Busfahrer: Gewerkschaft Vida warnt vor Lockerungen der Lenk- und Ruhezeiten

Logo der Gewerkschaft Vida (Foto: Jan Gruber).
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Busfahrer: Gewerkschaft Vida warnt vor Lockerungen der Lenk- und Ruhezeiten

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Die österreichische Verkehrsgewerkschaft Vida warnt eindringlich davor, dass das Aufweichen der strengen Lenk- und Ruhezeiten für Busfahrer im Gelegenheits- und Reiseverkehr ein hohes Sicherheitsrisiko darstellen würde. Gleichzeitig komme dies auch einem massiven Sozialabbau gleich.

Viele Verkehrsunternehmen haben derzeit zu wenige Buslenker bzw. stehen aufgrund anstehender Pensionierungen kurz davor Personalengpässe zu bekommen. Nicht zuletzt wegen hoher Kosten, die oftmals selbst aufgebracht werden müssen, scheuen sich viele jüngere Menschen davor den Klasse-D-Führerschein zu machen. In der Vergangenheit profitierte die Branche davon, dass viele männliche Lenker ihre Lizenzen im Rahmen von Militärdiensten machen konnten. Dort konnte vergleichsweise preiswert die Klasse C (LKW) gemacht werden und später in einen zivilen Schein umgeschrieben werden. Wenn bereits der C-Führerschein vorhanden ist, dann ist es in den meisten Fahrschulen wesentlich günstiger die Klasse D-Berechtigung nachträglich zu machen.

Geht es nach einer vorläufigen Einigung zwischen Europäischen Parlament, Rat und der EU-Kommission soll es zukünftig möglich sein, dass der bisherige Anspruch der Busfahrerer im Gelegenheitsverkehr auf eine durchgehende tägliche Pause von 45 Minuten in drei Pausen zu je 15 Minuten zerstückelt werden kann. Auch die drohende Anwendung der sogenannten 12-Tage-Regelung auf nationaler Ebene bedeute laut Karl Delfs, Bundessekretär des Fachbereichs Straße in der Gewerkschaft, nichts anderes, als dass Lenker 12 Tage lang mit nur einer 24-stündigen Ruhezeit in diesem Zeitraum auch im Inland durchfahren könnten. Bisher war dies nur im grenzüberschreitenden Verkehr möglich, erklärt der Arbeitnehmervertreter.

„Eine solche Flexibilisierung der Lenk- und Ruhezeiten entspricht weder den Bedürfnissen der Fahrer nach ausreichender Erholung in den Pausen, noch wären noch mehr übermüdete Lenker im Interesse der Reisenden und der Verkehrssicherheit“, gibt Delfs zu bedenken. Der Vida-Gewerkschafter appelliert daher an die EU-Abgeordneten, dieser Regelung im Parlament nicht zuzustimmen: „Die Profitbedürfnisse der Touristikwirtschaft und Buslobby dürfen nicht über die Sicherheit der Menschen gestellt werden.“ Aber auch Kommission und Rat sollten sich ins Bewusstsein rufen, was solche Verschlechterungen für die kommende EU-Wahl im Juni bedeuten könnten. „Wie soll da ein Buslenker noch an das Projekt Europa glauben können“, fügt Delfs hinzu.

Gewerkschaft verweist auf Studien zur Übermüdung von Fahrern

Studien zur Übermüdung von Berufskraftfahrern haben schon 2021 erschreckende Ergebnisse geliefert. Laut einer Studie der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF) müssen bis zu zwei Drittel der LKW- und Busfahrer mit chronischer Müdigkeit ans Steuer. 60 Prozent der LKW- und 66 Prozent der rund 2.900 befragten Busfahrer gaben an, regelmäßig unter Müdigkeit fahren zu müssen. Laut ETF-Studie sind schlechte Arbeitsbedingungen wie unregelmäßige und lange Arbeitszeiten sowie unzureichende Ruhe- und Pausenzeiten die Hauptursachen für die Müdigkeit am Steuer, so Delfs.

Bestätigt wurde dies auch durch eine im Jahr 2023 unter über 1.300 Busfahrern aus ganz Europa durchgeführte Umfrage der ETF, wonach 80 Prozent einen Ausstieg aus der Branche in Betracht ziehen würden, wenn die EU-Kommission ihren Vorschlag zur Überarbeitung der Lenk- und Ruhezeitvorschriften im Reisebustourismus vorantreiben würde. Als Reaktion auf die Möglichkeit von 12 aufeinanderfolgenden Fahrtagen gaben ebenfalls 80 Prozent der Fahrer an, dass es schwierig oder fast unmöglich sei, die Sicherheit ihrer Passagiere zu gewährleisten; 83 Prozent antworteten, dass dies zu mehr Müdigkeit und arbeitsbedingtem Stress führen würde, während 74 Prozent bestätigten, dass es sich negativ auf ihre Gesundheit auswirken würde. Auch die von den Arbeitgebern forcierte Idee, die täglichen Pausen in kleinere Abschnitte von 15 Minuten oder weniger aufzuteilen, stieß in der Umfrage auf Bedenken: 85 Prozent der Fahrer antworteten, dass dies zu mehr Ermüdung, Arbeitsdruck und Stress führen würde. Über 70 Prozent gaben an, dass für einen Snack oder die Nutzung der Sanitäranlagen keine Zeit bleibt.

„Übermüdung und Sicherheitsrisiken können nur mit guten Arbeitsbedingungen, durch faire Bezahlung und Schutz durch gute Regeln reduziert werden. Wenn das schon nicht der EU-Kommission und dem Rat einleuchten will, hoffe ich zumindest auf die Vernunft der Europaparlamentarier. Sie müssen dem drohenden Sozialabbau und den Sicherheitsrisiken einen Riegel vorschieben“, bekräftigt Delfs abschließend.

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