Kaum eine andere Fluggesellschaft schafft es in ähnlicher Häufigkeit in die Negativ-Schlagzeilen zu kommen wie die estnische Condor-Konzernschwester Marabu Airlines. Mittlerweile werden besonders in Luftfahrtforen Stimmen, dass das deutsche Luftfahrt-Bundesamt einschreiten müsse, immer lauter.
Es steht ganz in der Tradition von Condor, dass man sich Tochter- bzw. Schwestergesellschaften bedient, um Kosten senken zu können. Beispielsweise gab es in der Vergangenheit mit Condor Berlin, Thomas Cook Aviation und Thomas Cook Balearics gleich mehrere konzerninterne ACMI-Provider, die billiger produzieren sollten als das nahe Frankfurt ansässige Unternehmen. Der Grund dafür ist relativ simpel: Man steht auf vielen Routen in scharfem Wettbewerb mit Billigfliegern, Feriencarriern, aber auch dem ehemaligen Mutterkonzern Lufthansa.
Viele Airlines in Deutschland vom Markt verschwunden
Der deutsche Ferienflieger-Markt ist mittlerweile auf nur noch wenige Anbieter mit deutschem AOC zusammengeschrumpft. Einst gab es eine Vielzahl kleinerer Airlines, die in diesem Segment tätig waren, jedoch gingen diese entweder pleite oder wurden von größeren Anbietern geschluckt (und gingen wie das Beispiel LTU/Air Berlin dann mit diesen in Konkurs). Condor ist nur noch deshalb auf dem Markt, weil die deutsche Bundesregierung gleich mehrfach finanzielle Feuerwehr spielte. Offenbar hatte der Carrier bessere Argumente als beispielsweise Air Berlin, denn diese wurde zerschlagen und dichtgemacht.
Interessanterweise stellt sich Condor immer wieder als absoluter „Underdog“ dar. Zum Beispiel stellte man es bei der Thomas-Cook-Pleite so dar, dass man als „profitables Unternehmen unverschuldet mit den in Strudel“ gezogen wurde. Der Steuerzahler „durfte“ einspringen, dann kamen Corona und der geplatzte Verkauf an die Lot-Mutter PGL und wieder mal machte die Bundesregierung Geld locker. Fakt ist dabei aber auch, dass definitiv deutsche Arbeitsplätze gerettet werden konnten.
Condor-Flotte darf wegen Staatskredit nicht ausgebaut werden
Im so genannten „Kleingedruckten“ sind aber Klauseln enthalten, die andere Anbieter vor Wettbewerbsverzerrung schützen sollen. Unter anderem ist die Flottengröße bis zur Abzahlung der staatlich garantierten Kredite eingefroren. Mit anderen Worten: Condor darf nicht auf dem eigenen AOC expandieren, jedoch ist genau das angesichts der momentan äußerst hohen Nachfrage das Gebot der Stunde. Das Finanzunternehmen Attestor, das dem Bund die Mehrheit abgekauft hat, hat logischerweise ein großes Interesse daran, dass Condor so profitabel wie möglich ist.
Ruft man sich ins Gedächtnis, dass der Ferienflieger wegen der Klauseln rund um die Staatshilfe die Flotte nicht nennenswert vergrößern, wohl aber erneuern, darf und gleichzeitig die Gewerkschaften angesichts der enormen Teuerungen immer wieder auf der Matte stehen und mehr Geld fürs deutsche Personal fordern, muss eine Lösung her. Diese hatte Condor schon gleich in der Schublade, denn was früher mit Condor Berlin, Thomas Cook Aviation und Thomas Cook Balearics mehr oder weniger funktioniert hat, könnte auch jetzt klappen.
