Intensiver Flugverkehr über Villach (Foto: Wolfgang Ludwig).
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Seltsame Klimaprojekte

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Bei Buchungen der LH – Group kann man sich bei schlechtem Fluggewissen derzeit noch entscheiden: Entweder bucht man einen „Green-fare“, oder man spendet ein paar Euro für seltsame Klimaprojekte – das wird sich aber bald ändern.

Bucht man beispielsweise auf der Austrian – Seite, bieten sich mehrere Tarife an: Es gibt vier Economy- und drei Business-Tarife. Die Tarife mit der Bezeichnung „Economy Green“ oder „Business Green“ werden farblich hervorgehoben. Sie sind zwar nicht ganz billig, aber attraktiv: Umbuchung ist bei der Eco-Variante möglich, Gepäck und Platzreservierung sind dabei, ebenso SAF-Treibstoff, um nachhaltiger zu fliegen – ist das der Tarif zur Gewissensberuhigung?

Der „green fare“ im Buchungsprozess (Abruf 9.Mai 24) (Screemshot AUA).

Was heißt „SAF“

SAF bedeutet „Sustainable Aviation Fuel“ (nachhaltiger Treibstoff), der ohne fossile Bestandteile produziert wird, z.B. aus Biomasse, Altölen, Fetten, aber pro Tonne etwa das Dreifache von Kerosin kostet.

Entscheiden sich Passagiere für den „Green“ Tarif, kauft die Fluglinie die entsprechende Menge von der ÖMV und betankt damit alle paar Wochen irgendeinen Flug. Die Menge des angekauften SAF-Treibstoffs ist allerdings extrem gering.

Aus der Presseabteilung der Austrian kommt dazu eine Einschränkung: Nur 20% des „Green Fare“-Zuschlages werde für den Ankauf von SAF verwendet, der andere Teil werde in „andere Klimaschutzprojekte“ investiert. Warum wird nicht gesagt.

„Die Hütte gibt es nicht!“

An diesen „anderen Klimaschutzprojekten“ kann man sich im Laufe des Buchungsprozesses auch ohne „Green Fare“ beteiligen, und zwar nach Wahl eines anderen Tarifs, durch Bewegung eines Schiebers von ca. 2€ bis 30€. Damit spendet man für einzelne Klimaprojekte, die von dem Kompensationsanbieter Climate Austria (Teil der Kommunalkredit) nach nicht nachvollziehbaren Kriterien ausgewählt werden. Die Projekte umfassen zusammen mit der Lufthansa Group mehrere Standorte weltweit, bei denen es um Aufforstung, Umstellung von Heizungen, Energieversorgung von Haushalten, CO2 Speicherung in Beton, u.a. geht. In Österreich fördern die Projekte von Climate Austria, die von AUA und anderen Firmen finanziert werden, z.B. den Bau von erneuerbaren Energieanlagen und Energieeffizienzmaßnahmen.

Austrian gibt auf der Homepage als Beispiel eines Projekts eine gewisse „Blauspitz Hütte“ (Kals am Großglockner) an, wo angeblich ein Dieselaggregat durch Photovoltaik ersetzt wurde.

Nur: Diese Hütte gibt es nicht. Und das Foto auf der AUA-Seite zeigt überhaupt eine ganz andere Hütte. Die Tourismusinformation Kals meint dazu: „Leider jedoch gibt es bei uns in Kals keine Blauspitzhütte.“

Auf Nachfrage gibt Philipp Trummer von Climate Austria zu, dass hier ein „Projekt versehentlich falsch bzw. umgangssprachlich bezeichnet wurde“. Richtig wäre das „Kals – Matreier – Törl- Haus“, das 2020 mit PV ausgestattet wurde. Die AUA (die von diesen Details überhaupt keine Ahnung hat, aber von den Kunden Geld für Projekte kassiert, Anm.) habe das fälschlicherweise übernommen. Ein Foto des geförderten Objekts wollte Climate Austria aber nicht zur Verfügung stellen, man verfüge angeblich über „keine freigegebenen Fotos zur Verwendung durch Dritte.“ Auch der Hüttenpächter beantwortete eine Fotoanfrage nicht. Baut man so Vertrauen zu Spendern auf? Eher nicht!

Es ist leicht zu erkennen, dass die einzelnen, weltweit verstreuten und schwer verifizierbaren Projekte nicht mehr als ein nettes Klimagoodie darstellen, aber für die globale Klimabilanz überhaupt keine Relevanz besitzen. Für Kunden_innen ist es ärgerlich, wenn man zwar für Projekte spendet, aber statt Detailinformationen nur leere Phrasen und nicht nachvollziehbare Projektziele genannt bekommt. Fürs Klima (und die eigene Brieftasche) ist es sicher besser, sich eine private PV – Anlage aufs Dach zu setzen, weniger Auto zu fahren oder auf einige Flüge zu verzichten.

