Der Flughafen Zürich, in seiner Komplexität oft mit einer eigenen Stadt verglichen, unternimmt einen bedeutenden Schritt zur Optimierung seiner Energieversorgung. Zwischen dem Parkhaus 6, dem Hotel Radisson Blu und dem Operation Center 1 entsteht derzeit eine neue Energiezentrale von der Größe einer Dreifachturnhalle.
Dieses monumentale Bauvorhaben ist ein zentrales Element eines umfassenden Energiekonzeptes, das darauf abzielt, den hohen Wärme- und Kältebedarf der Flughafenliegenschaften zukünftig effizienter zu decken. Die unterirdische Bauweise sichert dabei die weitere Nutzung des oberirdischen Platzes, während im Inneren hochmoderne Wärmepumpen und Kältemaschinen mit einer Gesamtleistung von 12 bis 15 Megawatt installiert werden. Diese Kapazität soll mittelfristig rund zwei Drittel des gesamten Wärme- und Kältebedarfs der Terminals und der benachbarten Gebäude am Flughafenkopf abdecken. Die Bauarbeiten werden mindestens zwei Jahre in Anspruch nehmen, mit einer geplanten Inbetriebnahme im Herbst 2027.
Ein gigantisches Vorhaben unter der Erde: Dimensionen und Technik
Der Energiebedarf eines Flughafens wie Zürich ist immens. Unzählige Gebäude, Terminals, Büros und technische Anlagen müssen das ganze Jahr über beheizt und gekühlt werden, um einen reibungslosen Betrieb und Komfort für Millionen von Passagieren und Tausenden von Mitarbeitern zu gewährleisten. Diese permanente Anforderung erfordert eine leistungsstarke und zuverlässige Energieinfrastruktur. Die neue Energiezentrale des Flughafens Zürich stellt hierfür eine grundlegende Neuausrichtung dar.
Die Entscheidung für eine unterirdische Bauweise der Energiezentrale ist strategisch. Sie ermöglicht es, den knappen und wertvollen Raum oberirdisch weiterhin für andere Zwecke zu nutzen, sei es für die Entwicklung weiterer Infrastruktur oder für Grünflächen. Diese Integration in die bestehende Flughafenstruktur erfordert präzise Planung und Ausführung, insbesondere in einer so sensiblen Umgebung wie einem aktiven Flughafen. Der Bau, der sich über mindestens zwei Jahre erstreckt und im Herbst 2027 seinen Betrieb aufnehmen soll, ist ein komplexes Ingenieurprojekt.
Im Herzen der neuen Zentrale werden leistungsstarke Wärmepumpen und Kältemaschinen installiert. Mit einer beeindruckenden Gesamtleistung von 12 bis 15 Megawatt sind diese Systeme darauf ausgelegt, einen Großteil des thermischen Energiebedarfs zu decken. Zum Vergleich: Industrielle Wärmepumpen und Kältemaschinen können im Bereich von mehreren hundert Kilowatt bis zu mehreren Megawatt liegen, wobei die hier geplante Leistung zu den größeren Anlagen zählt, die in großen Infrastrukturprojekten eingesetzt werden. Diese Technologie nutzt die Umgebungswärme oder -kälte, um Gebäude effizient zu temperieren, was im Vergleich zu herkömmlichen Heiz- und Kühlsystemen, welche oft fossile Brennstoffe nutzen, einen erheblichen Fortschritt darstellt.
Lydia Naef, Chief Real Estate Officer der Flughafen Zürich AG, betonte die Tragweite des Projektes: „Mit der neuen Energiezentrale schaffen wir die Grundlage, um unsere Gebäude am Flughafenkopf künftig effizient und emissionsfrei mit Wärme und Kälte zu versorgen.“
Pionierprojekt in der Tiefe: Die eiszeitliche Rinne als Energiespeicher
Die neue Energiezentrale ist nur ein Baustein eines weitaus umfassenderen und innovativeren Energiekonzeptes des Flughafens Zürich. Ein Schlüssel dieses Konzeptes ist die saisonale Speicherung von Wärme und Kälte im Erdreich. Hierfür erkundet die Flughafen Zürich AG seit dem Jahre 2022 die Nutzung einer eiszeitlichen Rinne, die sich in rund 300 Metern Tiefe unter dem Flughafengelände befindet.
Diese geologische Besonderheit, eine mit wasserführendem Schotter gefüllte Gletscherfurche, wird als riesiger natürlicher Wärme- und Kältespeicher untersucht. Im Jahre 2024 wurde ein erster Testbrunnen realisiert, und aktuell wird ein zweiter gebaut, um das Potential dieser Rinne weiter zu erforschen. Die bisherigen Ergebnisse sind vielversprechend: Sie zeigen, daß die Rinne sich hervorragend dazu eignen könnte, thermische Energie in großem Maßstabe zu speichern und bei Bedarf wieder nutzbar zu machen. Dies geschieht durch das Einleiten von Wärme im Sommer und Kälte im Winter, die dann saisonal gespeichert und zu einem späteren Zeitpunkt wieder entnommen werden können.
