Wien: Die Uhr tickt für Eurowings Europe

Airbus A320 (Foto: Leipzig/Halle Airport, Uwe Schoßig).
Airbus A320 (Foto: Leipzig/Halle Airport, Uwe Schoßig).

Wien: Die Uhr tickt für Eurowings Europe

Airbus A320 (Foto: Leipzig/Halle Airport, Uwe Schoßig).
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Eurowings konnte am Flughafen Wien-Schwechat nie richtig Fuß fassen, wenn man mal vom Österreich-Deutschland-Verkehr absieht. Eine großangelegte Expansion, die auch zur Folge hatte, dass einige Austrian-Airlines-Routen an die Konzernschwester abgegeben wurden, war nicht vorn Erfolg gekrönt.

Abseits der Deutschland-Strecken konnte sich die Marke Eurowings in Wien nie richtig etablieren, denn das Billigbrand der Lufthansa Gruppe wurde vom Markt nicht wirklich angenommen. Dazu kam, dass es mit Lauda, Wizz Air und teilweise auch Level preisoffensive Alternativen gab, die sich deutlich negativ auf den Absatz bei Eurowings ausgewirkt haben.

Also musste eine neue Strategie her und diese sah vor, dass mit Ausnahme der Deutschland-Strecken alle Eurowings-Routen ab Wien aufgegeben werden. Teilweise wurden diese von Austrian Airlines übernommen. Im Deutschland-Verkehr wurden Nürnberg und Hannover wieder an die AUA zurückgegeben, denn das Experiment diese unter der Marke Eurowings anzubieten brachte nicht den gewünschten Erfolg.

Auch Flucht in AUA-Wetlease gescheitert

Vor der Pandemie wurde zwischen Eurowings Europe und Austrian Airlines vereinbart, dass insgesamt fünf Airbus A320 im Rahmen einer Wetlease-Vereinbarung für die AUA fliegen werden. Damals war Austrian Airlines aus Expansionskurs und erweiterte mit den fünf Maschinen die Kapazität. Im Gegenzug wurden die Eurowings-Strecken ab Wien – abgesehen von den Deutschland-Routen – eingestellt. Doch Corona mischte die Karten komplett neu.

Austrian Airlines musste Kurzarbeit anmelden und zum wiederholten Male in der Firmengeschichte Staatshilfe in Anspruch nehmen. Die angemieteten Eurowings-Maschinen wurden überflüssig, denn auch die eigene Flotte wurde verkleinert. Somit wurde der Wetlease-Vertrag beendet. Die Eurowings-Europe-Basis Wien ist seit längerer Zeit nur noch „virtuell“. Zwar gibt es stationierte Flugzeuge und Personal, jedoch nur gelegentliche Flüge für Eurowings Deutschland.

Aufgrund der Kurzarbeit war dies bislang nicht wirklich ein Problem, denn Eurowings Europe hat die Wiener Belegschaft seit dem Beginn der Corona-Pandemie in dieser Behilfemaßnahme. Langfristig scheint die Geschäftsleitung um Robert Jahn aber keine Perspektive mehr zu sehen. Co-Geschäftsführer Dieter Watzak-Helmer ist bereits Mitte 2021 aus dem Unternehmen ausgeschieden, so dass der Carrier derzeit nur einen Geschäftsführer hat.

Eurowings Europe soll in Prag und Stockholm-Arlanda wachsen

Der Betriebsrat von Eurowings Europe informierte die Belegschaft der Basis Wien in einem Aviation.Direct vorliegenden Schreiben darüber, dass eine signifikante Verkleinerung der Homebase am Flughafen Wien-Schwechat geplant ist. Die Geschäftsleitung sieht hier keine Perspektive mehr. Im Worst-Case könnte die Basis Wien, die ohnehin nur noch „virtuell“ tätig ist, gänzlich geschlossen werden. Die Folge daraus: Das Personal steht vor der Wahl zu unterirdischen Löhnen nach Prag zu wechseln oder nach Stockholm-Arlanda zu gehen. Theoretisch könnte es noch Möglichkeiten in Pristina und Palma de Mallorca geben.

