Ryanairs verkorkste Multi-Brand-Strategie

Malta-Air-Logo in einer Boeing 737-800 (Foto: Jan Gruber).
Malta-Air-Logo in einer Boeing 737-800 (Foto: Jan Gruber).

Ryanairs verkorkste Multi-Brand-Strategie

Malta-Air-Logo in einer Boeing 737-800 (Foto: Jan Gruber).
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Viel angekündigt und wenig bis nichts davon umgesetzt, mit diesen Worten lässt sich wohl die “Multi-Brand-Strategie” von Ryanair-Chef Michael O’Leary am besten Beschreiben. Mit dem Zukauf von Lauda wollte man sich eigentlich eine Zweitmarke in den Konzern holen, die eben Passagiere ansprechen sollte, die niemals bei Ryanair buchen würden. Teilweise ist das sogar gelungen, denn selbst manche Medien schreiben gelegentlich von “Lauda Air”, obwohl diese lange nicht mehr existiert und formal kein Zusammenhang besteht.

Sehr schnell wurde dann auch mit Malta Air eine “zweite Zweitmarke” angekündigt und kurz darauf folgte, dass die polnische Ryanair Sun ab Herbst 2019 mit eigener Identität als “dritte Zweitmarke” auftreten soll. Was Michael O’Leary mit drei Subbrands neben Ryanair erreichen wollte, war der Branche von Anfang an ein Rätsel.

Die Produkte von Lauda und Ryanair waren in den ersten Monaten tatsächlich unterschiedlich. Beispielsweise kassierte die Mainline schon wesentlich früher für Handgepäck-Trolleys extra und hatte ein komplett anderes Speisen- und Getränkeangebot an Bord. Doch damit ist seit Beginn der Sommerflugplanperiode 2019/2020 Schluss, so dass die Produkte deckungsgleich waren. Lediglich flog Lauda mit A320 und Ryanair mit Boeing 737-800 und in den Maschinen sind andere Sitze verbaut. Das war es dann aber auch schon mit den Unterschieden.

Mittels diesem Sticker werden Passagiere darauf aufmerksam gemacht, dass diese Boeing 737-800 von Malta Air betrieben wird (Foto: Jan Gruber).

Wie sieht es eigentlich bei Buzz und Malta Air aus? Die Kabinen sind komplett identisch mit jenen von Ryanair und unterscheiden sich nur durch das Logo auf den Sicherheitskarten. Bislang hat man bei Buzz darauf verzichtet das Logo auf den Safetycards einzusetzen, denn hier ist noch immer jenes von Ryanair Sun zu sehen. Übrigens: So lautet auch weiterhin der offizielle Namen des Unternehmens. Bei Malta Air ist rechts neben der Eingangstür ein Sticker “operated by Malta Air” angebracht. Flugzeuge, die von Buzz und Ryanair UK betrieben werden, haben keinen solchen Aufkleber. Zuletzt wurde Lauda sogar die Identität endgültig genommen, denn geflogen wird nur noch unter FR-Flugnummern im Auftrag von Ryanair.

Da ist die regulatorische Notwendigkeit, dass bei der Buchung auf die durchführende Airline hingewiesen werden muss, wohl eher ein bisschen scherzhaft zu verstehen, dass es sich dabei um “echte Lauda-Flüge” handelt. Selbiges gilt übrigens für Malta Air, denn hier tragen die Crews Ryanair-Uniformen. Bei Buzz hingegen gibt es seit Herbst 2019 eine eigene Dienstkleidung.

In Renton stehen übrigens mehrere Boeing 737-Max-200 herum, die in den Farben von Malta Air und Buzz lackiert sind. Sofern diese jemals abgenommen werden, könnte damit zumindest die Livery als eigene Identität herumfliegen. Lauda macht es ja momentan vor und neuerdings mit maltesischem AOC. Die Wahrscheinlichkeit, dass Michael O’Leary nach dem hausgemachten Desaster rund um Lauda tatsächlich die Töchter unter eigener Flugnummer und eigenem Werbe-Außenauftritt ins Rennen schickt, ist unwahrscheinlich. Aus streckenrechtlichen Gründen wird man das schon machen, beispielsweise dann, wenn man ab Polen unter dem FR-Code sonst nicht das Nonschengen-Ziel anfliegen könnte. Aber eine Ryanair Group mit einer Vielzahl von Töchtern, die ihre eigene Suppe kochen, wird es unter Michael O’Leary mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht geben. Da sitzen die Erfahrungen im Zusammenhang mit Lauda wohl viel zu tief in den Knochen, denn man verlor doch sehr viel Geld.

