Impfstofftransport wird Herausforderung für Luftfracht

Auch die Boeing 747-400F dürfte in der Impfstoff-Logistik eine wichtige Rolle spielen (Foto: M. David)
Auch die Boeing 747-400F dürfte in der Impfstoff-Logistik eine wichtige Rolle spielen (Foto: M. David)

Impfstofftransport wird Herausforderung für Luftfracht

Auch die Boeing 747-400F dürfte in der Impfstoff-Logistik eine wichtige Rolle spielen (Foto: M. David)
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Es dürfte wohl die größte humanitäre Aufgabe in der bisherigen Geschichte des Luftfrachtverkehrs werden, in den kommenden Monaten Milliarden an Impfstoffdosen gegen das Covid-19-Virus auszuliefern. Akribisch bereiten sich derzeit die Impfstoffhersteller, Logistiker wie Airlines in aller Welt auf den herausfordernden Transport vor, denn einzelne Impfstoffe verlangen einen gesicherten Transport bei bis zu -70 Grad Celsius. Der Dachverband der Fluggesellschaften IATA erwartet bis zu achttausend Transportflüge, die benötigt werden, um eine Versorgungssicherheit für die derzeitige Weltbevölkerung über 7,8 Milliarden Menschen sicherzustellen.

Logistikriesen wie DHL, UPS, Fedex sowie andere führende Logistikunternehmen stehen bereits seit längerem in intensiven Gesprächen mit Impfstoffherstellen wie Biontech, Pfizer oder Moderna. Dabei geht es zum einen um einen entsprechend zeitnahen Transport jener Präparate, welche bereits von dutzenden Ländern gesichert wurden, andererseits um notwendige logistische Modalitäten. Denn je nach Hersteller der Impfstoffdosen unterscheiden sich deren Voraussetzungen ihres Transportes. Während jene von Biontech oder Pfizer eine durchgehende Kühlkette von etwa -70 Grad Celsius verlangen, orientieren sich andere Präparate an der üblichen für medizinische Produkte geltende Temperaturnorm zwischen 2 und 8 Grad. Um auf die unterschiedlichen Transportbedingungen entsprechend vorbereitet zu sein, rüsten sich derzeit Handling-Unternehmen und Airlines mit entsprechend konstruierten Containern aus, mit denen bis zu 100.000 Impfstoffdosen transportiert werden können. Kostenpunkt etwa 15.000 Euro.

“Im Flugzeug und auf Lkw kommen die Präparate in Kunststoffboxen mit Trockeneis, also gefrorenem CO2. Solche Boxen könnten eine Temperatur von minus 70 Grad bis zu sechs Tage halten”, erklärt Thomas Ellmann, Vice President Life Sciences & Healthcare bei DHL Freight. Erfahrungen zieht man dazu aus dem Transport von Ebola-Impfungen, die ebenfalls in gekühlten Zustand von den Produktionsstätten in die jeweiligen Regionen gebracht werden mussten. Insbesondere dürfte auch diesmal die Verteilung der Präparate, welche vornehmlich in den USA und Europa hergestellt werden, nach Afrika, aber auch in bestimmte Regionen in Asien, Mittel- und Südamerika eine logistische Herausforderung darstellen. Es wird daher erwartet, dass bis 2023 für die Verteilung von etwa 10 Milliarden Impfdosen bis zu 8000 Transportflüge weltweit notwendig sind, wie die IATA erhob.

DHL-Manager Ellmann betont allerdings, dass der Lufttransport nur ein Teil der Logistikkette ist, vieles wird von den staatlichen Rahmenbedingungen sowie Lager- und Verteilungskapazitäten abhängen. So müssten die jeweiligen Zollverfahren vereinfacht werden, in vielen Ländern würde es nach wie vor noch an einer entsprechenden Impfstrategie fehlen. Auch beim Landtransport seien noch wichtige Hürden zu klären, immerhin gelte es auch in widrigsten Regionen der Welt die jeweils notwendige Kühlkette einzuhalten. In den USA und Europa verzeichnen bereits jetzt die großen Logistikunternehmen starke Nachfragen nach Transportkapazitäten ihrer Kühl- und Pharma-Trailern. Gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung bringt es Fedex-Europachefin Karen Reddington auf den Punkt: „Covid-19-Impfstoffe setzen eine umfangreiche Logistik-Expertise voraus, damit sie effektiv in großen Stückzahlen auf der ganzen Welt verteilt werden können – ganz anders als bei traditioneller Fracht. Von geeigneter Temperaturkontrolle bis hin zur schnellen Verzollung: das ist alles andere als ein gewöhnlicher Transport.“

Abseits der Logistikriesen DHL, UPS und Fedex bereiten sich allerdings auch einzelne große Frachtfluggesellschaften wie KLM Martinair Cargo, Air France Cargo, Cargolux, Volga-Dnepr Cargo, Lufthansa Cargo oder Handlingunternehmen wie Swissport auf die kommenden Transportflüge mit Impfstoffdosen vor. Dazu wurden bereits Frachtsendungen erprobt, um Abläufe und Einhaltungen jeweils notwendiger Kühltemperaturen zu demonstrieren. So flog Turkish Cargo bereits Präparate im Kampf gegen Covid-19 von China über Istanbul nach Sao Paulo in Brasilien, transportiert in sieben temperaturgeregelten Spezialcontainern. Wie das Unternehmen betont, hat man deshalb einen sogenannten pharmazeutischen Korridor eingerichtet, um Impfstoffe, aber auch andere Arzneimittel, zwischen den wichtigsten Destinationen in ihrem Frachtnetzwerk zwischen Europa und Asien problemlos und zeitgerecht zu transportieren.

In Österreich sind die beiden Luftfrachtflughäfen Wien und Linz bereits seit langem mit entsprechender Infrastruktur ausgestattet, um pharmazeutische Produkte und somit auch die Impfstoffe gegen Covid-19 problemlos handeln zu können. In welchen Umfang die beiden Flughäfen in einen entsprechenden Logistikprozess eingebunden werden, dürfte wohl davon abhängige, welche Hersteller zu welchen Zeitpunkt und in welcher Menge die notwendige Zulassung für ihre Präparate bekommen.

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Michael David ist Redakteur bei Aviation.Direct und beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit den Themen Luftverkehr in Österreich, insbesondere der Regionalflughäfen, ist leidenschaftlicher Spotter und in der Szene der Flughafenfreunde, insbesondere für den Verein der Freunde des Flughafens Linz als Vorstandsmitglied, aktiv.
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