Tirol: Deutsche Polizei rechnet mit Ausweichen auf Feldwege

Horst Seehofer (Foto: BMI / Henning Schacht).
Horst Seehofer (Foto: BMI / Henning Schacht).

Tirol: Deutsche Polizei rechnet mit Ausweichen auf Feldwege

Horst Seehofer (Foto: BMI / Henning Schacht).
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Für in Bayern und Tirol arbeitende – sowie umgekehrt – Pendler wird es ab kommender Woche kompliziert, denn die Landesregierung um Ministerpräsident Markus Söder (CSU) setzt harte Einreisebestimmungen in Kraft. Diese sind durchaus diskriminierend, denn Personen mit deutscher Staatsbürgerschaft bzw. Wohnsitz in der Bundesrepublik sind bessergestellt.

Eigentlich sollte eine auf EU-Ebene erzielte Einigung verhindern, dass innerhalb des Schengengebiets neuerlich Grenzen geschlossen werden und obendrein erneut anhand der Staatsbürgerschaft diskriminiert wird. Deutschland zeigte jedoch bereits am Tag, an dem die EU-Botschafter eine Lösung gefunden haben, besondere Ignoranz: Man präsentierte einen neuen nationalen Alleingang und pfeift auch weiterhin auf gemeinsame Regeln.

Österreich ist in diesem Zusammenhang ähnlich unterwegs, denn die jüngste Einreiseverordnung weicht stark von der Einigung, die auf Unionsebene erzielt wurde, ab. Es stellt sich natürlich die berechtigte Frage wozu eine gemeinsame Lösung ausverhandelt wird, wenn sich die Nationalstaaten ohnehin nicht daran halten?

Diskriminierung aufgrund der Staatsbürgerschaft?

Personen, die sich in Tirol aufgehalten haben, dürfen nicht mehr nach Deutschland einreisen, es sei denn es bestehen ein Wohnsitz und/oder die deutsche Staatsbürgerschaft. Für alle anderen – abgesehen von wenigen Ausnahmen – heißt es: „Du kommst hier nicht rein“. Die Regelung der Bayern ist auf den ersten Blick eine klare Diskriminierung aufgrund der Staatsbürgerschaft. Eigentlich gibt es Gesetze, die genau solche Dinge verhindern sollen, doch in Zeiten der Pandemie, meinen einige Regierungen, darunter auch jene Deutschlands, unter dem Deckmantel „Corona“ munter diskriminieren zu müssen und das obwohl es eine klare Einigung auf EU-Ebene gibt.

Ursprünglich wollte Bayern selbst Pendlern, die in Bayern wohnen und in Tirol arbeiten – und umgekehrt – keine Ausnahmen gewähren. Die EU-Kommission intervenierte zunächst erfolglos und der aus Bayern stammende Innenminister Horst Seehofer (CSU) sagte dann gar gegenüber der Bildzeitung in Richtung Brüssel: „Jetzt reicht‘s! Die EU-Kommission sollte uns unterstützen und nicht durch wohlfeile Hinweise Knüppel zwischen die Beine werfen.“ Auch aus der Slowakei und Tschechien kommend gibt es nun Reiseverbote, von denen nur Personen mit deutschem Pass oder Wohnsitz in der Bundesrepublik ausgenommen sind.

Letztlich war die Intervention doch erfolgreich, denn die bayerische Einreiseverordnung sieht nun doch Ausnahmen für Pendler vor. Die betroffenen Personen müssen ab Mittwoch eine Bescheinigung des Arbeitgebers mitführen, dass sie an ihrem Tiroler oder bayerischen Arbeitsort unabkömmlich sind. Kontrolliert werden soll nach Möglichkeit überall.

Deutsche Polizei befürchtet Ausweichen auf Feldwege

Selbst die deutsche Bundespolizei kritisiert das Vorgehen der bayerischen Landesregierung, die aufgrund des Umstands der Mutationsgebiet-Einstufung durch das RKI die Grenzen zu Tirol dichtmachen will. So kritisiert die Exekutive, dass die für flächendeckende stationäre Kontrollen notwendige Infrastruktur gar nicht vorhanden ist. Auch hat die Bundespolizei die berechtigte Sorge, dass die Bevölkerung einfach auf Wald- und Feldwege ausweichen wird, denn es wäre unmöglich jeden noch so kleinen Weg rund um die Uhr zu kontrollieren.

Dieser Einwand der für die Grenzkontrollen zuständigen Exekutivbehörde ist berechtigt, denn Österreich hatte und hat selbiges Problem. Um nach einem Auslandsaufenthalt oder einem „kleinen Grenzübertritt zum Zigarettenkaufen“ nicht in Quarantäne zu müssen, weichen viele auf Feld- und Waldwege aus. Diese werden aufgrund des hohen Personalbedarfs nicht rund um die Uhr kontrolliert, teils sogar gar nicht. Befindet sich die Person dann im Staatsgebiet auf einer offiziellen Straße, dann gestaltet sich die Beweisführung, dass ein quarantänepflichtiger Auslandaufenthalt vorliegt, denkbar schwierig.

Bayern führt aber auch eine besonders absurde Ausnahme für Kinder, deren Elternteile auf beiden Seiten der Grenze leben ein. Zwar dürfen diese auch weiterhin ihren Vater bzw. ihre Mutter sehen, jedoch nur dann, wenn sie mit jenem Angehörigen, der über die deutsche Staatsbürgerschaft verfügt, die Grenze passieren. Analog soll dies auch bei Eheleuten und Partnerschaften gehandhabt werden.

Personen, die unter Ausnahmen fallen, haben ein negatives Testergebnis, das nicht älter als 48 Stunden sein darf, mitzuführen und auf Verlangen der Kontrollorgane vorzuweisen. Das gilt auch im Güterverkehr, beispielsweise für LKW-Fahrer. Deutschland anerkennt jedoch Schnelltests, die in Österreich beispielsweise in Apotheken kostenfrei gemacht werden können. Eine interaktive Karte jener Apotheken, die kostenlose Schnelltests anbieten, unter diesem Link.

Grenzkontrollen auch innerhalb Österreichs

Österreich kontrolliert übrigens auch im Inland. Seit Freitag darf Tirol nur noch mit einem negativen Testbefund verlassen werden. Laut Innenministerium wurde bis Samstagvormittag 459 Personen die Ausreise aus Tirol in ein anderes österreichisches Bundesland untersagt. Grund: Es wurde kein negativer Testbefund mitgeführt.

Zwischenzeitlich steuerte das Land Tirol gegen und hat vier mobile Teststationen an den Grenzen zu Salzburg und Vorarlberg eingerichtet. Hier können sich Personen, die keinen Befund haben, an Ort und Stelle testen lassen. Durchgeführt wurden laut Innenministerium 500 Antigen-Tests, wobei es keine einzige positive Person gegeben haben soll. Verlassen sollte man sich allerdings nicht auf mobile Teststationen, denn wie der Name schon sagt: Diese sind mobil. Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) droht Menschen, die Tirol ohne negativen Befund verlassen, mit bis zu 1.450 Euro Geldstrafe.

Die kostenlosen Antigen-Tests, die mittlerweile in weit über 700 Apotheken angeboten werden, können auch für die Ausreise aus Tirol genutzt werden. Pendler, die von der komplizierten Grenzregelung mit Bayern betroffen sind, können diese ebenfalls in Anspruch nehmen. Eine interaktive Karte mit allen Apotheken in Österreich, die kostenlose Schnelltests durchführen, auf dieser Aviation Direct Seite.

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