Die Billigfluggesellschaft Easyjet wird die Nonstop-Strecke zwischen Berlin-Brandenburg und Wien im Winterflugplan 2022/23 nicht reaktivieren. Der Verkauf von Flugscheinen wurde bereits eingestellt und die österreichische Hauptstadt wurde gänzlich aus dem Reservierungssystem getilgt.
Der orangefarbene Billigflieger hat diese Route Anfang 2018 – damals noch ab Berlin-Tegel – im Nachgang der Air-Berlin-Pleite aufgenommen. Anfangs kamen Wetlease-Flugzeuge von WDL und SmartLynx zum Einsatz. Erst später stellte man auf eigenbetriebene Maschinen von Easyjet Europe um. Zeitweise bot man Wien sowohl ab Tegel als auch ab Schönefeld an.
Aufgrund der Corona-Pandemie wurde diese Route wiederholt eingestellt und anschließend reaktiviert. Man hat jedoch zu keinem Zeitpunkt den Umfang, den man vor der Pandemie hatte, wiederhergestellt. Zuletzt wurde die Berlin-Wien-Verbindung über den Sommer 2022 in eine Pause auf unbestimmte Zeit geschickt. Zuvor hatte man schrittweise alle anderen Easyjet-Strecken, die ab der Hauptstadt Österreichs angeboten wurden, eingestellt.

Schwache Nachfrage
Bis vor wenigen Tagen wurden noch Tickets zwischen Berlin und Wien verkauft. Daraus leitete ein Boulevard-Blatt ab, dass es definitiv zu einem Comeback des orangefarbenen Billigfliegers in der Hauptstadt Österreichs kommen wird. Allerdings stand diese Route bereits zu diesem Zeitpunkt akut auf der Kippe, denn einerseits kritisiert Easyjet seit längerem die hohen Gebühren in Wien-Schwechat und andererseits wird die Basis Berlin-Brandenburg mit Beginn der Winterflugplanperiode 2022/23 stark verkleinert. Die Wien-Strecke war bereits vor der Corona-Pandemie eine Route, die kurz vor der Aufgabe stand, denn der Yield war im direkten Vergleich mit anderen Destinationen ab Berlin-Brandenburg schwach.
Easyjet hat derzeit keinerlei Pläne die Präsenz auf dem Flughafen Wien-Schwechat zu reaktivieren. Die Gründe hierfür sind breitgefächert. Dabei spielen nicht nur die Kosten auf Österreichs größtem Airport eine Rolle, sondern auch der Umstand, dass sich das Unternehmen seit dem Beginn der Corona-Pandemie in Veränderung befindet. Man konzentriert sich nach Möglichkeit auf so genannte High-Yield-Strecken und fokussiert sich mehr auf touristisch relevante Routen. Das liegt auch daran, dass das Aufkommen an Geschäftsreisenden weiterhin erheblich unter dem Vorkrisenniveau liegt. Im Gegensatz zum Erzrivalen Ryanair wurde und wird Easyjet durchaus häufig zu geschäftlichen Zwecken gebucht. Das Ausbleiben der Geschäftsleute betrifft auch die Berlin-Strecke, weshalb die Vorausbuchungszahlen massiv unter den Erwartungen liegen.
Austrian Airlines behält Monopol auf Wien-Berlin
Der Mitbewerber Austrian Airlines wird auch weiterhin im Monopol zwischen den Hauptstädten von Deutschland und Österreich fliegen. Der Umstand, dass man besonders häufig den kleinsten Maschinentyp der Flotte, Embraer 195, einsetzt, zeigt, dass die Nachfrage auf dieser Route deutlich unter dem Vorkrisenniveau liegt. Aus der Sicht von Easyjet ist es daher nachvollziehbar, dass diese Route derzeit kein Potential hat, dass zwei Carrier profitabel fliegen können. Die AUA wird es allerdings kaum stören, dass man auch weiterhin keinen Konkurrenten zwischen Berlin und Wien hat, denn so hat man die so genannte „Preishoheit“ selbst in der Hand und muss nicht auf etwaige „Angriffe über den Preis“ von Mitbewerbern reagieren.

Zwar werden Ryanair schon länger Ambitionen nachgesagt, dass man im Deutschland-Österreich-Verkehr weiter wachsen möchte, jedoch gibt es derzeit keine Pläne für etwaige Flüge zwischen Berlin und Wien. Der irische Lowcoster hat ab der österreichischen Hauptstadt Bremen, Dortmund und Köln/Bonn im Portfolio. Bis März 2020 flog die damalige Laudamotion bis zu zweimal täglich zwischen Wien und Stuttgart. Entgegen der Beteuerungen des Managements wurde diese Strecke nie wieder reaktiviert. Die Landeshauptstadt Baden-Württembergs wurde komplett aus dem Streckennetz der Ryanair Group gestrichen. Das hatte auch die Schließung der Lauda-Basis Stuttgart zur Folge. Der pinkfarbene Konkurrent Wizz Air hatte ab Wien unter anderem Bremen, Dortmund und Köln/Bonn, jedoch hat man sich komplett aus dem Deutschland-Österreich-Geschäft zurückgezogen.
Easyjet entzog sich dem Wiener Billigflieger-Match
Easyjet war einst – nach Austrian Airlines und der Air Berlin Group – einer der größten Anbieter in Wien-Schwechat. Man hatte aber zu keinem Zeitpunkt auch nur ein einziges Flugzeug vor Ort stationiert. Sämtliche Strecken wurden mit „auswärts“ stationiertem Fluggerät bedient. Der Niedergang hat jedoch nicht erst mit der Corona-Pandemie begonnen, sondern hatte seinen Ursprung im scharfen Konkurrenzkampf zwischen Wizz Air, Laudamotion (Ryanair), Level Europe, Vueling, Austrian Airlines und eben Easyjet.
Schleichend stellte der orangefarbene Billigflieger eine Strecke nach der anderen ein. Beispielsweise lieferten sich auf der Mailand-Strecke kurzzeitig fünf Carrier ein Match über den Preis. Zuletzt hat man die Flüge nach Amsterdam, Basel und Berlin aufgegeben. Auf diesen drei Strecken hatte man zwar nicht sonderlich viel Wettbewerb, jedoch führte die schwache Nachfrage dazu, dass der Yield nicht wirklich zufriedenstellend war. Easyjet begründete auch den Abzug von Flugzeugen aus Berlin-Brandenburg damit, dass man auf anderen Strecken das Fluggerät profitabler einsetzen kann. Dies gilt auch für die ohnehin von Anfang an wenig ertragreiche Route zwischen Wien und Berlin.
Damit endet die Ära des orangefarbenen Billigfliegers in Wien – zumindest vorläufig. Von einem „endgültigen Aus“ will niemand sprechen, denn in der Luftfahrt kommt es immer wieder mal zu Comebacks, mit denen niemand mehr gerechnet hat. Es gilt in gewisser Weise der Grundsatz: „Sag niemals nie.“

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