Die österreichischen Sommerferien haben noch gar nicht begonnen, aber das Chaos vom Wochenende war durchaus ein kleiner Wink mit dem Zaunpfahl was noch so alles bevorstehen könnte. Austrian Airlines musste zahlreiche Flüge streichen, in Wien mussten Passagiere lange warten und in Innsbruck gab es gar eine unnötige Busreise nach München und wieder zurück. Indes kassierten Buzz und Austrian Airlines kassierten in Wien je einen Birdstrike.
Der Ausfall einer Fokker 100 der kroatischen Fluggesellschaft Trade Air hatte zur Folge, dass das Charterprogramm des Reiseveranstalters Idealtours ordentlich durcheinander gewirbelt wurde. Die Urlauber mussten enorm lange auf ihre Flüge warten. In einem Fall wurden diese zunächst mit einem Reisebus nach München gebracht, jedoch wurde auch von dort aus nicht geflogen, so dass es wieder zurück nach Innsbruck ging. Nach einer Übernachtung wurden die Reisenden dann mit einem A319 von Trade Air an ihr Ziel gebracht. Für die übrigen Idealtours-Kunden hieß es noch lange warten, denn die Fokker 100 ist es am Samstagabend aus Zagreb eingetroffen. Die Verspätungen haben sich somit über das gesamte Wochenende hingezogen.
Innsbruck als „Mini-Blaupause“ für Wien
Das AOG einer einzigen Maschine wirbelte also den Charterflugplan von Idealtours ordentlich durcheinander. Trade Air hat offensichtlich kein Backup zur Verfügung und der ACMI-Markt ist aufgrund hoher Nachfrage regelrecht leergefegt. Da die 9A-BTE mittlerweile fast 30 Jahre auf dem Buckel hat und der Maschinentyp Fokker 100 dafür bekannt ist, dass dieser enorm robust und sicher ist, aber auch anfällig für Kleinigkeiten ist, könnte sich ein solches Chaos-Wochenende während dem Sommer 2022 jederzeit wiederholen. Dem Tour Operator bleibt ohnehin nichts anderes übrig als bei Trade Air auf die Einhaltung der Verträge zu pochen, denn ein Ersatzflugzeug eines anderen Betreibers bekommt man angesichts prallvoller Auftragsbücher ohnehin nur schwer nach Innsbruck.
In Tirol spielte sich quasi eine Miniaturausführung dessen ab was Passagiere der Austrian Airlines in Wien am Hals hatten. Aufgrund von akutem Personalmangel, der angeblich vieler Coronainfektionen beim Kabinenpersonal geschuldet sein soll, sind viele Flüge ausgefallen. Am Samstag waren es 52 Stück und am Sonntag offiziell 42 Verbindungen. Mit kurzfristiger Besserung ist nicht zu rechnen, denn die aktuelle Quarantänevorschrift der Bundesregierung sieht vor, dass man sich frühestens am fünften Tag freitesten kann. Somit ist über die gesamte Woche hinweg mit Ausfällen und Verspätungen bei Austrian Airlines zu rechnen. Ende der Woche beginnen die Sommerferien unter anderem in den Bundesländern Wien, Niederösterreich und Burgenland, so dass mit nochmals deutlich mehr Passagieren zu rechnen ist.
AUA-Chefin dementierte Personalmangel zu denkbar ungünstigstem Zeitpunkt
Selbstverständlich wird man seitens Austrian Airlines versuchen so viele Flüge wie möglich durchzuführen, jedoch zeigen die jüngsten Ereignisse, dass zwischen der Katalogsprache von Firmenchefin Annette Mann und der Realität ziemlich viel Interpretationsspielraum ist. Gegenüber diversen Medien behauptete die von Lufthansa stammende AUA-Generaldirektorin, dass es keinen Personalmangel gibt und verwies darauf, dass man rund 150 zusätzliche Flugbegleiter eingestellt habe. Offensichtlich hat die Managerin den normalen Flugbetrieb ohne Krankenstände oder sonstige Unregelmäßigkeiten gemeint, denn für ausreichendes bzw. angemessenes Backup reicht die Personaldecke dann doch wieder nicht aus. Der Zeitpunkt der Publikation der Interview-Aussagen und das anschließende „Streichkonzert“ vom Wochenende lässt jedenfalls viel Raum zur Interpretation der „Katalogsprache“ zu.
In der Zeit „vor Corona“ hatte Austrian Airlines übrigens just zu Beginn der Sommerferien immer wieder mit gehäuften Krankenständen zu kämpfen. Dies ist immer wieder vorgekommen und soll an dieser Stelle in Erinnerung rufen, dass es auch noch andere Erkrankungen als Corona gibt. Ein absoluter Klassiker, den sich Flugbegleiter im Sommer gelegentlich einfangen: Klassische Erkältungen. Mitten im Sommer? Ja, das ist sogar sehr einfach möglich, denn Klimaanlagen sind hierfür die simple Ursache. Man schwitzt, wenn es draußen heiß ist und drinnen ist es angenehm kühl. Ein paar Mal am Tag hin und her und schon kann man, muss man aber nicht, sich eine Erkältung einfangen. Noch einfacher schafft man das übrigens privat: Eine Einkaufstour mit dem Auto ein paar Zwischenstopps vor verschiedenen Geschäften. Der Wechsel zwischen klimatisiertem Auto bzw. Geschäft und der Sommerhitze kann zu Erkältungen führen. Kann, muss aber nicht. Manche Menschen sind dafür anfällig, andere jedoch nicht.
