Kommentar: Neues vom Ticketverkäufer mit Hecke in Weeze

(Foto: Pixabay/PIRO4D).
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Kommentar: Neues vom Ticketverkäufer mit Hecke in Weeze

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„Spielen wir Airline“, so oder so ähnlich könnte man den Ticketverkäufer Green Airlines beschreiben, denn von den angekündigten Flügen von Weeze nach Berlin und/oder München wurde bislang kein einziger durchgeführt. Slots hat man an den beiden Großflughäfen keine, aber diese könnte ohnehin nur ein AOC-Holder erhalten – und das ist Green „Airlines“ eben nicht.

Mittlerweile scheint gar der Flughafen Weeze, der sich noch vor wenigen Wochen deutlich zum Ticketverkäufer, der an einer Briefkastenadresse in Karlsruhe residiert, bekannt hatte, auf Distanz zu gehen. Beispielsweise erwähnte man in der jüngsten Medienmitteilung bezüglich Ostern 2022 Green „Airlines“ in keinem Wort. Auch entfernte man zwischenzeitlich die aufdringliche Pop-Up-Werbung von der Homepage des Niederrhein-Airports.

Zum Betrieb einer Fluggesellschaft gehört eben mehr als ein Verkaufssystem bei Worldticket zu mieten und Trolleys und T-Shirts zum Kauf anzubieten. Die wohl wichtigsten Punkte wären Sicherheit und Vertrauen. In Deutschland ist es die Aufgabe des Luftfahrtbundesamts genau dies sicherzustellen, denn Inhaber von AOC und Betriebsgenehmigung unterliegen strengen Auflagen und Kontrollen. Eine echte Fluggesellschaft muss über zahlreiche Personen, die eine fachliche Ausbildung und/oder entsprechende Erfahrung verfügen und vom LBA geprüft wurden, verfügen. Bei einem reinen Ticketverkäufer ist das aber nicht der Fall, denn dieser unterliegt nicht der Aufsicht durch das Luftfahrt-Bundesamt.

Reisebüros und –veranstalter müssen Kundengeldabsicherung haben

Für Laien dürfte es nur schwer verständlich sein, dass es möglich ist, dass man eine Briefkastenfirma aufzieht und mit dieser „Airline spielen“ kann – ganz ohne lästige Aufsicht durch das Luftfahrt-Bundesamt oder eine andere EU-Zivilluftfahrtbehörde. Konzessionierte Reisebüros und –veranstalter bieten durchaus Charterflüge auf eigene Rechnung an, jedoch benötigen diese aus rechtlichen Gründen eine Kundengeldabsicherung. Zumeist sind diese Player seit Jahrzehnten auf dem Markt und genießen einen guten Ruf und damit das Vertrauen von Airlines und Passagieren.

Ein reiner Ticketverkäufer wie Green „Airlines“ ist weder eine Fluggesellschaft, noch ein konzessioniertes Reisebüro bzw. ein konzessionierter Reiseveranstalter. Man ist schlichtweg eine GmbH, deren Firmensitz sich bei einem einschlägigen Briefkastenanbieter in der Nähe des Karlsruher Bahnhofs befindet. Damit die im Vorjahr vom Portal Airliners.de publik gemachten Greenwashing-Vorwürfe ein für alle Mal aus der Welt geschaffen sind, pflanzte man eine kleine Hecke in Weeze, die ein „Allrounder für den Klimaschutz“ sein soll. Der Flughafen Groningen kassierte für die Werbung von Green “Airlines” gar eine Geldstrafe.

Das Klima dürfte Green „Airlines“ eher dankbar dafür sein, dass man bislang keinen einzigen München- und/oder Berlin-Flug ab Weeze durchgeführt hat. Am vergangenen Wochenende setzte man für die Sylt-Charterflüge Fluggerät des Typs Cessna 208B „Grand Caravan EX“, betrieben von IAS Itzehoer Airservice ein. Das Unternehmen ist eigentlich auf Absetzflüge für Fallschirmspringer spezialisiert, jedoch verfügt man – im Gegensatz zu Green „Airlines“ – über AOC und Betriebsgenehmigung, noch dazu ist man schon lange auf dem Markt.

