaufen. In einer Anhörung vor einem Parlamentsausschuss erklärte er, dass dies die offizielle Position der Regierung sei. Doch die oppositionellen Parteien, darunter die PS (Sozialistische Partei) und Chega, sprechen sich gegen eine vollständige Privatisierung aus und plädieren für eine Teilprivatisierung. Letztere wollen die Staatsbeteiligung reduzieren, jedoch nicht gänzlich aufgeben. Aufgrund der fehlenden eigenen Mehrheit im Parlament ist die Regierung jedoch auf einen Kompromiss angewiesen, um die Privatisierung von TAP durchzusetzen.
Medienberichten zufolge könnte der Verkaufsplan letztlich auf einen Verkauf von 49 Prozent der Anteile an private Investoren hinauslaufen. Diese Lösung würde es der Regierung ermöglichen, den Großteil der Kontrolle zu behalten, während private Investoren eine wichtige Rolle übernehmen können. Der Minister machte deutlich, dass es vor allem darum gehe, dass TAP nicht mehr in staatlicher Hand verbleibe. Die Regierung wolle einen „Zickzack-Kurs“ vermeiden, also eine Situation, in der die Fluggesellschaft immer wieder zwischen staatlicher und privater Kontrolle wechselt.
Ein entscheidender Punkt für beide Parteien ist die Sicherstellung des Flugverkehrs von und nach Lissabon. In der portugiesischen Hauptstadt entsteht derzeit ein neues Drehkreuz, das für den künftigen Erfolg der Fluggesellschaft von entscheidender Bedeutung ist. Der neue Eigentümer müsse daher garantieren, dass der Hubverkehr, insbesondere nach Südamerika, aufrechterhalten wird. Dies könnte ein wichtiges Verkaufsargument darstellen, um potenzielle Käufer zu überzeugen.
Potenzielle Käufer und europäische Konkurrenz
Ein Käuferinteresse für TAP Air Portugal ist durchaus vorhanden, und es zeichnen sich mehrere große europäische Fluggesellschaften als potentielle Erwerber ab. Insbesondere Lufthansa soll, wie Medienberichte nahelegen, bereits im Spätsommer 2024 ein konkretes Interesse am Unternehmen signalisiert haben. Der deutsche Konzern, der insbesondere im südamerikanischen Markt eine stärkere Präsenz anstrebt, könnte ein geeigneter Partner für TAP sein. Schon im Februar 2020 gab es erste Gespräche über einen möglichen Einstieg von Lufthansa in das Unternehmen, zusammen mit ihrem US-Partner United Airlines. Doch damals schaltete die Luftfahrtbranche weltweit in den Krisenmodus aufgrund der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie.
Obwohl Lufthansa damals keine Stellungnahme zu den Gerüchten abgab, bleibt das südamerikanische Geschäft von TAP weiterhin ein attraktives Ziel. Seitdem sich die Partnerschaft zwischen TAM und LAN aufgelöst hat, verzeichnet die Star Alliance, der Lufthansa angehört, dort sinkende Marktanteile. In Südamerika wächst der Wettbewerb, und Lufthansa könnte durch den Erwerb von TAP seine Marktposition in der Region stärken.
Neben Lufthansa werden auch andere europäische Fluggesellschaften wie IAG (International Airlines Group, das Mutterunternehmen von British Airways und Iberia) und Air France-KLM als mögliche Käufer genannt. Air France-KLM-Chef Ben Smith äußerte sich 2024 ebenfalls interessiert an einem Erwerb von TAP, da die Fluggesellschaft für die französische Gruppe eine strategisch interessante Option darstellt. Insbesondere im Hinblick auf die Expansion nach Südamerika könnte TAP Air Portugal eine wertvolle Ergänzung für die europäische Luftfahrtallianz sein.
IAG, das in der Vergangenheit den Erwerb von Air Europa versucht hatte, jedoch an Widerstand seitens der EU-Kommission scheiterte, könnte nun alternative Möglichkeiten zur Stärkung seines Südamerika-Geschäfts suchen. TAP bietet durch ihre Marktstellung in Südamerika eine lukrative Chance für IAG, seine Präsenz auf dem Kontinent auszubauen und die Kontrolle über einen der wichtigsten Luftverkehrskorridore zwischen Europa und Südamerika zu gewinnen.
Die Aussichten für TAP und die portugiesische Wirtschaft
TAP Air Portugal steht daher nicht nur im Mittelpunkt politischer Diskussionen, sondern auch im Fokus eines internationalen Wettstreits großer Fluggesellschaften. Der Verkauf des Unternehmens könnte erhebliche Auswirkungen auf die portugiesische Wirtschaft haben, insbesondere im Hinblick auf Arbeitsplätze und die Rolle von TAP als nationales Symbol. TAP ist nicht nur eine der wichtigsten Fluggesellschaften des Landes, sondern spielt auch eine bedeutende Rolle im Tourismus- und Transportsystem Portugals.
Die Privatisierung von TAP würde den portugiesischen Staat von einer langfristigen finanziellen Belastung befreien. In der Vergangenheit musste der Staat immer wieder mit finanziellen Rettungsmaßnahmen eingreifen, um die Fluggesellschaft zu stabilisieren. Dies führte zu wiederholten Diskussionen über die langfristige Rentabilität und den Nutzen einer staatlichen Beteiligung. Die vollständige oder teilweise Privatisierung könnte nun eine neue Phase für TAP einläuten, in der private Investoren das Unternehmen effizienter führen könnten.
Ob es zu einem vollständigen oder teilweisen Verkauf von TAP kommen wird, bleibt abzuwarten. Die politischen Verhandlungen in Portugal sind noch nicht abgeschlossen, und es gibt unterschiedliche Meinungen darüber, wie die Privatisierung umgesetzt werden soll. Doch das Interesse potenzieller Käufer aus der europäischen Luftfahrtbranche zeigt, dass TAP weiterhin eine wichtige Rolle auf dem internationalen Markt spielt. Wie die Verhandlungen auch ausgehen mögen, TAP Air Portugal wird mit Sicherheit ein zentrales Thema der portugiesischen Wirtschaft und Luftfahrtpolitik in den kommenden Monaten bleiben.