In der Debatte um die Rechte europäischer Flugpassagiere plädiert der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) für eine deutliche Verlängerung der Fristen, nach denen Fluggesellschaften zu Entschädigungszahlungen verpflichtet sind. Der Verband unterstützt damit einen Vorschlag der Europäischen Kommission und fordert, daß Passagiere erst nach einer Verspätung von fünf Stunden anstatt der bisher geltenden drei Stunden einen Anspruch auf finanzielle Entschädigung erhalten sollen.
BDL-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang argumentiert, daß Fluggesellschaften innerhalb dieser verlängerten Frist deutlich häufiger in der Lage wären, ein Ersatzflugzeug zu organisieren und die betroffenen Reisenden doch noch an ihr Ziel zu bringen. Dies würde letztendlich zu weniger Flugausfällen führen. Lang betont: „Die Leute wollen nicht 250 Euro in die Hand gedrückt bekommen, sondern sie wollen möglichst noch am selben Tag nach Hause kommen.“
Nach der derzeitigen Regelung würden Fluggesellschaften angesichts der drohenden zusätzlichen Strafzahlungen oft darauf verzichten, kurzfristig ein Ersatzflugzeug samt Besatzung anzumieten und zum Einsatzort zu schicken. Stattdessen würden die Passagiere auf spätere Flüge umgebucht, was laut Lang für die Betroffenen bedeuten könne, „daß die Passagiere dann möglicherweise ein oder sogar zwei Tage auf ihren Rückflug warten müssen.“
Verbraucherschützer und Justizministerin lehnen längere Fristen ab
Die Pläne der Luftfahrtlobby stoßen jedoch auf heftigen Widerstand bei Verbraucherschützern und Fluggastportalen. Diese befürchten, daß eine Verlängerung der Fristen dazu führen würde, daß etwa 80 Prozent der betroffenen Passagiere keine Entschädigung mehr erhielten. Sie argumentieren, daß die derzeitigen Regelungen bereits einen angemessenen Ausgleich für die durch Flugverspätungen und -ausfälle entstehenden Unannehmlichkeiten darstellten und eine Aufweichung der Passagierrechte inakzeptabel sei.
Auch die neue Bundesministerin für Justiz und Verbraucherschutz, Stefanie Hubig (SPD), hat sich klar gegen längere Entschädigungsfristen positioniert. Sie stellte sich damit auf die Seite der Verbraucherschützer und betonte die Notwendigkeit, die Rechte der Flugpassagiere zu stärken und nicht zu schwächen.
Die Verkehrsminister der Europäischen Union werden die Fluggastverordnung an diesem Donnerstag beraten. Eine mögliche Änderung der Verordnung müßte zudem auch vom Europäischen Parlament gebilligt werden. Es steht somit noch aus, ob sich der Vorschlag der EU-Kommission und die Unterstützung durch die deutsche Luftfahrtlobby durchsetzen können. Die Debatte zeigt einmal mehr das Spannungsfeld zwischen den Interessen der Fluggesellschaften und den Rechten der Flugpassagiere.