Wohlgemerkt ist Marabu Airlines keine Tochtergesellschaft der Condor, sondern eine Konzernschwester. Beide Anbieter stehen im Mehrheitseigentum von Attestor und sind auch sonst äußerst eng verbandelt. Zum Beispiel ist der einstige Condor-Vertriebschef als Geschäftsführer zur „kleinen Schwester“ gewechselt. Im Bereich des Vertriebs ist die estnische Marabu Airlines komplett an Condor angedockt. Nutzung von Synergien nennt man dies in der „Managersprache“.
Der „Plan“ ist eigentlich simpel: Marabu Airlines übernimmt einige Strecken von Condor, die aber weiterhin über den deutschen Ferienflieger vermarktet werden, bietet ein fast deckungsgleiches Kurzstreckenprodukt an und ermöglicht somit, dass Condor Flugzeuge freibekommt, die auf anderen Routen eingesetzt werden können. Eigentlich genau so wie es früher mit Condor Berlin, Thomas Cook Aviation und Thomas Cook Balearics gemacht wurde. Die Kunden buchen über Plattformen der Condor und sind währenddessen und auch danach permanent mit dem Logo von Condor konfrontiert.
Viele nehmen „Marabu“ bei der Buchung nicht wahr
Für viele Deutsche findet in diesem Jahr der erste Urlaub seit dem Beginn der Corona-Pandemie statt. Man will möglichst billig von A nach B kommen und da übersieht man schon mal, dass MBU nicht der ICAO-Code von Condor ist. Und auch Hinweise wie „durchgeführt von Marabu Airlines“ beachtet man nicht, weil man bucht ja bei „Deutschlands beliebtestem Ferienflieger“, zu dem sich Condor selbst gekürt hat. Dass man sich damit auf eine Ebene mit „Europas beliebtester Fluggesellschaft“, also Ryanair, stellt, die ebenfalls keinerlei Belege für die Behauptung nennen kann, ist ja egal. Condor ist ja sowieso so beliebt, dass man eigentlich gar keine Werbung bräuchte…
Der deutsche Ferienflieger verärgerte bereits in der Vergangenheit mit dem Einsatz von „Partnerairlines“ den einen oder anderen Kunden. Gebucht wurde bei „Deutschlands beliebtestem Ferienflieger“, die operative Durchführung erfolgte dann zum Beispiel durch Smartlynx, deren Performance auf der Langstrecke dazu führte, dass Condor nach mehreren negativen Medienberichten die Zusammenarbeit beendet hat. Mit Marabu Airlines setzt man allem noch die sprichwörtliche Krone auf, denn seit der Betriebsaufnahme kommt das estnische Unternehmen, das selbst nur über zwei Airbus A320neo verfügt und den Rest von Subunternehmern erledigen lässt, nicht aus den Negativschlagzeilen heraus.
Viele Passagiere sind auch deshalb massiv verärgert, weil diese ursprünglich tatsächlich einen Condor-Flug gebucht hatten. Entweder selbst beim deutschen Ferienflieger oder im Rahmen einer Pauschalreise. Gerade in jenem Zeitraum, in dem viele Frühbucherrabatte für ihre Sommerurlaube in Anspruch genommen haben, war auf den heutigen Marabu-Strecken noch (fast) alles unter DE-Flugnummern, also Condor. Später wurde dann auf MBU umgestellt und Passagiere bzw. deren Agenturen (bei Pauschalreisen bzw. Buchungen über Reisebüros) informiert. Bis zum planmäßigen Abflugtag folgt dann noch ein ganzer Berg weiterer Mails, denn Marabu Airlines selbst hat eine viel zu kleine Flotte für die Durchführung aller MBU-Flüge. Sprich: Jedes Mal, wenn sich die „Partnerairline“ ändert, geht ein neues Mail raus. Diese werden wohlgemerkt von der Condor Flugdienst GmbH für Marabu verschickt.
