Stuttgart: Lauda-Chefs warnen vor “wildem Streik”

Kofferwagen am Flughafen Stuttgart (Foto: Jan Gruber).
Kofferwagen am Flughafen Stuttgart (Foto: Jan Gruber).

Stuttgart: Lauda-Chefs warnen vor “wildem Streik”

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Die Geschäftsleitung der Fluggesellschaft Lauda scheint offenbar darüber besorgt zu sein, dass die Basis Stuttgart den Flugbetrieb lahmlegen könnte und sich dabei am “wilden Streik” von Tuifly orientieren könnte. In einem vorliegenden Anschreiben droht man den Beschäftigten, die man ohnehin bereits gekündigt hat, dass diese bei Aktionen, beispielsweise “Fake-Krankschreibungen” fristlos entlassen werden und die Kosten von Flugausfällen gerichtlich eingefordert werden.

Die Stimmung unter den Stuttgarter Lauda-Beschäftigten dürfte ohnehin bereits am Boden sein, so dass die Einleitung des Vorliegenden Anschreibens, dass man dafür dankt, dass am Freitag die Morgenwelle pünktlich abgeflogen ist, regelrecht absurd anmutet. Man habe aber Wind davon bekommen, dass einige Noch-Beschäftigte der Basis Stuttgart den Betrieb mit “Massenabwesenheit” oder “Massenkrankenständen” lahmlegen wollen. Man fordert dazu auf, dass bis zum Schluss professionell Dienst nach Vorschrift geleistet werden soll. Alles andere hätte Konsequenzen.

Schuld sind an der Misere – so die Darstellung der Lauda-Geschäftsführer – die Stuttgarter Piloten, die die neuen Konditionen mehrheitlich abgelehnt haben. Einen neuen Job in Wien, Düsseldorf oder Palma hat man nicht für sie doch es wird ernsthaft empfohlen eine Bewerbung an die Leiharbeitsfirma Crewlink zu richten. Diese könne eventuell den einen oder anderen Piloten als “Springer” ohne feste Base beschäftigen.

“Es ist nicht akzeptabel, dass Lauda die Besatzungen, vor allem die Piloten, für diese Entscheidung verantwortlich macht. Ihr unkooperativen Verhalten zeigt nur, dass diese Entscheidung wahrscheinlich bereits getroffen wurde, noch bevor die Mitarbeiter die Möglichkeit hatten, ihre Meinung zu den neuen Bedingungen zu äußern. Diese Entlassungen jetzt den Kapitänen anzulasten, ist ekelhaft und inakzeptabel: Lauda und Ryanair müssen die Verantwortung für ihre wirtschaftlichen Entscheidungen und die sozial dramatischen Folgen für die betroffenen Beschäftigten übernehmen. Wir sind solidarisch mit denjenigen, die von dieser schrecklichen Entscheidung betroffen sind, und wir sind bereit, Ihnen ab sofort rechtlichen Beistand zu leisten. Bleiben Sie stark und einig, Ihre Kollegen sind genau in der Situation, und niemand außer Lauda ist schuld”, so die Gewerkschaft Verdi in einem Mitarbeiter-Rundschreiben.

In Düsseldorf erhielten zwischenzeitlich all jene Lauda-Mitarbeiter, die ihre Zustimmung zu den neuen Konditionen verweigert haben, die Kündigung. Die Gewerkschaft Verdi empfiehlt nun vor das Arbeitsgericht zu ziehen und will sowohl den Stuttgartern als auch den betroffenen Düsseldorfern, sofern diese Mitglieder sind, Rechtsschutz gewähren. Es ist anzunehmen, dass die Vereinigung Cockpit dies auch bei ihren Mitgliedern machen wird. Demnach dürfte der Fluggesellschaft Lauda in Deutschland eine ganze Schwemme von Kündigungsschutzklagen vor Arbeitsgerichten bevorstehen.

Bemerkenswert ist auch, dass zwischen Verdi und der Ryanair-Tochter bislang kein Tarifvertrag abgeschlossen wurde. Nun hat man laut der Gewerkschaft die Taktik geändert und setzt auf individuelle Abänderung der Einzelverträge auf die neuen Konditionen. Wer dem in Düsseldorf nicht zugestimmt hat, wurde gekündigt. In Stuttgart traf es gleich die komplette Belegschaft und die Basis wird geschlossen. So wie es momentan aussieht wird Lauda in Deutschland keinen Tarifvertrag bekommen und weiterhin ausschließlich mit Einzelverträgen arbeiten. Die Arbeitnehmervertreter mutmaßen gar, dass niemals die Abschlussabsicht bestand und die Schließung der Basis Stuttgart bereits beschlossene Sache gewesen sein soll.

Die Wiener Crews wurden ebenfalls informiert, jedoch wurden viele Details, die sich in Deutschland zugetragen, gar nicht erwähnt. Stuttgart werde wegen der Ablehnung der Piloten geschlossen und mit Ryanair führe man Verhandlungen wo “im Ausland” diese drei AIrbus A320 künftig eingesetzt werden. Die Base müsse profitabel werden und das innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre. Kritik übten David O’Brien und Andreas Gruber insbesondere an der gekündigten Betriebsräten Kerstin Hager. Diese würde – so die Darstellung der beiden Unternehmenschefs – den Carrier weiterhin mit Klagen eindecken und dies wäre nur Zeitverschwendung. Man werde sich dagegen wehren. Nicht erwähnt wurde dabei allerdings, dass es sich auch um Kündigungsschutzklagen, die seitens Beschäftigter, denen man sich erst kürzlich entledigte, eingebracht wurden und das mit Rechtsschutzdeckung von Arbeiterkammer und Gewerkschaft Vida.

Spannend ist aber auch der Umstand, dass man schreibt, dass jene Trainee-Piloten, die man zu Beginn der Corona-Pandemie von der Payroll entfernt habe, anrufen werde und eine Beschäftigung bei Lauda anbieten werde. Angeblich soll dies dazu dienen, dass die “Stammbelegschaft” im Sommer Urlaube antreten kann. Auf die explizite Frage wozu dies eigentlich dient, antwortete Airline-Chef Andreas Gruber nicht.

Durch die vielen Kündigungen, die ausgesprochen wurden, hat der Carrier derzeit in Wien zu wenige Senior-Flugbegleiter. Dazu kommt, dass viele auch selbst gekündigt haben und freiwillig gegangen sind. Auch bei den Piloten gab es Kündigungen und einige freiwillige Abgänge. Ob das Verhalten des Unternehmens dazu geführt hat, dass man mitten in der Corona-Krise nun einen Personalmangel hat, ist unklar. Jedenfalls ist es ungewöhnlich, dass man zusätzliche Piloten anheuern will. Aber noch absurder ist, dass sogar die gekündigten Stuttgarter Lauda-Mitarbeiter neue Senior-Flugbegleiter für Wien “checken” sollen, da man in Wien nicht mehr ausreichend dafür ausgebildete und zugelassene Mitarbeiter hat.

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