Die Übernahme von ITA Airways durch die Lufthansa-Gruppe hat den Wettbewerb auf dem europäischen Flugmarkt neu belebt. Ein zentrales Element dieses Deals ist die Freigabe von Start- und Landerechten, sogenannten Slots, am Flughafen Mailand-Linate.
Diese Slots sind von besonderer Bedeutung, da Linate einer der zentralen Flughäfen Italiens ist und wegen seiner Nähe zum Stadtzentrum von Mailand eine begehrte Basis für viele Fluggesellschaften darstellt. Überraschend ist jedoch, dass Ryanair, Europas führende Billigfluggesellschaft, kein Interesse an diesen Slots zeigt. Doch was bedeutet das für den Wettbewerb und welche Airline könnte stattdessen in diese lukrative Lücke stoßen?
Lufthansa hat im Rahmen ihrer Expansion den italienischen Staatscarrier ITA Airways übernommen, nachdem dieser in den letzten Jahren wirtschaftlich ins Straucheln geraten war. Die EU-Kommission gab grünes Licht für die Übernahme, stellte jedoch klare Bedingungen, um den Wettbewerb auf dem Markt zu gewährleisten. Dazu gehört, dass Lufthansa 204 Slots pro Woche im Sommer und 192 im Winter am Flughafen Linate abgeben muss. Diese Slots umfassen 15 Starts und 15 Landungen pro Flugtag und sind primär für Flüge zu Lufthansa-Drehkreuzen wie Frankfurt, München und Brüssel vorgesehen.
Ryanairs Rückzug: „Unattraktive Bedingungen“
Ryanair, die oft als aggressiver Wettbewerber bekannt ist, überraschte viele Marktbeobachter, als das Unternehmen bekannt gab, kein Interesse an den freiwerdenden Slots zu haben. Laut Ryanair-Chef Eddie Wilson sind die Slots „an Bedingungen geknüpft, zeitlich unattraktiv und zu teuer“. Diese Aussage wirft ein Licht auf die Herausforderungen, denen sich Fluggesellschaften beim Wettbewerb um Slots an stark frequentierten Flughäfen stellen müssen.
Die Bedingungen, die die EU-Kartellbehörde an die Slots geknüpft hat, sollen sicherstellen, dass der Wettbewerb erhalten bleibt und Lufthansa kein Monopol auf wichtigen Strecken erhält. Dazu gehören beispielsweise Vorgaben, welche Ziele von den Slots bedient werden müssen, was für eine Airline wie Ryanair, die eher auf kosteneffiziente und flexible Streckenplanung setzt, weniger attraktiv ist. Zudem spielen auch die hohen Kosten für den Betrieb am Flughafen Linate eine Rolle, die besonders für Low-Cost-Carrier wie Ryanair ein entscheidender Faktor sind.
Wer profitiert? Easyjet und Volotea als heiße Anwärter
Während Ryanair auf die Slots verzichtet, haben andere Airlines Interesse signalisiert. Easyjet, bereits stark in Mailand vertreten, gilt als einer der Hauptanwärter auf die freiwerdenden Start- und Landerechte. Easyjet könnte die Slots nutzen, um seine Position in Mailand weiter zu festigen und gleichzeitig eine direkte Konkurrenz zu Lufthansa auf den Verbindungen zu deren Hubs darzustellen. Medienberichten zufolge könnte Lufthansa Easyjet in den ersten Monaten sogar mit einem Wetlease-Arrangement unterstützen. Beim Wetlease stellt eine Fluggesellschaft einer anderen Flugzeuge samt Besatzung zur Verfügung, was Easyjet den Einstieg in die neuen Slots erleichtern könnte.
Auch Volotea, eine spanische Fluggesellschaft, die sich auf Kurzstrecken spezialisiert hat, wird als potenzieller Bewerber gehandelt. Volotea hatte ursprünglich auf Slots in Madrid spekuliert, die nach einer möglichen Übernahme von Air Europa durch die International Airlines Group (IAG) freiwerden sollten. Da dieser Deal jedoch geplatzt ist, könnte Volotea nun ihre Ambitionen nach Mailand verlagern. Die Airline könnte die Slots nutzen, um ihre Präsenz in Italien auszubauen und ihr Streckennetz zu erweitern.
Auswirkungen auf den Markt
Die Neuverteilung der Slots am Flughafen Linate hat das Potenzial, den europäischen Flugmarkt erheblich zu beeinflussen. Easyjet könnte durch eine Übernahme der Slots seine Position als einer der führenden Low-Cost-Carrier in Europa weiter stärken und Lufthansa auf wichtigen Strecken Konkurrenz machen. Gleichzeitig könnten auch kleinere Airlines wie Volotea von den freiwerdenden Kapazitäten profitieren und sich neue Marktanteile sichern.
Für Passagiere könnte dies in der Zukunft zu einer größeren Auswahl an Flugverbindungen und möglicherweise auch zu günstigeren Preisen führen, da der Wettbewerb auf den Strecken nach Frankfurt, München und Brüssel intensiver wird. Allerdings ist dies stark davon abhängig, welche Airlines letztendlich die Slots übernehmen und wie sie diese nutzen.
Ryanairs Entscheidung, sich nicht um die Slots am Flughafen Mailand-Linate zu bewerben, ist ein deutliches Signal dafür, dass der Wettbewerb um Start- und Landerechte nicht nur von der Verfügbarkeit der Slots, sondern auch von den damit verbundenen Bedingungen und Kosten abhängt. Während Ryanair den Markt in Mailand-Linate den Wettbewerbern überlässt, stehen Airlines wie Easyjet und Volotea bereit, um die freiwerdenden Kapazitäten zu nutzen und ihre Präsenz in Italien auszubauen. Dies könnte den Wettbewerb in Europa weiter ankurbeln und für die Passagiere in der Zukunft mehr Optionen und möglicherweise bessere Preise bedeuten.