Expansionen wurden auch von anderen Konzernen schon verkorkst
Selbstredend gibt es auch das Gegenteil, denn so mancher Reiseveranstalter informiert die Passagiere überhaupt nicht und schreibt noch immer Condor als Airline auf die Vouchers, obwohl man bereits vor mehreren Monaten darüber informiert wurde, dass die Schwester Marabu Airlines die Routen „übernommen“ hat. Auch Pauschalurlauber müssen sich eigentlich darauf verlassen können, dass die Informationen in ihren Reiseunterlagen korrekt sind, aber das ist leider nicht immer der Fall. So kommt es dann zur Überraschung am Flughafen, dass man sich fälschlicherweise am Condor-Schalter angestellt hat und wird zu Marabu geschickt. Verspätungen sind bei diesem Anbieter nicht der Ausnahmefall, sondern eher die Regel. Manche Fluggäste sind dann total verwundert, dass sie in „irgendeiner osteuropäischen Billigkiste“ sitzen und das obwohl man für „einen Condor-Flug bezahlt“ habe. Marabu sitzt in Estland. Der Subunternehmer Nordica ebenfalls und noch dazu gehört dieser Anbieter über eine Holding komplett dem Staat Estland. Heston sitzt in Litauen. Doch die beiden „Haupt-Subunternehmer“ können das Volumen aus den unterschiedlichsten Gründen nicht stemmen. Daher kommt der Sub vom Sub zum Einsatz und dabei handelt es sich um Carrier aus den verschiedensten europäischen Ländern, auch aus Deutschland, Bulgarien, Spanien, Malta und so weiter. Marabu ist in gewisser Weise also ein Musterbeispiel für das vereinte Europa der Luftfahrt, denn wer genug Sitzfleisch fürs Warten aufbringt, hat die realistische Chance besonders viele ACMI- und Charteranbieter „durchfliegen“ zu können.
Die miserable Performance von Marabu Airlines ist in erster Linie das Resultat einer verkorksten Expansion, die auch der Umgehung von Auflagen aus dem Condor-Staatskredit dienen sollte. Die kapitale Fehlentscheidung war, dass man nicht langsam und behutsam mit eigenem Fluggerät auf den Markt geht, sondern fast ausschließlich mit von anderen Airlines angemieteten Maschinen. Die Vorgehensweise kann günstiger sein als Eigenbetrieb, jedoch ist es das in den seltensten Fällen am Ende des Tages. Absolut nichts spricht dagegen, wenn man sich zur Überbrückung von Engpässen woanders Maschinen samt Personal „ausborgt“, aber einen kompletten Markteintritt bzw. eine große Expansion nur darauf zu bauen, ist noch immer in die Hose gegangen.
Zur Erinnerung: Im Vorjahr meinten Corendon und ihre maltesische Tochtergesellschaft im ganz großen Stil ab Deutschland, Österreich und der Schweiz expandieren zu müssen. Gar einen Airbus A330 hat man ins Wetlease genommen. Funktioniert hat es nicht, denn die Nachfrage und das Angebot haben vorne und hinten nicht zusammengepasst und dazu gekommen sind permanente Verspätungen und Ausfälle. Der Corendon-Konzern hat unter dieser verkorksten Expansion finanziell ganz massiv gelitten und konnte sich selbst nur durch eine radikale Verkleinerung, einen eisernen Sparkurs und die eine oder andere Ratenzahlungsvereinbarung vor dem Ruin retten. Immerhin: Man hat die Notbremse noch ziehen können und sich dann damit begnügt kleinere Brötchen zu backen.
Nordica ist eine staatliche Fluggesellschaft
Bei Marabu Airlines wollte man es aber besser machen und hat sich mit Nordica einen staatlichen Partner gesucht. Der Staat Estland ist Eigentümer von Nordica, jedoch ist der Carrier genau genommen selbst ein Neuling. Man war zunächst – mit äußerst bescheidenem Erfolg – als virtueller Carrier in der Luft. Anfangs mietete man Fluggerät von Adria Airways ein, später erfolgte die Durchführung durch die eigene Schwestergesellschaft Xfly, die auf die Erbringung von ACMI- und Charterdienstleistungen spezialisiert ist. Der Vertrieb erfolgte über die polnische Lot, jedoch ist diese mangels dauerhaftem Erfolg wieder ausgestiegen. Die estnischen Regierungen scheinen die Pleite von Estonian Air nie so ganz verkraftet zu haben, so dass man Nordica – diesmal mit eigenem AOC – ein Comeback gönnen wollte. In Estland hat man aber auch erkannt, dass das Xfly-Geschäftsmodell im Regio-Segment durchaus auch für Ferienflüge tauglich ist. Dazu benötigt man aber größere Flugzeuge und die hat man sich in Form von Airbus A320 organisiert.
