Vier Airbus-Jets der ungarischen Billigfluggesellschaft Wizz Air samt Crews sind im Kriegsgebiet Ukraine gestrandet. Der Carrier will seine Beschäftigten so rasch wie möglich außer Landes bringen, jedoch dauert das manchen Besatzungsmitgliedern zu lange. Diese befinden sich zu Fuß und mit Mitfahrgelegenheiten auf der Flucht in Richtung Polen.
Wizz Air ist die einzige nicht-ukrainische Fluggesellschaft, die es nicht rechtzeitig geschafft hat ihr Fluggerät auszufliegen. Daraus macht der Billigflieger auch keinen Hehl: „Wizz Air bestätigt, dass wir derzeit noch vier Flugzeuge (3 in Kiew und 1 in Lwiw) in der Ukraine am Boden haben“. Doch warum hat der Carrier – im Gegensatz zu Mitbewerbern – mit dem Ausfliegen so lange gewartet bis es zu spät war?
Auf den Flughäfen Lwiw und Kiew-Schuljany hat Wizz Air Flugzeuge samt Personal stationiert. Mitbewerber wie Ryanair oder Austrian Airlines hatten vor Ort weder fliegende Mitarbeiter noch Flugzeuge vorgehalten. Die AUA hat Nightstopps bereits vor einiger Zeit beendet und beispielsweise wurden die Flüge nach Kiew-Borispil früher eingestellt. Ein Sprecher von Wizz Air erklärt: „In den vergangenen Monaten standen wir in ständigem Kontakt mit den zuständigen Behörden – der Europäischen Kommission, der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) und anderen – und haben auf deren Anraten den Flugbetrieb in die/aus der Ukraine so lange fortgesetzt, wie es sicher möglich war. Wir haben uns verpflichtet, unsere Kunden zu unterstützen, und unsere Flüge in die/aus der Ukraine waren in der vergangenen Woche sehr gefragt“.
Wizz Air weist Vorwurf „Profitgier“ scharf zurück
In den Tagen vor dem Angriff der Russischen Föderation gegen die Ukraine war zu beobachten, dass die Flugticketpreise auf der Homepage von Wizz Air stark gestiegen sind. In sozialen Medien erheben manche Personen den Vorwurf, dass die Billigfluggesellschaft aus „Profitgier“ ihr Fluggerät und ihr Personal in Gefahr gebracht hat. Wizz Air nimmt dazu wie folgt Stellung: „Wir weisen diese Anschuldigungen entschieden zurück. Wie bereits erwähnt, waren unsere Flüge in die/aus der Ukraine in der vergangenen Woche sehr gut ausgelastet, so dass unsere verfügbaren Tarife auf der Verfügbarkeit und der Nachfrage zu diesem Zeitpunkt basierten. Es ist erwähnenswert, dass Wizz Air sich auf dem ukrainischen Markt engagiert und die einzige Fluggesellschaft der Europäischen Union ist, die von etablierten Betriebsbasen im Land aus operiert, hunderte von Ukrainern beschäftigt und vier Flugzeuge in der Ukraine stationiert hat, während alle anderen EU-Fluggesellschaften nur Inbound-Dienste anbieten“.
Wizz Air hat – im Gegensatz zu anderen Fluggesellschaften – auch lokales fliegendes Personal in der Ukraine. Dieses wurde vom Angriff der Russischen Föderation regelrecht überrumpelt. Zwar versuchte man noch mitten in der Nacht die vier Flugzeuge und das Personal auszufliegen, jedoch war es schon zu spät. Die drei Maschinen in Kiew-Schuljany und der Airbus-Jet in Lwiw durften aufgrund des von der Regierung der Ukraine ausgesprochenen Flugverbots nicht mehr abheben. Dazu der Wizz-Air-Sprecher: „Wir arbeiten daran, alle unsere ukrainischen Mitarbeiter, ihre Familien und unsere Flugzeuge so schnell wie möglich zu evakuieren. Die Sicherheit unserer Passagiere und unserer Besatzung hat für uns nach wie vor oberste Priorität“.
Auf die Frage was man nun für die in der Ukraine gestrandeten Mitarbeiter macht, antwortete der Medienreferent: „Wir stehen in Kontakt mit unseren ukrainischen Mitarbeitern und arbeiten daran, sie und ihre Familien zu evakuieren (auf dem Land- oder Luftweg), sobald dies sicher möglich ist. Die Sicherheit unserer Passagiere und unserer Besatzung hat für uns nach wie vor oberste Priorität“.
Crewmitglieder schlagen sich auf eigene Faust nach Polen durch
Das dauert jedoch einigen Crewmitgliedern zu lange. Diese haben sich eigenen Angaben nach zu Fuß, mit Autos und Mitfahrgelegenheiten auf den Weg in Richtung Polen gemacht. Man will das Kriegsgebiet so schnell wie möglich verlassen, ist von den Betroffenen zu hören. „Wir wollen einfach nur raus. Mehrere Kollegen und ich schlagen uns Richtung polnischer Grenze durch. Wir sind auch zu Fuß unterwegs und werden von Ukrainern, die ebenfalls so schnell wie möglich raus wollen, mit ihren Autos mitgenommen“, so ein Wizz-Air-Besatzungsmitglied, das sich momentan auf der Flucht in die Europäische Union befindet.
Vorwürfe in Richtung Arbeitgeber erhebt man ebenfalls. Man vertritt die Ansicht, dass Wizz Air viel zu lange gewartet habe und das Personal und die Flugzeuge früher aus der Ukraine hätte holen sollen. Einige Crewmitglieder sollen daher mit dem Gedanken spielen, dass sie nach ihrer Ankunft im als sicher betrachteten Polen ihren Dienst quittieren wollen.
Die Fluggesellschaft Wizz Air verleugnet nicht, dass sich einige Crewmitglieder auf der Flucht aus dem Kriegsgebiet Ukraine in Richtung Europäische Union befinden. Man sagt öffentlich zu, dass man auch diese Beschäftigte so gut es irgendwie möglich ist unterstützen will. Dazu ein Sprecher: „Wie bereits erwähnt, stehen wir mit unseren ukrainischen Mitarbeitern in Kontakt und wissen, dass einige von ihnen die Entscheidung getroffen haben, die Ukraine auf eigene Faust zu verlassen. Wir unterstützen sie, sobald sie ihr Ziel erreicht haben“. Einem Wizz-Air-Mitarbeiter, der sich eigenen Angaben nach auf der Flucht in Richtung Polen befindet, war die Erwähnung dieses Umstands ein großes Anliegen: „Wir bekommen von unseren Kollegen von anderen Bases und aus dem Headoffice eine kollegiale Solidarität, die weit über bloße Worte hinausgeht. Der Zusammenhalt ist so groß, dass mir mehrere Kollegen angeboten haben, dass sie mich und Kollegen an der Grenze abholen und vorübergehend bei sich zu Hause aufnehmen. Im Namen der ukrainischen Wizz-Air-Crews möchte ich euch für eure Solidarität, Hilfe und den Zusammenhalt danken. Ich möchte auch noch erwähnen, dass auch Crews ukrainischer Fluggesellschaften auf der Flucht sind und auch diese von meinen Kollegen in Westeuropa ohne Wenn und Aber unterstützt werden. Ich hoffe, dass diese schlimme Zeit bald vorbei ist. Der Zusammenhalt in der Luftfahrt ist stärker denn je. Danke.“
1 Comment