Die Ryanair Group verschärft die kundenunfreundlichen Maßnahmen, wenn das Unternehmen selbst Flugverbindungen streicht. Nun bucht das Unternehmen eigenmächtig auf andere Reisetermine um und lässt die Kunden nicht mehr streckennetzweit eigenständig umbuchen.
Gestrichene Buchungen konnten betroffene Passagiere ursprünglich bis zu drei Monate nach hinten verschieben und konnten diese auf jede beliebige Strecke, die von der Ryanair Group bedient wird, ändern. Vor einigen Wochen wurde der mögliche Umbuchungszeitraum auf 14 Tage geändert. Nun verschärft Ryanair das kundenfeindliche Verhalten abermals: Der Carrier schreibt nun neue Reisetermine vor. Ist man damit nicht einverstanden führt nun kein Weg mehr am Kundenservice vorbei, denn die Buttons für Erstattung und eigenständige Umbuchungen durch den Kunden wurden deaktiviert.
Das Servicecenter ist nur über einen Web-Chat und eine kostenpflichtige Hotline erreichbar. Letzteres ist eigentlich unzulässig, da eine EU-Verordnung vorschreibt, dass solche Telefonate nicht mehr kosten dürfen als ein reguläres Festnetztelefonat. Ryanair ist hier kein Einzelfall, denn eine Vielzahl von Fluggesellschaften pfeift auf die Vorschrift und setzt der Kundschaft kostenpflichtige Hotlines vor die Nase.
Beim „Ryanair Service“ erleben von Streichungen betroffene Passagiere nun „Frühlingserwachen“, denn Umbuchungen auf andere Strecken oder deutlich spätere Termine sind nur gegen eine horrende Zusatzgebühr und die Aufzahlung der Tarifdifferenz möglich. Die einzige Alternative wäre die Erstattung des Flugpreises. Genau das konnte jedoch bis vor wenigen Tagen noch eigenständig online eingeleitet werden, doch nun ist eine Kontaktaufnahme mit dem schwer erreichbaren Kundenservice, der eher als Abwimmelungsanstalt fungiert, nötig.
Von Streichungen betroffene Passagiere, die wirklich reisen wollen oder müssen, sollten sich vom „Kundenservice“ des Billigfliegers nicht abwimmeln lassen, denn das sich aus der EU-VO 261/2004 ergebende Recht auf Ersatzbeförderung gilt auch dann, wenn die Streichung außerhalb der 14-Tage-Frist erfolgt ist. Erfahrungsgemäß versuchen sich viele Fluggesellschaften, insbesondere Ryanair und Wizzair, vor dieser gesetzlichen Verpflichtung zu drücken. Betroffene sollten hartnäckig bleiben und nötigenfalls eventuelle Mehrkosten auch gerichtlich durchsetzen. Kostenlose Erstberatung bieten in Deutschland die Verbraucherzentralen und in Österreich unter anderem die Arbeiterkammer an.
AUA bedient sich ebenfalls einer Argumentation, die laut EU-Kommission unzulässig ist
Streicht die Ryanair Group innerhalb der 14-Tage-Frist sollten sich Passagiere von den Behauptungen des Unternehmens, dass aufgrund von Covid-19 nicht geflogen werden darf, nicht abschrecken lassen. Die Passagierrechte gelten weiterhin und die EU-Kommission stellte klar, dass Corona keinen außergewöhnlichen Umstand darstellt. Dennoch versuchen Airlines mit dieser frechen Argumentation Kunden, die ihre Entschädigungen haben wollen, abzuwimmeln.
Auch Austrian Airlines bedient sich dieser fragwürdigen Praxis, lenkte jedoch nach Einschaltung eines Rechtsanwalts kommentarlos ein. Passagiere haben bei Streichungen, die innerhalb von 14 Tagen vor Abflug erfolgen, das Recht auf eine Ausgleichszahlung gemäß der EU-VO 261/2004, es sei denn es liegen außergewöhnliche Umstände vor. Dies könnte beispielsweise ein behördliches Flugverbot sein. Allerdings nur die Corona-Pandemie als außergewöhnlichen Umstand heranzuziehen, um sich vor der gesetzlichen Verpflichtung zu drücken, ist unzulässig, was auch die EU-Kommission klarstellte. Weiters sind Ausgleichszahlungen keine Almosen, die eine Airline „anbieten“ kann, sondern eine gesetzliche Verpflichtung, die eigentlich proaktiv erfüllt werden müsste.