
West Side Story in der Wiener Volksoper – Klassisches Musical in neuem Gewand
Die Inszenierung von Leonard Bernsteins West Side Story in der Wiener Volksoper, unter der Regie von Lotte de Beer, verspricht eine zeitgemäße Interpretation des weltberühmten Musicals. Dennoch wirft diese Neuinterpretation Fragen zur Balance zwischen Tradition und Innovation auf. Mit ihrer Premiere am 27. Januar 2024 wurde eine Inszenierung präsentiert, die sich sowohl durch mutige künstlerische Entscheidungen als auch durch Kritik an ihrer Umsetzung auszeichnet. Das Stück wird regelmäßig aufgeführt – die Termine finden sich auf der Homepage der Wiener Volksoper. Dieser Artikel beleuchtet die Inszenierung aus theaterwissenschaftlicher Perspektive, mit besonderem Augenmerk auf Dramaturgie, Bühnenbild und Darstellerführung. Minimalistisches Bühnenbild und symbolische Räume Das Bühnenbild, entworfen von Christof Hetzer, weicht deutlich von der originalen Atmosphäre der New Yorker Straßenschluchten ab. Es dominiert ein minimalistischer Ansatz: düstere Mauern und nur wenige Versatzstücke prägen die Szenen. Die Wahl, den urbanen Kontext der Handlung stark zu abstrahieren, hat polarisiert. Die Inszenierung erschafft eine „Nicht-Ort“-Ästhetik, die universelle Konflikte betont, zugleich jedoch die spezifische New Yorker Lokalkolorit fast völlig tilgt. Ein pastellfarbenes Haus, das während der Traumsequenz „Somewhere“ auftaucht, wurde von Kritikern als deplatziert und kitschig empfunden, da es den ernsthaften Ton der Szene unterbricht und die narrative Kohärenz stört. Die Choreographie: Abkehr vom Original Eines der markantesten Elemente der West Side Story ist die von Jerome Robbins entworfene Choreographie, die hier von Bryan Arias ersetzt wurde. Während Arias’ Ansatz respektable Energie und Präzision zeigt, fehlt es den Tanzszenen laut Kritik an der emotionalen Wucht und Virtuosität des Originals. Besonders die ikonischen Kämpfe zwischen den Gangs wirken