Green Airlines drückt sich vor Entschädigungen

Foto: Pixabay.
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Green Airlines drückt sich vor Entschädigungen

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Der deutsche Chartervermarkter Green Airlines weigert sich strikt Ausgleichszahlungen nach EU-Verordnung 261/2004 an jene Passagiere, die man sitzen gelassen hat, auszubezahlen. Nicht nur, dass die gesetzlichen Ansprüche auf Betreuungsleistungen und Ersatzbeförderung ignoriert werden, sollen die Betroffenen nun auch auf dem angerichteten Schaden sitzen bleiben.

Zur Abwehr berechtigter Ansprüche von Käufern, die mutmaßlich von diesem Unternehmen geprellt worden sein könnten – nach österreichischem Recht gilt die Unschuldsvermutung – drückt sich Green Airlines nun auch noch vor den Ausgleichszahlungen nach EU-VO 261/2004. Dafür leistet man sich gar einen Rechtsanwalt, der die Kundenforderungen „pulverisieren“ soll. Auf viele Reisende wirkt es durchaus abschreckend, wenn das Ansinnen nach der zustehenden Entschädigung gleich von einer Anwaltskanzlei negiert wird.

Aviation Direct liegt ein solcher Anwaltsbrief vor. Darin behauptet der Rechtsvertreter von Green Airlines, dass man nicht zur Zahlung der Ausgleichsleistung verpflichtet wäre, da das Unternehmen gar nicht der EU-VO 261/2004 unterliegen würde. Den Kunden gegenüber präsentiert sich der Chartervermarkter als „klimafreundliche Fluggesellschaft“ und prahlt auf der Homepage gar mit einer umweltfreundlichen Flotte. Wenn man aber rechtmäßig zustehende Forderungen von Passagieren erfüllen muss, will man plötzlich keine Airline mehr sein. Green Airlines ist juristisch gesehen gar keine Fluggesellschaft.

Konkret argumentiert eine Berliner Anwaltskanzlei, die im Auftrag des Chartervermarkters tätig ist, mit der Entscheidung C-292/18 des Europäischen Gerichtshofs. Zwei Fluggäste hatten Sundair geklagt, die zu diesem Zeitpunkt eine Betriebsgenehmigung beantragt hatte, jedoch noch nicht erteilt bekommen hatte. Mittels so genannter denkunmöglicher Rechtsauslegung, da Green Airlines laut LBA eben keine Betriebsgenehmigung beantragt hat, versucht man auf Grundlage zitierter Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs den geschädigten Fluggästen die Ausgleichszahlungen zu verwehren: „Art. 3 Abs. 5 in Verbindung mit Art. 2 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 ist dahin auszulegen, dass ein Unternehmen wie das am Ausgangsverfahren beteiligte, das eine Betriebsgenehmigung beantragt hatte, die ihm zu dem für die Durchführung der geplanten Flüge vorgesehenen Zeitpunkt jedoch noch nicht erteilt worden war, nicht unter diese Verordnung fallen kann, so dass die betroffenen Fluggäste keinen Anspruch nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. c und Art. 7 Abs. 1 dieser Verordnung auf Ausgleichsleistungen haben.“

EuGH klar auf der Seite der Reisenden

Dem gegenüber steht die Entscheidung C-532/17 des EuGH. In einem gegen Thomson Airways geführten Verfahren stellte der Europäische Gerichtshof vereinfacht gesagt fest, dass jenes Unternehmen, das die Flugstrecke festlegt, für die Ausgleichsleistungen nach EU-VO 261/2004 aufkommen muss. „Der Begriff „ausführendes Luftfahrtunternehmen“ im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs‑ und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 und insbesondere ihres Art. 2 Buchst. b ist dahin auszulegen, dass er das Luftfahrtunternehmen, das – wie das im Ausgangsverfahren in Rede stehende – einem anderen Luftfahrtunternehmen im Rahmen eines Vertrags über die Vermietung eines Flugzeugs mit Besatzung („wet lease“) das Flugzeug samt Besatzung vermietet, für die Flüge aber nicht die operationelle Verantwortung trägt, nicht erfasst, auch wenn es in der den Fluggästen ausgestellten Buchungsbestätigung über einen Platz auf einem Flug heißt, dass dieser Flug von dem erstgenannten Unternehmen ausgeführt wird.“

