Gewerkschaft: Buzz setzt slowakische “Selbstständige” ab Wien ein

Buzz-Logo auf einer Uniform (Foto: Jan Gruber).
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Gewerkschaft: Buzz setzt slowakische “Selbstständige” ab Wien ein

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Slowakische und spanische Gewerkschaften erheben schwere Vorwürfe gegen die neuerdings ab Wien tätige Ryanair-Tochter Buzz. Kamen anfangs noch aus Kattowitz eingeflogene Flugbegleiter und Piloten zum Einsatz, soll man laut den Arbeitnehmervertretern auf Slowaken umgestellt haben. Pikant ist aber ein kleines Detail: Laut Gewerkschaften sollen diese als Selbstständige tätig sein. Die spanischen Arbeitnehmervertreter sehen das nicht ohne Grund mit großer Sorge, denn Ryanair praktiziert dieses Modell in vielen Ländern und verbrannte sich wiederholt wegen gerichtlich festgestellter Scheinselbstständigkeit die Finger. Indes klagt die spanische USO gegen Laudamotion und Lauda Europe auf Feststellung eines Betriebsübergangs.

Aus internen Buzz-Unterlagen, die der slowakischen Gewerkschaft zugespielt wurden und von Aviation Direct gesichtet wurden, geht hervor, dass in den ab Wien betriebenen Buzz-Flugzeugen sowohl Piloten als auch Flugbegleiter zum Einsatz kommen, die in der Slowakei einen entsprechenden Gewerbeschein lösen sollten und formell als Selbstständige für die polnische Buzz-Tochter fliegen. Wenig überraschend ist, dass die Konzernmutter in Dublin als auch die Tochter in Polen, deren Zentrale sich in der Nähe des Flughafens Chopin befindet, für eine Stellungnahme nicht erreichbar waren und auf E-Mails nicht geantwortet haben.

Leiharbeit ist bei Buzz keine Neuigkeit, denn nahezu das gesamte fliegende Personal wird über eine konzerninterne „Agentur“ namens Warsaw Aviation beschäftigt. Der nunmehrige Einsatz von „Selbstständigen“ mit slowakischem Gewerbeschein zeigt, dass die Ryanair Group wieder in alte Muster zurückfällt. Der Konzern verbrannte sich in Deutschland, Frankreich, Irland, Italien und in anderen EU-Staaten aufgrund dieser Praxis enorm die Finger, musste heftige, gerichtlich festgestellte Strafen und Nachzahlungen an die Steuer- und Sozialversicherungsbehörden bezahlen. Da es rechtskräftige Gerichtsurteile gibt, die Scheinselbstständigkeit festgestellt haben, wurde die Firmengruppe in den letzten Jahren vorsichtiger. In der Vergangenheit wurden diese jedoch stets über Briefkästen, die Piloten gründen sollten oder für sie über einen Dienstleister gegründet wurden, praktiziert. Die Slowakei als neuer Standort für diese Praxis ist absolut neu.

Gewerkschaft warnt: „Keine Absicherung im Krankheitsfall“

Doch in Bratislava hat sich auch etwas getan, denn Aviation Direct berichtete vor einigen Wochen, dass die Ryanair-Basis geschlossen wurde. Stattdessen ist nun die polnische Tochter Buzz unter FR-Flugnummern aktiv. Für das dortige Personal bedeuteten die Veränderungen – vergleichbar wie zuvor in Budapest und Prag – entweder die neuen, schlechteren Konditionen akzeptieren oder keinen Arbeitsplatz mehr zu haben. Teilweise sollten nunmehrige Buzz-Mitarbeiter auch Gewerbescheine lösen, um als Selbstständige tätig zu sein. Es gäbe keine Alternative und die Corona-Pandemie wurde als Sündenbock vorgeschoben. Aus den internen Unterlagen geht hervor, dass Buzz sich von dieser Lösung mehr Flexibilität erwartet.