Mit Marabu Airlines hat man auch den ersten Großkunden gewonnen und diesem gleich beim Aufbau und bei der Erlangung des estnischen AOCs, das schon fast rekordbuchverdächtig schnell erlangt werden konnte, unter die Flügel gegriffen. Klingt alles nach einer perfekten Kombination und das auch noch mit einem Staatscarrier als primärem Partner? Nicht ganz, denn Nordica scheint in Deutschland nicht gerade ein attraktiver Arbeitgeber zu sein, denn man hat viel zu wenige Piloten und Flugbegleitern. Diesen wird zwar in Aussicht gestellt, dass sie später zu Marabu wechseln können, aber die angebotenen Konditionen scheinen nicht so sein, dass Nordica regelrecht die Türen eingelaufen werden. Immer wieder müssen Marabu-Flüge abgesagt oder erheblich verspätet werden, weil die „Partnerairline“ zu wenig Personal zur Verfügung hat. Dazu kommen natürlich noch technische Defekte, die in Kombination mit zum Teil enorm langen Wartezeiten auf Ersatzteile nicht gerade förderlich sind.
Bei Heston läuft es dem Vernehmen nach ein wenig besser. Die Personaldecke soll in Deutschland aber auch sehr dünn sein. Vergleicht man die Häufigkeiten der Ausfälle und Verspätungen, die auf die Kappe der litauischen Airline gehen, so steht man besser da als Nordica. Den betroffenen Passagieren, die ewig warten müssen oder aber festsitzen, hilft das nicht sonderlich viel. Immer wieder müssen kurzfristig andere Airlines, also der Sub vom Sub, aushelfen, aber meistens ist das Kind da schon in den Brunnen gefallen, denn die Nachfrage ist im Hochsommer hoch und nicht immer gelingt es am gleichen Tag ein Ersatzflugzeug aufzutreiben.
Stammgast in den Negativschlagzeilen
Marabu Airlines behauptet zwar, dass man den Flugplan „entzerrt“ habe und so Verspätungen minimieren habe können, jedoch hat man bis dato keine ausreichende Stabilität im Flugbetrieb erreichen können. Somit bleibt man weiterhin ein großes Schlagzeilen-Thema für Medien, denn fast immer findet sich irgendeine lange Verspätung, irgendein Ausfall oder so, die als „Lückenfüller“ dienen können.
Die deutsche Bildzeitung scheint sich besonders darauf spezialisiert zu haben über so ziemlich jedes Hoppala von Marabu Airlines bzw. deren Subunternehmer negativ zu berichten. Kurz darauf übernehmen viele andere Medien die Informationen, so dass neuerlich ganz Deutschland weiß, dass bei der Condor-Schwester wieder mal etwas schief gegangen ist. Immer wieder wird gefordert, dass das deutsche Luftfahrtbundesamt „endlich einschreiten“ soll. Laut Bild habe ein Pilot einen Bericht mit schweren Vorwürfen über die von ihm behaupteten Zustände an das LBA geschickt und zuletzt sorgte ein Kapitän, der mit einem defekten Triebwerk quer über Europa geflogen ist, für die entsprechende negative Medienpräsenz.
