Ukraine-Krieg: Niemand weiß wie es mit der Luftfahrt weitergeht

Ukraine-Krieg: Niemand weiß wie es mit der Luftfahrt weitergeht

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Der Krieg in der Ukraine hat die dortige Luftfahrt so schwer getroffen, dass niemand weiß wie es weitergehen wird. Für die Branche besonders problematisch ist, dass die Russische Armee gezielt Zivilflughäfen beschädigt bzw. zerstört. Es ist unvorhersehbar wann die Ukraine wieder an den Flugverkehr angeschlossen werden kann.

Piotr Ikanowicz, Finanzchef von Ukraine International Airlines, erklärte im Rahmen einer Rede während einer Luftfahrtkonferenz im rumänischen Cluj unter anderem, dass auch der Zustand jener Flottenmitglieder, die man nicht rechtzeitig außer Landes bringen konnte, völlig unklar ist. Man weiß schlichtweg nicht, ob die Flugzeuge noch heil sind oder ob sie das am Ende des Krieges noch sein werden. Noch schlimmer findet der Manager aber das Leid, das die Zivilbevölkerung erleiden muss. Tagtäglich ist diese Lebensgefahr ausgesetzt und es mangelt aufgrund des Krieges an den einfachsten alltäglichen Gütern. Daher ist die Bevölkerung für jede Unterstützung, die von Menschen aus anderen Staaten gestiftet wird, dankbar.

Probleme haben mit Corona angefangen

Für ukrainische Fluggesellschaften hätten die Probleme aber bereits lange vor dem kriegerischen Überfall seitens der Russischen Föderation begonnen. Die Corona-Pandemie habe den Carriern und Flughäfen finanziell stark zugesetzt und davon habe man sich selbstredend noch nicht erholen können. Kaum war ein bisschen Aufwind spürbar zogen Leasinggeber ihre Maschinen zunehmend ab, denn diese waren in Angst um ihr Eigentum. In diesem Zusammenhang kritisierte Piotr Ikanowicz das Verhalten Russlands scharf: Sowohl in der Ukraine als auch in Russland wäre der Großteil der Flugzeuge geleast. Die Russen würden die Lessoren regelrecht enteignen, denn die Leasing-Maschinen werden großteils einfach gar nicht zurückgegeben. Dies werde langfristig Konsequenzen haben, denn nach dem Krieg würden russische Carrier große Probleme bekommen an westliche Flugzeuge kommen. 

Tourismus, Geschäftsreisen und alles, das sonst so mal relevant war, spielt momentan für Ukraine International Airlines überhaupt keine Rolle mehr. Es geht nur noch ums Überleben der Mitarbeiter. Man hofft, dass man als Firma alles überstehen wird und irgendwann wieder abheben kann, aber momentan ist das alles etwas, das bedingt durch den Krieg in unerreichbarer Ferne ist. Die Tourismusdestination Ukraine würde durch alles ohnehin einen schweren Schaden erleiden, denn auch für den Herbst 2022 hagelt es Stornos. “Wundert das irgendjemanden? Wer will freiwillig in einem Land, in dem ein Krieg ist, Urlaub machen”, so Ikanowicz. “Die Flughäfen sind jetzt schon stark beschädigt und es wird nach dem Krieg einige Zeit dauern bis diese wieder benutzbar sind. Wichtig ist jetzt etwas ganz anderes: Bitte unterstützen Sie die ukrainische Zivilbevölkerung. Für jede Hilfe sind wir dankbar, auch wenn sie nur ganz wenig stiften können. Jede Unterstützung hilft den Menschen”.

SkyUp-CCO: “Wir haben nur ein Flugzeug in der Ukraine”

SkyUp-Chief Commercial Officer Lyudmyla Slobodyanyuk erklärte in Cluj unter anderem, dass man es geschafft habe alle Flugzeuge, mit einer Ausnahme, außer Landes zu bringen. Diese wären momentan kreuz und quer durch die Welt abgestellt. Man bezahle den Beschäftigten ihr Gehalt weiterhin “solange wir dazu finanziell noch in der Lage sind”, fügte sie ein. Ähnlich wie Ukraine International Airlines wurde man von Corona hart getroffen und hat aufgrund des Kriegs keinerlei Einnahmen mehr. Dennoch lässt man die Mitarbeiter nicht hängen und bemüht sich diese auch mit Gütern des täglichen Bedarfs versorgen zu können. Vieles würde auch von ausländischen Airline-Freunden gespendet werden.

Natürlich will SkyUp so schnell wie möglich wieder fliegen, aber es ist absolut nicht vorhersehbar wann das wieder möglich sein wird. Priorität habe momentan das nackte Überleben der Menschen und erst wenn der Krieg vorbei ist könne man ernsthaft das fliegerische Comeback planen. Auf ein Flugzeug will man symbolisch “Stop the war” pinseln und hofft darauf, dass andere Airlines dies nachmachen werden, um ein klares und unmissverständliches Zeichen in die Welt senden können.