Flugabsage mittels Einzeiler – Hotline nicht erreichbar

Angepriesen werden Flüge mit einer „grünen Turbo Flotte“ – was das auch immer sein mag – verbunden mit der Aussage, dass diese „per ACMI“ eingesetzt werden. Allerdings kann ein Unternehmen, das keine Fluggesellschaft ist, kein ACMI-Fluggerät einsetzen. Allenfalls kann man chartern. Dass kein einziges Flugzeug der „grünen Turbo Flotte“ tatsächlich zu Green „Airlines“ gehört, ist mittlerweile allgemein bekannt. Auch, dass der im Buchungssystem verwendete IATA-Twoletter-Code „GN“ unrechtmäßig verwendet wird, weil dieser gar nicht zugeteilt ist, scheint Green „Airlines“ egal zu sein. Zwischenzeitlich hat man auch die Fluggastrechte, die laut einem vorliegenden Anwaltsschreiben für den Ticketverkäufer ohnehin nicht gelten sollen, von der Homepage entfernt.

Passagiere, deren Flüge kurz vor dem Datum, das auf dem Ticket steht, gestrichen werden, haben beispielsweise Anspruch auf Ersatzbeförderung und Entschädigung. In der Realität sieht das anders aus, denn ein Fluggast wurde eigenen Angaben nach erst einen Tag vor dem Abflug mittels eines Einzeilers darüber informiert, dass sein Flug von München nach Weeze nicht stattfinden wird. Die Hotline ist für ihn nicht erreichbar und der auf der Homepage angepriesene Rückruf soll auch nicht erfolgt sein. Eine Ersatzbeförderung, wie sie die EU-VO 261/2004 oder Betreuungsleistungen, wurden nicht erbracht. Diese Vorgehensweise erinnert stark an die von Alk Airlines und Just Us Air abgesagten Warmwasserflüge. Damals wollte Green Airlines nichts von Ersatzbeförderung und/oder Entschädigung wissen und spannte gar eine Anwaltskanzlei vor, um verärgerte Passagiere abzuwimmeln.

Produkt am Markt offenbar nicht gefragt

Offensichtlich hat Green „Airlines“ ein Absatzproblem, denn man räumte im Zuge der neuerlichen Verschiebung der Erstflüge nach München und Berlin ein, dass man so gut wie keine Buchungen hatte. Wer aber der Operating Carrier sein soll, wurde nicht beantwortet. Aus den Slot-Listen von Berlin und München geht hervor, dass keine Fluggesellschaft, die über ein gültiges AOC verfügt, im Besitz von Start- und Landerechte für die aus Weeze kommenden Flüge ist. Auch gab es an den beiden Großflughäfen bislang keine formelle Anmeldung. Green „Airlines“ kann dies nicht selbst machen, denn man ist keine Fluggesellschaft. Anmeldungen sind Sache des Operating Carriers. Zumindest für diese Woche verkauft man nur noch Sylt-Tickets.

Immerhin befanden sich am vergangenen Wochenende an Bord der von IAS betriebenen Caravan eine einstellige Anzahl von Passagieren. Mehr als neun Fluggäste kann das einmotorige Flugzeug ohnehin nicht befördern. Gegenüber Airliners.de betonte das Unternehmen, dass man für das vergangene Wochenende gechartert wurde. Somit dürfte das „Airline-Karussell“ bei Green „Airlines“ weitergehen. Hinsichtlich dem Umweltschutz dürfte auch Laien klar sein, dass der Einsatz eines Großraumtaxis – zum Beispiel zwischen Paderborn und Westerland – weniger Kohlenstoffdioxid ausstößt als ein Flugzeug, egal ob 9 Sitze oder 100 Sitze. Ob die Weeze-Hecke den Schadstoffausstoß, der am vergangenen Wochenende produziert wurde, kompensieren kann, ist indes völlig unklar…

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