Somit ist davon auszugehen, dass die Causa Green Airlines in Kürze zahlreiche Klagen nach sich ziehen wird und möglicherweise der Umstand, dass die verkauften Charterflüge laut Alk Airlines gar nicht an den Operating Carrier bezahlt wurden, noch eine strafrechtliche Komponente beinhalten könnte. Für diese gilt nach österreichischem Recht die Unschuldsvermutung. Betroffene Passagiere sollten bei Problemen mit Ausgleichsleistungen einen Rechtsanwalt, ihre Rechtsschutzversicherung oder einen spezialisierten Inkassodienstleister zu Rate ziehen.

Greenwashing-Vorwürfe stehen im Raum

Green Airlines gibt sich besonders umweltfreundlich, doch ein Bericht von Airliners.de zeigt, dass das Unternehmen angeblich nur etwa 22 Tonnen Kohlenstoffdioxid kompensiert habe. Das ist nicht mal für einen Umlauf zwischen Paderborn und Sylt ausreichend. Naturefund, der als Kooperationspartner dienen soll, erhebt dabei schwere Vorwürfe, die in Richtung Greenwashing gehen.

Besonders pikant erscheint auch der Umstand, dass Green Airlines während der Buchung Spenden sammelt und für diese illegal auch Zahlungsgebühren verlangt. Im Artikel von Airliners.de äußert sich das Projekt Streuobstwiesen dahingehend, dass man keine größeren Spenden von dieser Firma erhalten habe. Überhaupt ist dem Vorstand eine Zusammenarbeit mit Green Airlines nicht erinnerlich. Ähnlich äußert sich auch der Karlsruhe Verkehrsverbund, der auf der Homepage von Green Airlines ebenfalls als Partner angeführt wird.

Bemerkenswert ist auch, dass sich Green Airlines gegenüber Airliners.de vor Interviews drückte und überhaupt zu diesem Thema äußerst wortkarg gab. In Branchenkreisen wurde die angepriesene „Überkompensierung“ der Kohlenstoffdioxid-Emissionen schon länger angezweifelt. Die Recherchen von Airliners.de zeigen, dass lediglich 22 Tonnen Kohlenstoffdioxid kompensiert wurden und man es auch sonst alles andere als transparent gestaltet. Man gibt sich zugeknöpft und verweist darauf, dass es noch in „Ausarbeitung“ wäre. Eine ziemlich merkwürdige Aussage, wenn man bedenkt, dass selbst die Ultrakurzstrecke zwischen Köln und Paderborn als „klimafreundlichster Weg“ beworben wird und man gleichzeitig noch in der Ausarbeitung der Umweltprojekte ist?

Airliners.de und die FVW erheben den Vorwurf, dass Green Airlines so genanntes „greenwashing“ betreiben würde. Dazu passt ganz gut, dass man eine fast 30 Jahre alte Boeing 737-300 sowie nicht ganz junge A319 als modern und umweltfreundlich darstellt. Den Maschinentyp Embraer 190 rückte man hinsichtlich dem Treibstoffverbrauch und der Kohlenstoffdioxid-Emissionen pro Sitzplatz zu Unrecht in die Öko-Ecke. Das E1-Modell ist deutlich treibstoffdurstiger als der Nachfolger E2. Rechnerisch gesehen sind selbst A319 und Boeing 737-700 sauberer, wenn man eben pro Sitzplatz rechnet.

Angesichts der vielen Vorwürfe, die gegen Green Airlines im Raum stehen sowie des Umstands, dass man – warum auch immer – bei einem Briefkastendienstleister „residiert“ stellt sich die Frage wie lange man noch am Markt bestehen kann. Zum Führen einer echten Fluggesellschaft gehört deutlich mehr als dies als Freizeitprojekt eines Airline-Plunderverkäufers und eines Software-Programmierers zu machen. Insbesondere sollte man sich mit dem Thema Umweltschutz nicht „spielen“, denn viele echte Airlines und Flughäfen haben ambitionierte Projekte, die durch einen Anbieter, der seine Passagiere sitzen lässt, sich vor Ausgleichszahlungen drückt und Intransparenz im Bereich Umweltschutz walten lässt, geschädigt werden könnten, da sie möglicherweise unglaubwürdig erscheinen könnten.

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