Und in der Praxis heißt das, dass jene slowakischen Buzz-„Selbstständigen“, die zur Arbeit nach Wien pendeln müssen, im Krankheitsfall nicht abgesichert sind und nur für geleistete Flugstunden bezahlt werden. Die Flexibilität aus der Sicht von Buzz ist also, dass nur dann Kosten entstehen, wenn Flugaufträge an das Personal erteilt werden. Da derzeit wenig Nachfrage besteht, wälzt die Ryanair Group das wirtschaftliche Risiko also zumindest teilweise auf die „selbstständigen“ Mitarbeiter ab. In der Slowakei ist bereits eine Klage in Vorbereitung, die bei einem Gericht in Bratislava eingebracht werden soll.

Die Gewerkschaft USO hat mit diesen Methoden viel Erfahrung und kämpfte in Spanien jahrelang dafür, dass diese abgestellt werden. Daher blickt man mit Solidarität auf die Kollegen in Wien und in der Slowakei, denn: „Unserer Meinung nach ist das Lohn- und Sozialdumping. Dass nun slowakische ‚Selbstständige‘ in Buzz-Flugzeugen ab Wien fliegen, ist in unseren Augen eine neue, aber doch altbekannte Form, mit der Ryanair den Druck auf das Personal erhöhen will. Selbstständige bekommen im Krankheitsfall kein Krankengeld und haben auch keine Möglichkeit sich gewerkschaftlich zu organisieren. Da nur dann Geld bezahlt wird, wenn der slowakische Buzz-Mitarbeiter tatsächlich fliegt, ist das wirtschaftliche Risiko auf den Mitarbeiter ausgelagert“, erklärt ein USO-Gewerkschafter gegenüber Aviation Direct.

Lauda wurde auch in Spanien wegen möglichem Betriebsübergang geklagt

Die Ryanair-Töchter Laudamotion GmbH und Lauda Europe Ltd. müssen sich im Feber 2022 in Spanien einem Gerichtsverfahren stellen. Auch hier steht die Frage im Vordergrund, ob ein Betriebsübergang vorliegt oder nicht.

„Einige Laudamotion-Mitarbeiter haben die Aufforderung des Unternehmens nicht unterzeichnet, weil sie das Unternehmen aufgefordert haben, das rechtliche Verfahren einzuhalten. Dann kündigte Laudamotion den Mitarbeitern an, dass nur diejenigen, die die Änderung der Arbeitsbedingungen akzeptierten, zu denselben Bedingungen zu Lauda Europe übernommen würden. Dies ist wiederum illegal, da das Unternehmen ein Verfahren befolgen muss, um die Arbeitnehmer von einem Unternehmen in ein anderes zu verlegen und das neue Unternehmen (Lauda Europe) dieselben Konditionen einhalten muss, einschließlich der Seniorität im Unternehmen. Dies ist wichtig für die Entschädigung im Kündigungsfall oder verschiedene Fragen im Zusammenhang mit dem Dienstalter im Unternehmen“ so die Gewerkschaft USO gegenüber Aviation Direct. „Lauda Europe hat nicht die gleichen Bedingungen eingehalten, die sie versprochen hatten. Und jetzt haben die Arbeitnehmer ihre Seniorität, einschließlich der für Laudamotion geleisteten Arbeitszeit, verloren. Das hat hier in Spanien erheblich nachteilige Konsequenzen für die Dienstnehmer: Es gibt beispielsweise im Falle einer Arbeitgeberkündigung weniger Geld.“

Die spanischen Arbeitnehmervertreter haben daher eine Klage eingebracht, die feststellen soll, dass ein Betriebsübergang von Laudamotion GmbH auf Lauda Europe Ltd. erfolgt ist. Weiters wird begehrt, dass das Gericht feststellt, dass die gesetzlichen Bestimmungen des spanischen Arbeitsrechts nicht eingehalten wurden. Hat das Vorgehen Erfolg, so würden die Mitarbeiter der Basis Palma de Mallorca ihre Seniorität und ihre alten Laudamotion-Löhne behalten können. „Die haben ernsthaft die Fiktion geschaffen, dass die Arbeitnehmer freiwillig bei Laudamotion auftreten und einen neuen Arbeitsplatz bei Lauda Europe annehmen, um dort bei Null anzufangen. Das ist illegal und deswegen ziehen wir vor Gericht“, so die USO.

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