Laut Vereinigung Cockpit klagen rund 100 Flugschüler gegen Lufthansa Aviation Training auf Erfüllung der geschlossenen Ausbildungsverträge, um ihre Schulungen fortsetzen und abschließen zu können. Verhandelt werden die Fälle vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main.
Hintergrund ist, dass die Kranich-Tochter den überwiegenden Teil der Kadetten an externe Anbieter auslagern will und begründet dies mit dem aufgrund der Coronapandemie rückläufigen Bedarf an Flugzeugführern für ihre konzerneigenen Airlines. Nach Kenntnis der Vereinigung Cockpit hat bislang kein Flugschüler und keine Flugschülerin im Ausbildungsgang zur MPL-Lizenz, die für das Fliegen im Cockpit bei Lufthansa Passage qualifiziert, das „Auslagerungsangebot“ der LAT angenommen.
„Die jungen Leute wollen sich eine einseitige Änderung ihrer Ausbildungsverträge nicht aufzwingen lassen. Ihnen entstünde bei der Auslagerung an externe Flugschulen der Nachteil, dass sie nicht länger die Kriterien für direkte Einstellbarkeit bei Lufthansa erfüllen würden und deshalb ein erneutes Auswahlverfahren mit hohen Durchfallquoten durchlaufen müssten. Diese direkte Einstellbarkeit bei Lufthansa war stets ein elementarer Bestandteil bei der Rekrutierung von neuen Flugschülerinnen und Flugschülern. Für einen Großteil von ihnen war sie von entscheidender Bedeutung, sich für die teure und anspruchsvolle Ausbildung bei Lufthansa zu entscheiden. Aus diesem Grund hat ihre Schulung vertragsgemäß auch an der Pilotenschule der Lufthansa in Bremen zu erfolgen“, schreibt die VC in einer Aussendung.
Momentan will die LAT nur diejenigen Flugschülerinnen und Flugschüler weiter schulen, die bereits ihre Ausbildungsphase in Phoenix (USA) erfolgreich absolviert haben. Von diesen fordert das Unternehmen nun aber bis zu 35.000 Euro nach. Dies war bislang nicht der Fall und stellt nach Ansicht der VC eine erhebliche Abweichung und deutliche Verschlechterung des einst beworbenen Schulungsangebots dar.
„Es ist extrem befremdlich, wie die Lufthansa die Zukunftsperspektive Hunderter junger Menschen völlig unnötig in Frage stellt. Das Vorgehen des Konzernvorstandes im Hinblick auf die Flugschule, die Fluglehrerkollegen und den Umgang mit den Flugschülern verurteilen wir aufs Schärfste“, sagt Markus Wahl, Präsident der Vereinigung Cockpit. „Wir fordern die vertragskonforme Fertigschulung der Flugschülerinnen und Flugschüler sowie den Fortbestand der Bremer Flugschule.“
„Dass sich das Verteidigungsministerium für tarifpolitische Machtverschiebungen andient und somit mit Steuermitteln Tarifflucht begangen werden kann, ist auf das Schärfste zu kritisieren“, so Dr. Marcel Gröls, Leiter Tarifpolitik der Vereinigung Cockpit. Dass bislang auch die Pilotinnen und Piloten der Flugbereitschaft der Bundesregierung in Bremen ausgebildet wurden, spricht für das hohe Niveau der Ausbildung und für das hochqualifizierte Personal der traditionsreichen Flugschule in Bremen. „Nun geht es dem staatlich gestützten Lufthansa-Konzern mit seinen Verlagerungsplänen offensichtlich primär darum, sich gut tarifierter Arbeitsplätze zu entledigen und der Bremer Verkehrsfliegerschule in der Corona-Krise die Existenzgrundlage zu entziehen“, so Gröls.