80 Jahre unbemerkt: 314 Weltkriegsbomben in Athen-Ellinikon gefunden

Ehemaliges Ostterminal (Foto: Jan Gruber).
Ehemaliges Ostterminal (Foto: Jan Gruber).

80 Jahre unbemerkt: 314 Weltkriegsbomben in Athen-Ellinikon gefunden

Ehemaliges Ostterminal (Foto: Jan Gruber).
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Auf dem Areal des ehemaligen Flughafens Athen-Ellinikon finden derzeit umfangreiche Bauarbeiten statt. Während dieser wurden 314 Bomben, die seit mindestens 80 Jahren im Erdreich „gelagert“ waren, gefunden und von Experten nun entschärft.

Wann die äußerst gefährlichen Relikte aus dem Zweiten Weltkrieg auf das Areal gelangt sind, ist völlig unklar. Es steht lediglich fest, dass es sich um Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg handelt. Bislang wurden 314 Stück gefunden. Diese wurden laut Mitteilung der Behörden in einem unterirdischen Lagerraum unschädlich gemacht. Das zuständige Amt kann ausschließlich nicht ausschließen, dass sich noch weitere Weltkriegsbomben auf dem Areal des ehemaligen Flughafens Athen-Ellinikon befinden könnten.

Besorgniserregend erscheint der Umstand, dass die 314 Sprengkörper offenbar während der Errichtung eines Terminals des aufgelassenen Airports unsachgemäß „beseitigt“ wurden. Allerdings gibt es auch eine alternative Vermutung: Die Wehrmacht könnte diese im Jahr 1941 bei einem überhasteten Abzug für „später“ eingelagert haben.  Laut Erklärung des Bürgermeisters, Giannis Konstantatos, wären diese „gesammelt“ in einem unterirdischen Lagerraum, der sich in unmittelbarer Nähe des einstigen Westterminals, das einst die einzige Abfertigungshalle war und zuletzt nur noch für Inlandsflüge genutzt wurde, gefunden worden. Es handelt sich um jenes Terminal, das sich nahe dem Meer befunden hat und im unmittelbaren Umfeld wurden beispielsweise ehemalige Hangars in Sportstätten für die Olympischen Spiele, die im Jahr 2004 über die Bühne gegangen sind, umgewandelt.

Terminal, Schulen, Kindergärten und Wohnhäuser in unmittelbarer Nähe

Das Westterminal des ehemaligen Elliniko-Airports wurde – im Gegensatz zum Ostterminal, das in schlechtem Zustand ist, jedoch unter Denkmalschutz steht – bereits vor einigen Jahren komplett dem Erdboden gleich gemacht. Zuvor wurde es temporär als Unterkunft für Flüchtlinge genutzt, wobei es aufgrund katastrophaler Zustände internationale Kritik gegeben hat. Weiters befinden sich in der Nähe des ehemaligen Westterminals, das einst für den Olympic-Schriftzug bekannt war, mehrere Kindergärten und Schulen sowie ein Wohngebiet.

Dem aktuellen Stand der Dinge nach könnte es so gewesen sein, dass im Zuge der Bauarbeiten des Westterminals, von Hangars und anderen Betriebsstätten des ehemaligen Airports die Relikte aus dem zweiten Weltkrieg einfach in ein unterirdisches Lager, das mit hoher Wahrscheinlichkeit ausschließlich für diesen Zweck errichtet wurde, verschafft wurden, um Kosten für die sachgemäße Entschärfung und Entsorgung zu sparen. Aus dem Blick und damit aus dem Sinn geriet diese durchaus gefährliche Angelegenheit über die Jahrzehnte in Vergessenheit.

Und so kam es wie es kommen musste: Im Zuge von Abriss- und Bauarbeiten wurde das Bombenlager, das laut einem offiziellen Statement auf keinem Bauplan verzeichnet ist und es dieses laut griechischen Behörden eigentlich gar nicht geben würde, rein zufällig gefunden. Das Militär wurde dann von der Exekutive angefordert, um die potentiell gefährlichen Weltkriegsrelikte unschädlich zu machen.