„Siko“-Wartezeiten auch am Flughafen Wien
Die Gewerkschaft Vida gab am Samstag bekannt, dass man sich mit der Geschäftsleitung der Sicherheitstochter der Flughafen Wien AG (Vias) unter anderem auf eine Einmalzahlung in der Höhe von 1.400 Euro geeinigt hat. Fachgruppenobmann Daniel Liebhart erklärte unter anderem, dass er hofft, dass die österreichische Luftfahrt nun mit einem „blauen Auge“ durch den Sommer kommt. Just an diesem Tag musste Austrian Airlines wegen Personalmangel 52 Flüge streichen.
Am Sonntag kam es in der Früh dann gleich zu längeren Wartezeiten bei der Sicherheitskontrolle beim Flughafen Wien. Betroffene behaupten, dass sie sich rund 1,5 Stunden lang die Füße platt gestanden hätten. Wie viele Reisende deswegen ihre Flüge verpasst haben, ist nicht bekannt. Vor wenigen Tagen noch warnte Liebhart davor, dass es punktuell Wartezeiten von einer Stunde gegeben habe. Flughafenchef Günther Ofner reagierte mit einer scharfen OTS-Aussendung, die er in seiner WKO-Fachgruppenobmannfunktion verschickt hatte und bezichtigte den Gewerkschafter regelrecht der Lüge.
Ende dieser Woche steht jedenfalls die große Belastungsprobe bevor, denn in unter anderem in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland beginnen die Sommerferien.
Es gab übrigens übers Wochenende in Wien auch noch zwei Birdstrikes. Den ersten kassierte der von Buzz durchgeführte Ryanair-Flug nach Liverpool. Nach einer Rücklandung in Wien wurden die Passagiere zum Gate gebracht und anschließend mit einem Airbus A320 von Lauda Europe an ihr Ziel geflogen. Just am Samstag krachte der nächste Vogel in ein Triebwerk: Diesmal traf des den Paris-Flug der Austrian Airlines. Auch diese Maschine konnte von den Flugzeugführern sicher gelandet werden, allerdings muss das Flugzeug, genau wie die Boeing 737-800 von Buzz, gründlich von Technikern überprüft werden. Beide Verkehrsflugzeuge benötigen mit hoher Wahrscheinlichkeit je ein Tauschtriebwerk.
Köln/Bonn und Düsseldorf im Chaos versunken
Im deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen ist es keinesfalls besser gelaufen. Eher das absolute Gegenteil war der Fall, denn unmittelbar zum Ferienauftakt ist unter anderem in Köln/Bonn und Düsseldorf das Chaos ausgebrochen. Der akute Personalmangel führte zu enorm langen Warteschlangen an den Check-in-Schaltern und besonders bei den Sicherheitskontrollen. Viele Passagiere haben ihre Flüge verpasst oder nach dem Durchkämpfen am Gate dann die Hiobsbotschaft bekommen, dass ihr Flug gestrichen wurde.
Eurowings und Lufthansa mussten am Wochenende viele Flüge streichen, weil man einerseits unter akutem Personalmangel leidet und andererseits an einigen Airports in Europa, darunter auch Deutschland, die Situation an den Flughäfen prekär ist. Beispielsweise wurden einige Verbindungen auch deswegen abgesagt, weil die personelle Kapazität in Köln/Bonn bzw. Düsseldorf schlichtweg nicht dem hohen Passagieraufkommen gewachsen ist.
Nun will die deutsche Bundesregierung das Problem mit Hilfe von rund 2.000 Leiharbeitern aus der Türkei lösen. Die Branchenverbände wollen in Istanbul bei einem Personaldienstleister fündig geworden sein. Dieser soll Arbeitskräfte, die überwiegend alle schon Sicherheitsbescheinigungen haben und Deutschkenntnisse aufweisen sollen, kurzfristig bereitstellen sollen. Die Regierung ist skeptisch und schreibt unter anderem vor, dass der jeweilige Tariflohn bezahlt werden muss und die Gastarbeiter auch Unterkünfte gestellt bekommen müssen. Auch ist die Bewilligung, die in Kürze formell erteilt werden soll, zunächst zeitlich befristet. Ob der Einsatz der Leiharbeiter die Probleme an den deutschen Flughäfen lösen wird, gilt es abzuwarten. Das Kernproblem liegt nämlich bei der Sicherheitskontrolle und die Regierung will die Aushilfen eher im Bereich des Gepäcks einsetzen. Mit Ausnahme von Frankfurt am Main ist die „Siko“ unter der Verantwortung der Bundespolizei, also des Staats. Diese hat Subunternehmer mit der Durchführung beauftragt, wobei die Flughäfen darauf keinen Einfluss haben.
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