Damit es zumindest ein bisschen Arbeit für die Basis Wien gibt, muss diese beim Aufbau der neuen Niederlassung in Schweden mithelfen. Vorgesehen ist, dass Wiener Crews dort fliegen und anschließend durch lokales Personal ersetzt werden. Zumindest in der Theorie dürfte es aber möglich sein sich dauerhaft nach Arlanda versetzen zu lassen.

Und dann fällt auch ein Wort, das in Österreich bereits beim Mitbewerber Lauda für Aufsehen sorgte: Kollektivvertrag. Laut Betriebsrat soll es die Eurowings-Europe-Geschäftsführung zur Bedingung machen, dass der bestehende KV angepasst wird damit zwei Maschinen in Wien verbleiben. Dennoch würde das bedeuten, dass drei Airbus A320 samt Belegschaft abgebaut werden. Unter „Anpassen“ versteht man selbstredend die Senkung der Löhne. Eine ähnliche Strategie hat im Vorjahr die Laudamotion-Geschäftsführung verfolgt, jedoch kam es trotz öffentlichkeitswirksamer Maßnahmen nach der Unterfertigung des Eckpunktepapiers zu keinem KV-Abschluss, denn man verlor das Interesse und zog lieber den maltesischen Nachfolger Lauda Europe auf. Dennoch kommt es jetzt auch bei Eurowings Europe dazu, dass man am KV „schrauben“ möchte.

Flugbegleiter-Löhne bei Austrian Airlines niedriger als bei Eurowings Europe

Es gibt übrigens eine fast unbekannte Besonderheit, denn völlig zu unrecht wird gelegentlich behauptet, dass Austrian Airlines im direkten Vergleich mit Mitbewerbern Spitzenlöhne bezahlen würde. Das Gegenteil ist der Fall, denn die AUA ist die billigste Produktionsplattform der Lufthansa Group in der D-A-CH-Region. Bei keinem anderen Konzernmitglied sind die Gehälter so niedrig wie bei Austrian Airlines. Das schließt auch Eurowings Europe ein, denn hier verdienen Flugbegleiter mehr als ihre Kollegen der AUA. Genau dieser Umstand könnte nun der Eurowings-Europe-Geschäftsleitung ein Dorn im Auge sein, denn der gegenüber der Konzernschwester höhere Verdienst ist im Kollektivvertrag festgeschrieben.

Der Betriebsrat ist erschüttert davon, dass Eurowings keine Marktmöglichkeiten in Wien sieht und das obwohl die Mitbewerber Wizz Air und Ryanair auf Expansionskurs sind. Für die Belegschaft der Eurowings Europe ist das natürlich keine gute Nachricht, aber Eurowings hat bereits vor der Corona-Pandemie eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass der Wiener Markt das Produkt nicht angenommen hat. Andernfalls hätte man an diesem festgehalten und das Brand nicht – abgesehen von den Deutschland-Strecken – zurückgezogen und teilweise wieder an die Schwester Austrian Airlines übergeben. Allerdings muss man auch hinzufügen, dass es nie großangelegte Werbekampagnen für Eurowings im Raum Wien gegeben hat.

Natürlich gibt es auch einen Plan B, den Ryanair mit Lauda bereits erfolgreich durchgezogen hat. Eine ordentliche Drohkulisse aufbauen, dass viele Arbeitsplätze verloren gehen könnten und früher oder später werden jene Mitarbeiter, die an ihrem Job hängen, schon mitspielen und Kürzungen ihrer Bezüge zustimmen. Letztlich dürfte bei Eurowings Europe klar sein, dass man Austrian Airlines nicht mehr als Wetlease-Kunden hat und mit ein paar wenigen Flügen für Eurowings nach Deutschland zu wenig Arbeit da ist. Arbeit gibt es in Prag zu auch für lokale Verhältnisse niedrige Konditionen, in Stockholm-Arlanda, Pristina und Palma de Mallorca. Ob es aber für jeden Mitarbeiter, dem noch dazu ein sicherer Arbeitsplatz bei der Lufthansa-Tochter Eurowings Europe versprochen wurde, so einfach ist kreuz und quer durch Europa umzuziehen, um den Job – dann zu lokalen Konditionen – behalten zu können, steht auf einem ganz anderen Blatt.

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