Gerade in Luftfahrtforen ist immer wieder zu lesen, dass das Luftfahrtbundesamt „endlich aufwachen“ solle. Dabei gibt es aber ein Problem: Das deutsche LBA ist für die Aufsicht über Marabu Airlines und deren nicht-deutsche Subunternehmer schlichtweg nicht zuständig. Nur bei Gefahr in Verzug kann diese Behörde das betroffene Fluggerät bis zur Behebung der Mängel „an die Kette legen“. Ansonsten kann man nicht anderes tun als einen Bericht an die jeweilige nationale Luftfahrtbehörde schicken und diese darum ersuchen die entsprechende Schritte zu setzen. Einen Rechtsanspruch auf die tatsächliche Durchführung hat das LBA aber nicht.
Nationale Behörden können nur bei Gefahr in Verzug Sofortmaßnahmen setzen
Für viele mag es absurd klingen, dass Deutschlands oberste Aufsichtsbehörde über die Luftfahrt bei „ausländischen Anbietern“ ein äußerst zahn- und machtloser Tiger ist. Das ist aber die Realität und diese ist noch dazu gesetzlich verankert. Das LBA kann einem Carrier, der unter Aufsicht einer nationalen Behörde eines anderen EU-Landes steht, nur unter ganz bestimmten Umständen, also bei Gefahr in Verzug, Flugverbot erteilen und dieses gilt dann auch nur in Deutschland und sonst nirgendwo.
Meistens wären Mängel, die zum temporären Startverbot führen, bei so genannten Ramp-Checks festgestellt. Die Gründe können vielfältig sein. Es kann sich sowohl um schwere technische Mängel handeln, als auch um fehlende, aber sicherheitsrelevante Ausrüstungsgegenstände wie zu wenige Schwimmwesten. Auch kann die jeweilige Kontrollbehörde ein Flugzeug temporär an die Kette legen, wenn zum Beispiel die Versicherungspolizze nicht mitgeführt wird oder ein Besatzungsmitglied seine Lizenz nicht vorweisen kann. Letzteres kommt tatsächlich immer wieder vor, denn auch Berufspiloten sind nur Menschen, die wie jeder Autofahrer mal versehentlich ihren Führerschein zu Hause vergessen können. Wenn das Dokument vorgezeigt werden kann oder aber die Kontrolleure die Gültigkeit der Lizenz anderweitig validieren können, passiert meistens nicht mehr als ein kleines Bußgeld, das der Betroffene zu bezahlen hat.
Technische Mängel oder fehlende sicherheitsrelevante Ausrüstungsgegenstände müssen entsprechend behoben werden. Anschließend erfolgt ein weiterer Ramp-Check und wenn dann alles passt, dann darf das Flugzeug wieder eingesetzt werden. Ramp-Checks können übrigens auch Privatpiloten treffen. Ähnlich wie bei allgemeinen Verkehrskontrollen im Straßenverkehr wird quasi nach dem Zufallsprinzip so ziemlich jeder kontrolliert.
Es ist aber ein offenes Geheimnis, dass die in der EU für diese Kontrolltätigkeit zuständigen Beamten zumeist äußerst erfahren sind und im Sinne der Sicherheit von Passagieren und Crew sehr genau wissen bei welchen Anbietern sich ein Besuch immer „lohnt“, denn man wird so gut wie immer – und das vollkommen berechtigt – „fündig“.
Crew-Tausch kann Probleme sofort lösen
Auch die Flight-Duty-Times können im Zuge von Ramp-Checks überprüft werden und bei Verstößen kann die jeweilige Besatzung „stillgelegt“ werden. Bei Kleinigkeiten geht es dann in ein Hotel und erst nach dem „Absitzen“ der Ruhezeit darf man wieder fliegen, bei größeren kann es für die Airline richtig teuer werden und unter bestimmten Umständen können auch die Kommandanten, also die Kapitäne, belangt werden. Allerdings: Wenn sonst alles in Ordnung ist, genügt es die Besatzung „auszutauschen“ und dann darf das Flugzeug abheben. Mehr kann das LBA bei einer nicht-deutschen Airline nicht machen. Natürlich kann man noch Bußgelder kassieren, aber den Carrier kann man nicht auf den Boden stellen.