Zufahrt zum nicht mehr existierenden Westterminal (Foto: Jan Gruber).

Bürgermeister von Athen vermutet Wehrmacht hinter dem „Bombenlager“

Allerdings versucht der Athener Bürgermeister auch eine ganz andere Version darzustellen wie die Bomben in den unterirdischen Lagerraum gelangt sein könnten. Es wäre nicht auszuschließen, dass es eben nicht die Bauherren nach dem Zweiten Weltkrieg waren, die so die Hinterlassenschaften des Zweiten Weltkrieges „verschwinden“ haben lassen, sondern es wäre zumindest nicht auszuschließen, dass es die Deutschen während der Besatzungszeit gewesen sein könnten.

Zwischen 1941 und 1944 stand diese Region Griechenlands unter Besatzung des Nazi-Regimes des damaligen Großdeutschen Reichs. Der Athener Bürgermeister hebt dabei hervor, dass das Areal, auf dem später der Flughafen Athen-Elliniko als Zivil-Airport entstanden ist, von der Wehrmacht militärisch genutzt wurde. Die Besatzer hätten die griechische Hauptstadt im Jahr 1944 äußerst überhastet verlassen und auch an anderen Orten in Griechenland so einiges an Kriegsgütern zurückgelassen. Zumindest teilweise habe man etwaige Zugänge verdeckt oder vergraben, so dass die Rote Armee diese nicht findet oder aber man bei einer etwaigen Rückkehr zu einem späteren Zeitpunkt die Bomben und sonstigen Kriegsgüter wieder zur Verfügung hat.

Anwohner vermuten noch mehr „aus den Augen, aus dem Sinn“

Unabhängig davon, ob die 314 Weltkriegsbomben von den Deutschen versteckt wurden oder aber, ob man im Zuge der Errichtung des zivilen Flughafens Athen-Elliniko um Kosten zu sparen einfach nach dem Motto „aus den Augen, aus dem Sinn“ gehandelt hat, sitzt in der griechischen Hauptstadt der Schock tief. Immerhin war dieser Airport bis zu seiner Schließung im Jahr 2001 der größte von Griechenland und ausgerechnet jener Bereich, in dem die Bomben gefunden wurden, war sehr häufig genutzt, denn zahlreiche Wartungshangars und sogar ein Treibstofflager gab es dort. Das besagte Wohngebiet samt Schulen und Kindergärten ist ebenfalls nur einen sprichwörtlichen Steinwurf entfernt.

Das 620 Hektar große Areal wurde nach vielen Jahren des Stillstands und Verfalls an einen Investor verkauft. Dieser will sich die Nähe zum Meer samt Stand nützlich machen und Luxus-Wohnungen, Hotels und sonstige Freizeitbetriebe errichten. Alles, das nicht denkmalgeschützt ist, soll entfernt werden oder wurde bereits abgerissen. Der nunmehrige Bombenfund soll sich laut griechischen Medien äußerst nachteilig auf die weiteren Arbeiten auswirken, denn die Behörden können ausdrücklich nicht ausschließen, dass es noch weitere Depots oder Verstecke gibt. Auf den Plänen sind diese jedenfalls nicht verzeichnet, so dass mit äußerster Vorsicht vorgegangen werden muss. Einige Bürger, die von lokalen Medien befragt wurden, äußerten sich dahingehend, dass es aus ihrer Sicht einem Wunder gleichkommt, dass in vielen Jahrzehnten des Flugbetriebs nichts passiert ist. Viele Befragte vermuten, dass noch viel mehr problematische Stoffe auf dem Areal „versteckt“ sein könnten, denn früher wäre es das schon fast die übliche Variante der Entsorgung problematischer Gegenstände gewesen.

Wer sich für den Flughafen Athen-Elliniko interessiert, findet unter diesem Link eine ausführliche Fotoreportage von Aviation.Direct.

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