Ryanair-Sun-Logo in einer Boeing 737-800 von Buzz (Foto: Jan Gruber).

Das “Abblasen” der Multi-Brand-Strategie dürfte aber nicht erst “wegen Corona” beschlossen worden sein, denn schon im Herbst 2019 wurden weder der angekündigte eigene Auftritt von Malta Air, noch jener von Buzz geliefert. Der polnischen Firma verpasste man im Handelsregister noch immer nicht ihren neuen Namen.

Michael O’Leary wird es wahrscheinlich nicht gerne zugeben, doch er hat gravierende Fehler gemacht. Eine Multi-Brand-Strategie macht nur dann Sinn, wenn die Produkte unterschiedlich sind und verschiedene Zielgruppen ansprechen. Eine “Airbus-fliegende Ryanair mit Lauda-Logo” ist einfach zu wenig, um damit neue Kundengruppen erschließen zu können. Es macht überhaupt keinen Sinn Ryanair dreimal und zusätzlich nocheinmal als Brexit-Absicherung zu klonen, andere Logos draufkleben. Da kann man gleich alles unter dem etablierten Brand “Ryanair” fliegen lassen. Und genau diese Erkenntnis dürfte nun Michael O’Leary erlangt haben, weshalb die Multi-Brand-Strategie offensichtlich abgeblasen ist.

Aber der eigentliche Zweck des Konglomerats an Tochtergesellschaften liegt wohl eher wo ganz anders. Ryanair kann die Töchter gegeneinander und gegen sich selbst ausspielen. Sogar einen Kollektivvertrag konnte man in Österreich mit der Drohung, dass Lauda zugesperrt wird und eben Ryanair und andere Konzernairlines die Flüge übernehmen, durchsetzen. Mittlerweile tummeln sich in Wien Lauda Europe, Malta Air, Buzz und Ryanair DAC. Nach außen hin wird alles als Ryanair vermarktet, wobei besonders obskur erscheint, dass man auf Screens an den Schaltern alle Logos zeigt. Wozu? Für Passagiere ist das verwirrend. An Bord scheint übrigens jede Crew so zu begrüßen wie es ihr gerade passt und zwar insbesondere bei Lauda. Das ist nicht verwunderlich, denn auch wenn man früher als Niki für Air Berlin Wetlease flog, begrüßte man auch auf dem Niki-Flug und erwähnte oftmals die Muttergesellschaft nicht. Dass Lauda-Flugzeuge von außen anders aussehen und innen eine Kabine haben, die enorm stark von jener der anderen Konzernairlines abweicht, ist offensichtlich. Doch: Die Flugnummer ist FR, auf der Bordkarte steht Ryanair und dann ist die Rede von Lauda? Selbiges kann auch bei Malta Air und Buzz passieren, denn je nach Lust und Laune der Flugbegleiter begrüßt man am “Ryanair-Flug, durchgeführt von Buzz bzw. Malta Air” oder aber am “Buzz-Flug” bzw. “Malta-Air-Flug”. Bei der polnischen Tochter kommt noch dazu, dass lediglich auf den Uniformen der Crews das Buzz-Logo zu sehen ist, denn auf den Sicherheitskarten, die genau wie bei Ryanair auf den Sitzen festgeklebt sind, sieht man Ryanair Sun und eine lächelnde Sonne.

Aus einer angekündigten Multi-Brand-Strategie wurde eher ein Chaos, das für Passagiere schwer zu druchblicken ist. Müssen sie auch nicht, denn es genügt, wenn das Personal weiß, dass wenn sie nicht “produktiver” arbeiten, dass sie einfach durch die Konzernschwester ersetzt werden, die angeblich um so viel billiger produzieren kann. Wenn diese dann zu teuer ist, kommt die nächste Schwesterairline. Das scheint der eigentliche Zweck der Multibrand-Strategie zu sein, denn auch bei der Mainline kann man mit der Drohung auf eine Tochter zu verlagern und alle zu kündigen durchaus so einiges durchsetzen. Was eine Zusage, dass eine Basis offen bleibt bei Ryanair wert ist, sieht man nun bei Lauda in Düsseldorf. Genau gar nichts und schuld sind immer die anderen.

Screen über einem Gepäckabgabeschalter mit den Logos von Ryanair, Buzz, Lauda und Malta Air (Foto: Jan Gruber)

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