Reiseimpfungen: Corona ist definitiv nicht die einzige Krankheit

Koffer mit Impfpass (Foto: Robert Spohr).
Koffer mit Impfpass (Foto: Robert Spohr).

Reiseimpfungen: Corona ist definitiv nicht die einzige Krankheit

Koffer mit Impfpass (Foto: Robert Spohr).
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Das Wort „Impfung“ wird seit einiger Zeit fast ausschließlich im Zusammenhang mit Corona verwendet und das durchaus kontrovers. Es ist schon fast in Vergessenheit geraten, dass es auch andere Impfungen gibt, die teilweise für die Einreise in bestimmte Länder ausdrücklich empfohlen werden oder gar vorgeschrieben sind. Fliegen Hund oder Katze mit, so gibt es in manchen Staaten auch für diese Impfnachweispflichten, selbstredend nicht gegen Corona, aber dafür zum Beispiel gegen Tollwut.

Das Thema „Corona-Impfungen“ hat in vielen europäischen Ländern zu einer regelrechten Spaltung der Gesellschaft in drei Gruppen geführt: Impf-Befürworter, Impf-Gegner und Unentschlossene. Bei der ganzen Diskussion ist regelrecht „unter die Räder“ gekommen, dass man in vielen Staaten für die Einreise komplett andere Impfungen benötigt bzw. diese ausdrücklich empfohlen werden. Meist hängt das damit zusammen, dass es dort Krankheiten, die beispielsweise über Stechmücken übertragen werden, gibt, die in Europa kein Thema sind bzw. nur extrem selten auftreten.

Entscheidung nach ärztlicher Beratung treffen

Auch wenn bestimmte Reiseimpfungen nicht explizit vorgeschrieben sind, kann es dennoch sinnvoll sein diese zu haben. Allerdings liegt die Betonung klar und deutlich auf „kann“, denn die Entscheidung, ob impfen oder nicht sollte jeder selbst treffen und zwar völlig egal worum es geht. Sinnvoll ist aber sich vor der Entscheidung zu informieren und gegebenenfalls von einem Arzt beraten zu lassen. Nicht jede Impfung ist nämlich wirklich sinnvoll und umgekehrt kann es sein, dass man selbst eine mögliche Gefahr unterschätzt.

Die Corona-Pandemie und die reduzierten Reiseaktivitäten haben auch dazu geführt, dass das Thema Reiseimpfungen ein wenig in Vergessenheit geraten ist. Durchaus logisch, denn traditionell hat man Dinge, die man gerade nicht benötigt auch nicht im Kopf. Daher ist es möglich, dass einige empfohlene oder gar vorgeschriebene Impfungen abgelaufen sein könnten. Es empfiehlt sich daher diese im Impfpass zu prüfen und im Zweifelsfall Beratung, beispielsweise beim Hausarzt, einzuholen.

Selbst in Europa sollten die Standardimpfungen wie die Kombinationsimpfung gegen Diphtherie, Tetanus, Keuchhusten und Kinderlähmung, die Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln, aber auch jene gegen Hepatitis B und FSME aktuell sein. Für Reisen außerhalb Europas empfiehlt sich eine frühzeitige reisemedizinische Beratung, denn selbst wenn für die Einreise in ein bestimmtes Land keine Impfungen vorgeschrieben sind, können trotzdem einige für den persönlichen Schutz wichtig sein.

Rechtzeitig erkundigen

„Ein geplanter Urlaub ist ein guter Anreiz, den eigenen Impfstatus überprüfen und gegebenenfalls aktualisieren zu lassen, auch für Reisen innerhalb Europas“, erläutert Hermann Laferl, Facharzt für Infektiologie und Tropenmedizin an der Klinik Favoriten. Für Fernreisen ist eine fundierte reisemedizinische Beratung noch wichtiger. „Ein Blick auf die Informationen des Reisebüros genügt meist nicht“, betont Doz.in Dr.in Ursula Hollenstein, Infektiologin und Fachärztin für Tropenmedizin sowie Mitglied der Science Busters. „Oft wird nur angegeben, dass nichts ‚vorgeschrieben‘ ist.“ Davon abzugrenzen seien jedoch die für den persönlichen Schutz empfohlenen Impfungen. Auch die Art der Reise könne ausschlaggebend für die erforderlichen Impfungen oder Prophylaxemaßnahmen sein.

Regelmäßig auffrischen

Die letzten Jahre haben auch abseits von COVID-19 gezeigt, warum es wichtig ist, nicht mit den Impfungen nachzulassen. So wurden zum Beispiel in Österreich seit 2014 nach 20 diphtheriefreien Jahren einzelne Fälle von Schleimhaut-Diphtherie oder Hautdiphtherie gemeldet, 2022 sogar schon zwei Fälle von respiratorischer Diphtherie. „Die Krankheit kann sehr schwer verlaufen und langfristige Schäden u.a. an Herz und Nieren verursachen und sogar bis zum Tod führen“, berichtet Infektiologe Laferl.

Polio (Kinderlähmung) hätte bereits ausgerottet sein sollen, doch das ist bis jetzt noch nicht vollständig gelungen. In der Ukraine ist es 2021 zu einem kleineren Ausbruch gekommen. „Aufgrund des Krieges und der unterbrochenen Impfkampagne speziell bei Kindern ist zu befürchten, dass sich auch die Kinderlähmung wieder mehr verbreiten wird“, befürchtet Laferl und betont die Notwendigkeit, die Vierfachimpfung (Diphtherie, Tetanus, Pertussis, Polio) als Erwachsener alle 10 Jahre auffrischen zu lassen, ab dem Alter von 60 alle fünf Jahre. Das sei auch im Hinblick auf Tetanus (Wundstarrkrampf) wichtig, da die Erreger praktisch überall in der Natur vorkämen.