Die deutschen Beamten sind – wie all ihre Kollegen in allen anderen EU-Staaten auch – verpflichtet schwere Verstöße und insbesondere Anfangsverdachtsmomente auf systematische Verstöße bzw. Probleme der zuständigen Aufsichtsbehörde jenes Landes, in dem die Airline und/oder das Flugzeug registriert sind, mitzuteilen. Vereinfacht ausgedrückt: In Deutschland wird ein Bericht geschrieben und der geht dann zum Beispiel an die Zivilluftfahrtbehörde von Estland, die dann in eigenem Ermessen die weiteren Schritte vornehmen kann, aber nicht muss. Gerade, wenn besonders viele ACMI-Carrier unterschiedlicher EU-Staaten im Einsatz sind, wird es kompliziert. Man kann nicht einfach schreiben, dass „bei Marabu das und das nicht passen würde“, denn das wäre schlichtweg unwahr. Für das die Aufsichtsbehörden ist ausschließlich der Operating Carrier relevant und nicht das Unternehmen, in dessen Auftrag geflogen wird.
Es kommt auf den Operating Carrier an und nicht auf den Auftraggeber
Für Außenstehende ist „alles Marabu“, weil das ja jene Airline ist, die negativ durch die Medien geht. Genau das ist aber unwahr, denn beispielsweise wurde bei jenem Vorfall, bei dem ein Passagier eine Flugabsage verkünden musste, von vielen Medien verschweigen, dass nicht Marabu, sondern die maltesische Air Horizont der Operating Carrier war. Es spielte sich an Bord einer Boeing 737, die unter der Aufsicht der Zivilluftfahrtbehörde von Malta steht, ab. Auch Air Horizont wird von der TM-CAD beaufsichtigt. Somit hätte ein Bericht, der nach Estland geschickt würde, überhaupt keine Wirkung, denn dort könnte man diesen lediglich nach Malta weiterleiten, aber sonst rein gar nichts tun.
Dass dem Luftfahrtbundesamt ein solches „Hoppala“ unterlaufen wäre oder unterlaufen würde, wird an dieser Stelle überhaupt nicht behauptet. Die Beamten des LBA wissen sehr genau wohin Berichte geschickt werden müssen und leisten jeden Tag beste Arbeit. Der Ruf, den die Behörde genießt, ist zu völlig zu recht gut. Allerdings ist das Luftfahrtbundesamt keine „eierlegende Wollmlichsau“, sondern es kann nur auf Grundlage von Gesetzen, Verordnungen und internationalen Abkommen handeln.
Zu Recht warnen europäische Pilotengewerkschaften davor, dass über Sub-Sub-Sub-Konstruktionen die Arbeit der Behörden massiv erschwert werden kann. Vielleicht ist das aktuelle Chaos rund um Marabu und deren Subunternehmer eine Warnung an die Politik, dass diese zumindest auf europäischer Ebene die Regeln in der Luftfahrt auf das 21. Jahrhundert anpasst. Viele internationale Verträge sind enorm alt und kennen Wetlease-Konstruktionen gar nicht. Auch gibt es keine andere Branche, die die Dienstleistungsfreiheit innerhalb der EU so sehr in Anspruch nimmt, wie die Luftfahrt. Es wäre also angebracht die Bestimmungen und Voraussetzungen so zu vereinheitlichen, dass zumindest innerhalb der EU gleiche Bedingungen für alle herrschen. Dies würde den fairen Wettbewerb fördern. Bei dieser Gelegenheit könnte man die Arbeitsteilung der einzelnen Luftfahrtbehörden auch besser organisieren, so dass aus diese in die Lage versetzt werden im Bedarfsfall effektive Mittel auch gegen Carrier, die von anderen Behörden beaufsichtigt werden, zu setzen. Der Ball liegt also eindeutig bei der Politik und nicht bei den nationalen Luftfahrtbehörden.
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