Auch will man sich darum bemühen, dass man ACMI-Aufträge für die Flotte an Land ziehen kann, um den Mitarbeitern Arbeit im Ausland geben zu können und natürlich um Geld für die Löhne verdienen zu können. Da man als so genannter Drittstaatencarrier nicht innerhalb der Europäischen Union fliegen darf, hofft SkyUp stark darauf, dass die EU-Kommission den Fluggesellschaften der Ukraine entgegenkommt und diesen zumindest die Durchführung von Wetlease-Aufträgen gestattet. Noch hat man aber kein Signal aus Brüssel bekommen. Somit ist völlig ungewiss wann die Flugzeuge dieses Carriers wieder abheben werden. Über den Zustand der einzigen Maschine, die sich in der Ukraine befindet, weiß man auch nichts. Auch Slobodyanyuk bat ihm Namen ihrer Landsleute um Spenden von Hilfsgütern aller Art. “Egal was, egal wie viel, alles hilft den Menschen”, so die Managerin.

Kherson-Flughafenchef: “Mein Herz blutet”

Vitaliy Kucheruk, Geschäftsführer des Flughafens Kherson, der von der Armee der Russischen Föderation okkupiert wurde, berichtete über den aktuellen Stand der Dinge am eigentlich von ihm gelandeten Airport. Zutritt zu diesem habe er er nicht mehr und auch die Beschäftigten stehen seither komplett ohne Lohn da. Ihre Häuser wären großteils zerstört und die Zustände wären generell untragbar. Dazu komme das unrühmliche Verhalten der Russen, die nun eine Art “Volksrepublik”, die das Volk gar nicht will, durchsetzen will.

Es blute ihm das Herz, wenn er sieht, dass der Airport, der nach umfassender Sanierung am 27. März 2022 hätte wiedereröffnet werden sollen, schwerst beschädigt bzw. weitgehend zerstört ist und obendrein von den Russen für Angriffe gegen die Ukraine genutzt wird. Vor Ort würden die Russen laut Satellitenbildern Kampfhubschrauber und Panzer vorhalten. Die ukraine Armee versucht den Airport zurückzuerobern, so dass mit der kompletten Zerstörung zu rechnen ist. Dieses Schicksal drohe auch anderen Airports der Ukraine.

Die Zivilbevölkerung brauche nun Hilfsgüter aller Art und wäre dankbar für alles, das von der freien Welt gestiftet wurde. Das Militär benötige insbesondere Raketenabwehr und militärisches Fluggerät aus sowjetischer Produktion. Es fehle schlichtweg die Zeit, um die Piloten auf moderne Maschinen wie Eurofighter zu schulen. “Der Krieg ist hier, er ist grausam, unmenschlich und die Ukraine wollte ihn nicht. Leider hat die Diplomatie keine Lösung gefunden und jetzt ist der Krieg da, weil Putin glaubt die Ukrainer würden seine Truppen freudig empfangen. Ein schwerer Irrtum des Herrn Putin”, so Kucheruk.

Düsseldorf-Chef: “Krieg hat weltweite Auswirkungen”

Auch außerhalb der Ukraine bekommt die Luftfahrtbranche die Auswirkungen des Kriegs zu spüren, stellte Düsseldorf-Geschäftsführer Lars Mosdorf fest. “Die Dimension des Krieges ist unvorstellbar groß und hat weltweite Auswirkungen”, so der Manager während der Luftfahrtkonferenz in Cluj. Die Branche habe sich von den Auswirkungen der Corona-Pandemie so ganz und gar nicht erholt, denn Kredite müssen zurückbezahlt werden. Diese werden über mehrere Jahre hinweg die Ergebnisse belasten.

Airlines und Flughäfen sind mit stark gestiegenen Kosten in fast allen Bereichen konfrontiert. Der Treibstoff ist der offensichtlichste Faktor, jedoch haben die Luftraumsperren und die damit verbunden Umwege auch ungeahnte andere Auswirkungen. Da länger geflogen wird benötigen die Maschinen mehr Treibstoff und können weniger Fracht mitnehmen. Diese Auswirkungen würden sich nach und nach zeigen. Auch steht Spezialfluggerät russischer und ukrainischer Frachtairlines nicht mehr zur Verfügung, was für gewisse Cargo-Güter ebenfalls kompliziert wird.

Düsseldorf habe pro Jahr rund eine halbe Million Ukraine-Passagiere gehabt. Diese würden aufgrund des Krieges wegfallen. Dazu komme aber, dass Destinationen in Richtung Osteuropa momentan laut Fluggesellschaften schwach gebucht wären, während in Richtung Westen die Nachfrage hoch sein soll. 

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