Nicht nur in Österreich, sondern global ein großes gesundheitliches Problem ist außerdem Hepatitis B. Die schwerwiegendste Folge der Infektion ist die chronische Leberentzündung, die bis zur Leberzirrhose und einem Leberzellkarzinom gehen kann. Um sich das zu ersparen, sollte auch diese Impfung nach der Grundimmunisierung alle 10 Jahre aufgefrischt werden. Etwas häufiger – nämlich alle fünf beziehungsweise ab 60 alle drei Jahre – muss die FSME-Impfung gegeben werden. „Das Virus ist in ganz Österreich verbreitet, aber auch in vielen Ländern Europas“, betont Impfexperte Laferl. Reisenden aus westeuropäischen Ländern, die bei uns Urlaub machen, empfiehlt er, sich vorher grundimmunisieren zu lassen.

Vorgeschriebene Impfungen

Für Laien oft ziemlich unübersichtlich sind jene Impfungen, die man für Fernreisen braucht. So wird zum Beispiel die Gelbfieberimpfung in einigen Staaten West- und Zentralafrikas generell bei der Einreise verlangt. In vielen anderen Ländern besteht eine solche Impfpflicht nur dann, wenn man aus einem Gelbfieberland einreist. Für die Reisemedizinerin ist aber unabhängig von den jeweiligen Vorschiften klar: „Dem Risiko zu erkranken, sollte man sich jedenfalls nicht aussetzen.“ Neben fast symptomlosen Infektionen gebe es nämlich schwere Krankheitsverläufe mit Blutungen und Organversagen, die in über 50 % der Fälle tödlich seien.“ Eine weitere vorgeschriebene Impfung ist jene gegen Meningokokken ACWY, allerdings nur für die Teilnahme an Pilgerfahrten in Saudi-Arabien. „Bei uns ist diese Impfung Teil des Kinderimpfprogramms, für Erwachsene ist sie lediglich bei Reisen südlich der Sahara – von Gambia bis Äthiopien – unabhängig vom Alter sinnvoll“, erläutert Hollenstein.

Tollwut: Selten, aber tödlich

Wichtig ist auch die Aufklärung der Reisenden zum Thema Tollwut. „Die Krankheit, die durch Tierbisse übertragen wird, ist selten, aber zu 100 % tödlich“, warnt Hollenstein. Im Unterschied zu anderen Impfungen benötige man im Fall eines Bisses trotz Basisimpfung eine zweifache Auffrischung im Land selbst (Impfstoff ist meist in den Hauptstädten verfügbar), erklärt sie, außer die Impfung wurde unmittelbar vor der Reise durchgeführt. „Ungeimpfte benötigen innerhalb von 48 Stunden ein Immunglobulin und eine mehrteilige Impfung. Immunglobuline sind allerdings in großen Teilen Asiens, Afrikas und Südamerikas nur in ganz wenigen Städten vorhanden. Das Risiko, sie zu benötigen, sollte man also besser nicht eingehen.“

Gefährliche Mücken

Die von Mücken übertragene Japan-B-Enzephalitis ist vor allem im Sommer in Asien ein Thema, aktuell gibt es aber auch in Australien einen Ausbruch. In vielen asiatischen Ländern ist sie als häufigste virusbedingte Gehirnentzündung bekannt und gefürchtet. „Reisende sollten sich in den entsprechenden Gebieten ebenfalls mit Hilfe einer Impfung schützen“, rät die Tropenmedizinerin. „Die Impfung ist sehr gut verträglich, zwei Impfdosen müssen vor Antritt der Reise verabreicht werden. Die dritte Teilimpfung, die einen Schutz von über 97 Prozent für etwa 10 Jahre ermöglicht, verabreicht man nach frühestens einem Jahr, am besten vor der nächsten Asienreise.“

„In Ländern mit Krankheiten, die durch Mücken übertragen werden, ist außerdem ein Mückenschutz essenziell“ erläutert Hollenstein. „Er ist breit wirksam und kann somit das Risiko für viele Krankheiten senken.“

Malaria: Prophylaxe versus Notfallmedikament

Trotz Mückenschutz kann an manchen Destinationen auch eine Malariaprophylaxe notwendig sein. Auch in diesem Fall ist eine gründliche Beratung sinnvoll. „Grundsätzlich unterscheidet man die vorbeugende Einnahme eines Medikaments von der Mitnahme eines Notfallmedikaments, das nur im Bedarfsfall eingenommen werden muss“, erklärt die Tropenmedizinerin und ergänzt: „Ab einer gewissen Malariahäufigkeit im Land sollte man es allerdings nicht mehr auf das Notfallmedikament ankommen lassen.“ Nebenwirkungen seien jedenfalls seltener als man oft im Bekanntenkreis hören würde. Dennoch empfehle sich ein Plan B, falls man das Medikament nicht verträgt.

Rechtzeitig zur Beratung

Wer eine Reise an eine Destination außerhalb Europas plant, sollte sich jedenfalls rechtzeitig reisemedizinisch beraten lassen, so die Expertin. Am besten sechs bis acht Wochen vorher, da man Impfungen mit mehreren Dosen entsprechend früh beginnen muss. Gleichzeitig empfiehlt sie reine Reiseimpfungen mit nur einer Dosis derzeit am besten zum spätestmöglichen Zeitpunkt, also etwa 10 Tage vor der Abreise machen, um im Fall einer Reiseabsage keine unnötigen Kosten zu haben.

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