Kaum Relevanz

Um sich eine ungefähre Vorstellung von der Relevanz des freiwilligen Umweltzuschlages zu machen, meint Anna Pachinger aus der Austrian Presseabteilung: „Aktuell nehmen ca. 3-5% unserer Fluggäste ein Angebot zum CO2-Ausgleich wahr. Wir streben an, diesen Prozentsatz laufend erhöhen zu können.“  Weiters meint sie: 2022 hätte die gesamte „Lufthansa-Group rund 13.000 Tonnen SAF eingesetzt. Das waren knapp 0,2 % des gesamten Treibstoffbedarfs der Lufthansa Group (7,6 Mio. Tonnen).“ Bis 2030 will die Lufthansa Group diesen Anteil auf eine Million Tonnen steigern.

Derzeit zahlen nur 3% der Passagiere einen freiwilligen Klimazuschlag (Foto: Wolfgang Ludwig).

Zuschlag kommt

Ab 2025 kommt ein verpflichtender SAF-Zuschlag, der jetzt schon für Abflüge ab nächstem Jahr in 27 EU-Ländern eingehoben wird. Auf Economy-Tickets in Europa wird der lächerlich geringe Zuschlag bis 5 € betragen, auf der Langstrecke bis max. 72 €. Damit will die LH eine Beimischung von 2% SAF zu allen Flügen finanzieren. Man darf zweifeln, ob das wirklich so klappt.

Wichtiger wäre aber die Klärung anderer Fragen: Könnte man die Zahl der Flüge nicht irgendwie reduzieren? Müssen es wirklich 11 bis 12 Flüge pro Tag von Wien nach Frankfurt sein, oder bis zu 10 Flüge nach Zürich, oder 25 Flüge von Frankfurt nach London? Reichen nicht weniger Flüge, dafür mit mehr Plätzen? Ist es Reisenden zumutbar, eine Stunde länger auf irgendeinen Abflug zu warten? Und muss jede Kurzstrecke (trotz ihrer wirtschaftlicher Bedeutung) unbedingt mit einem Flieger bedient werden? Es gibt immerhin Ansätze: Austrian hat schon seit Jahren einige Ultra-Kurzflüge eingestellt, jetzt holt aber Lufthansa mehr als ein Drittel der ehemaligen VIE-Passagiere aus Salzburg und Linz nach Deutschland ab, viele reisen mit dem Auto, nur wenige mit den Zug. Lufthansa bedient kurze Strecken in Deutschland trotz guter Zugverbindungen weiterhin.

Der obligatorische SAF-Zuschlag hilft bei der Betankung natürlich mehr als der freiwillige Minibetrag, hat aber auch nur geringe Auswirkungen. Die Besteuerung von Kerosin könnte das Reiseverhalten ändern. Gesetzliche Mindestflugpreise, die zumindest Steuern und Gebühren abdecken, sind derzeit kein Thema mehr. Die Bahn, im Auslandsverkehr unverschämt teuer, sollte endlich billiger und international besser abgestimmt werden.


Dieser Beitrag wurde verfasst von: Mag. Wolfgang Ludwig.

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2 Comments

  • Peter , 23. Juli 2024 @ 11:19

    Das ganze Klimagedöns scheint mir nichts anderes zu sein, als ein großer Betrug.
    Geschickt hat man versucht die dümmlich und naive Wortschöpfung “Klimarettung” mit echtem Naturschutz zu verweben. Beides hat mE nicht viel miteinander zu tun. Diese sogenannte Klimarettung ist offensichtlich nichts anderes als ein Geschäftsmodell welches man den Menschen als Naturschutz verkaufen möchte. Denn, würde man den Menschen offen sagen, gib mir mehr Geld, damit ich sinnfrei mit teurem Frittenfett ein wenig in der Gegend herumfliege, dann würde vermutlich niemand dem Beachtung schenken, geschweige denn sein schwer erarbeitetes Geld den Verkäufern von teurem Altfrittenfett hinterherwerfen.
    Dazu braucht es schon ein wenig schlechtem Gewissen bei denen, deren Geld man haben möchte und eine nette Tarnung genannt “Klima schützen oder Klima retten” so dass der Verführte sich von dem schlechten Gewissen freikaufen kann.
    Von seinen “Sünden” freikaufen. Hatten wir das nicht schon einmal? Scheint, dass wir als Gesellschaft nicht sonderlich viel dazugelernt haben.

  • Michael Hofstädter , 23. Juli 2024 @ 19:42

    Klingt echt unseriös.. Hab ich zum Glück noch nie gekauft!

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