Das Projekt der Rinne ist in seinen Dimensionen und seiner technischen Herangehensweise einzigartig und genießt daher die Förderung des Bundesamtes für Energie. Guido Hüni, Leiter Energie und Dekarbonisierung der Flughafen Zürich AG, hob die technische Raffinesse hervor: „Technisch setzen wir mit unserem Plan zur Dekarbonisierung der Infrastruktur auf innovative Systeme. Die Kombination aus Wärmepumpen, saisonaler Energiespeicherung in einer eiszeitlichen Rinne oder über Erdsondenfeldern sowie einem Niedertemperaturnetz erlaubt es uns, die Klimawirkung beim Heizen und Kühlen erheblich zu reduzieren.“ Diese Kombination aus verschiedenen Technologien, einschließlich des bereits erprobten Einsatzes von Energiepfählen und Erdsonden bei Neubauten, zeigt einen integrierten Ansatz zur Energieversorgung.
Die Nutzung von Geothermie und der saisonalen Speicherung von thermischer Energie ist ein zukunftsweisender Weg für große Infrastrukturprojekte. Flughäfen wie der Flughafen Paris-Le Bourget nutzen bereits seit längerer Zeit oberflächennahe Geothermie, um einen signifikanten Teil ihres Energiebedarfs für Heizung und Kühlung zu decken. Der Ansatz in Zürich mit der tiefgelegenen eiszeitlichen Rinne ist jedoch ein noch ambitionierteres Projekt, das neue Maßstäbe für die Nutzung natürlicher Speicher setzen könnte.
Strategie des Flughafens Zürich: Weitgehende Energie-Unabhängigkeit
Die neue Energiezentrale und die Erkundung der eiszeitlichen Rinne sind Bestandteile einer umfassenden Strategie der Flughafen Zürich AG, die auf eine weitgehende Energie-Unabhängigkeit und die Optimierung des Betriebs abzielt. Bis zum Jahre 2040 strebt die Flughafen Zürich AG das Ziel von Netto-Null der unternehmenseigenen Treibhausgasemissionen an. Dieses ehrgeizige Ziel soll durch eine Reihe von Maßnahmen erreicht werden, zu denen neben der neuen Energiezentrale auch die schrittweise Umstellung auf erneuerbare Energien, die Reduktion des Energieverbrauchs in Gebäuden und der Ausbau der Stromproduktion über Photovoltaikanlagen gehören.
Die Bedeutung von Flughäfen als energieintensive Einrichtungen ist allgemein bekannt. So verursachte der Flugverkehr in Österreich im Jahre 2019 rund drei Millionen Tonnen CO₂ und benötigte über 41 Petajoule an Energie, was zehn Prozent des gesamten Energiebedarfs des Verkehrssektors ausmachte. Der Flughafen Wien-Schwechat verbraucht jährlich rund 100.000 Megawattstunden Strom. Vor diesem Hintergrund wird die Bedeutung jedes einzelnen Beitrags zur Reduktion des Energiebedarfs und der damit verbundenen Emissionen deutlich.
Wenn die eiszeitliche Rinne wie geplant erschlossen werden kann, wird sie zusammen mit der neuen Energiezentrale und einem Niedertemperaturnetz jährlich rund 6.500 Tonnen CO₂ einsparen. Dies ist ein erheblicher Beitrag zur Reduktion des Ausstoßes an Treibhausgasen. Bis zum Jahre 2030 sollen die Emissionen am Flughafenkopf um rund 35 Prozent auf etwa 15.900 Tonnen pro Jahr sinken. Dies ist eine beachtliche Reduktion, insbesondere unter Berücksichtigung des weiteren Flächenwachstums des Flughafens und steigender Anforderungen an den Betrieb. Die kontinuierliche Modernisierung und Sanierung bestehender Gebäude und Anlagen spielt dabei eine wichtige Rolle.
Die Flughafen Zürich AG setzt auf eine duale Strategie, die sowohl die Dekarbonisierung ihrer eigenen Gebäude, Anlagen und Fahrzeuge umfaßt als auch die Unterstützung der Luftfahrtbranche beim Übergang zu nachhaltigeren Flugtreibstoffen. Der größte Hebel für die Reduktion der unternehmenseigenen Emissionen liegt jedoch im Bereich der Gebäude und technischen Anlagen, weshalb Projekte wie die neue Energiezentrale von zentraler Bedeutung sind.
Ein Vorbild für zukünftige Infrastrukturprojekte
Die Investition des Flughafens Zürich in die neue Energiezentrale und die Erforschung der eiszeitlichen Rinne als saisonalen Energiespeicher ist ein wegweisendes Projekt. Es zeigt, wie große Infrastrukturbetreiber durch innovative technische Lösungen ihren Energiebedarf effizienter gestalten und ihren Einfluß auf das Klima minimieren können. Der Flughafen Zürich positioniert sich damit als Vorreiter in der Branche und liefert ein konkretes Beispiel dafür, wie ambitionierte Ziele zur Reduktion von Emissionen durch kluge Planung und den Einsatz modernster Technologie erreicht werden können. Die Ergebnisse dieses Pionierprojektes werden zweifellos von großem Interesse für andere Flughäfen und große Immobilienentwicklungen weltweit sein, die vor ähnlichen Herausforderungen stehen.