Gewesslers Verbot von Inlandsflügen pusht private Autofahrten

Autofahrer im Stau (Foto: Unsplash/J Torres).
Autofahrer im Stau (Foto: Unsplash/J Torres).

Gewesslers Verbot von Inlandsflügen pusht private Autofahrten

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Die Wirtschaftskammer und die Flughäfen Graz und Salzburg haben eine Studie, die von Höffinger Solutions erstellt wurde, präsentiert, die die bisherigen Aussagen von Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) bezüglich der Verlagerung von Inlandsflügen auf die Schiene in Frage stellt. Die Studie kommt zum Schluss, dass die Reisenden nicht mit der Bahn fahren wollen, sondern mangels Alternativen auf dem Luftweg eher ins eigene Auto umsteigen würden.

Gewessler will aus vermeintlichen Klimaschutzgründen Flüge innerhalb Österreichs verbieten. Bereits vor ihrem Amtsantritt wurden die Zubringerflüge Linz-Wien gestrichen und ihm Rahmen einer Kooperation zwischen AUA und ÖBB auf die Schiene verlegt. Später traf es auch Salzburg-Wien, jedoch machen sowohl die Bundesbahnen als auch Austrian Airlines aus den Fahrgastzahlen ein regelrechts Staatsgeheimnis. Alles soll super laufen und die Passagiere wären glücklich damit, so die offizielle Version.

Aus Kreisen der Wirtschaftskammern von Salzburg und Oberösterreich war jedoch schon zu Beginn der „AUA-Flüge auf der Schiene“ eine ganz andere Version zu hören. Besonders Geschäftsreisende würden nicht in die Züge einsteigen, sondern mit dem Auto nach München und Wien fahren, um von dort aus zu fliegen. Dies ginge insofern auch zu Lasten der Lufthansa Group, da viele günstigere Alternativen nutzen würden. Auch Privatreisende haben offenbar große Hemmungen gegenüber dem Air-Rail-Produkt, denn die Sorgen, dass man den Flug verpasst, wenn der Zug Verspätung haben sollte, überwiegen. Also dient das eigene Auto als Anreisemöglichkeit, wobei viele Oberösterreicher und Salzburger tendenziell eher nach München als nach Wien fahren.

Davon ausgenommen sind Inhaber des Klimatickets. Hier bekommt der Flughafen Graz die Auswirkungen zu spüren, denn zusätzlich gibt es eine Flixbus-Direktverbindung zum Wiener Airport, die hauptsächlich von Nicht-Inhabern der Netzkarte genutzt werden. Es zeigt sich, dass diese Personengruppen dann ab Wien auf Billigflüge ausweichen, denn man ist hinsichtlich der Anreise zum Airport weitgehend flexibel und nicht auf Austrian Airlines angewiesen.

Gewesslers Pläne decken sich nicht mit dem Kundenverhalten

Die Klimaticket-Nutzer sind aber nur ein sehr kleiner Teil des Passagierpotentials, das von der Luft auf den Landweg verlagert wird. Die überwiegende Mehrheit weicht auf das eigene Auto aus, was aus Sicht der Bundesländerflughäfen und der Wirtschaftskammer schlichtweg nicht der Sinn des Verbots von Inlandsflügen sein kann, denn die Kohlenstoffdioxid-Emissionen sinken dadurch nicht, sondern sie steigen. Somit scheint Leonore Gewessler die Auswirkungen des von ihr geplanten Verbots von Inlandsflügen nicht bis zum Ende gedacht zu haben bzw. nicht bedacht haben, dass Fluggäste einfach so auf die Bahn umsteigen.

Deutlich dürfte das dann auch in der Steiermark zu sehen sein. Dort ist die geplante Einstellung der Flugkurzstrecke Graz-Wien mit der Fertigstellung des Semmeringbasistunnels gekoppelt, wenn die Bahnfahrt zwischen Graz und Wien weniger als drei Stunden dauert. Nur dort, wo es ein den Reisebedürfnissen entsprechendes Bahnangebot gibt, wie etwa von Linz nach Wien, funktioniert das Umsteigen. Flug und Bahn ergänzen sich im Idealfall. Die Bahn kann aber die Fluganbindung der Regionen an das Drehkreuz Wien nicht bedarfsgerecht ersetzen.

Umwelt- und Verkehrsministerin Leonore Gewessler hat für das AUA-Rettungspaket zu Beginn der Coronakrise 2020 zur Bedingung gemacht, dass alle Inlandsflüge auf Strecken, die mit der Bahn „deutlich“ unter drei Stunden zurückgelegt werden können, eingestellt werden. Die nun vorliegende Evaluierungsstudie von Höffinger Solutions untersucht, ob die damals erwarteten und in der Luftfahrtstrategie 2040+ des Klimaschutzministeriums formulierten Lenkungseffekte eingetroffen sind und ein „signifikanter“ Anteil der rund 120.000 Passagiere, die 2019 mit dem Flugzeug von Salzburg zum Weiterflug über Wien reisten, auf den Zug nach Wien umgestiegen sind. Die Antwort fällt klar negativ aus. Der weitaus größte Teil fährt mit dem Auto zum Flughafen München oder fliegt zu anderen Umsteigeflughäfen.

„Ein Lenkungseffekt ist eingetreten, aber nicht im Sinne der Erfinderin“, sagt Pressesprecher Alexander Klaus vom Flughafen Salzburg. „Mehr als 90 % der ehemals bis zu 120.000 Passagiere pro Jahr auf der Flugstrecke Salzburg-Wien nutzten die Flugverbindung, um vom Flughafen Wien weiter in die Welt zu fliegen. Rund 10 % dieser Passagiere – vorwiegend Menschen die direkt aus der Stadt Salzburg und dem Nahbereich kamen – waren Point to Point Fluggäste und sind auf die Schiene umgestiegen. Der überwiegende Anteil der restlichen ca. 90 % Passagiere ist entweder auf das Auto in Richtung Flughafen München umgestiegen oder erreicht über andere Drehkreuze im Ausland, Frankfurt, Istanbul, Düsseldorf, Dubai, Amsterdam das gewünschte Ziel.“ Das Drehkreuz Wien habe vor allem für die ländlichen Salzburger Bezirke und die vielen Geschäftsreisenden aus dem Grenzbereich Deutschland an Bedeutung verloren. „Die Flugverbindung von Salzburg nach Wien bestand 60 Jahre. Die Einstellung stellt eine nachhaltige Schädigung des Wirtschafts- und Industriestandortes Salzburg dar. Sie erfolgte nicht aus Klimagründen, siehe Emissionsverlagerung auf die Straße, sondern aus reinem Dogmatismus“, so Klaus.

Flughafen Graz: Ähnliches Szenario erwartet

„98 % der Passagiere nach Wien sind Umsteigepassagiere“, befürchtet Wolfgang Grimus, Geschäftsführer des Flughafen Graz ähnliche Auswirkungen für seinen Flughafen, sobald Flüge nach Wien verboten sind. „Entweder werden die Passagiere von Graz aus auf andere Drehkreuze wie Frankfurt, München oder Amsterdam ausweichen oder direkt von Alternativflughäfen wie Laibach abfliegen. In jedem Fall wird ein Großteil der Wertschöpfung ins Ausland verlagert, sollte die Flugstrecke zwischen Wien und Graz eingestellt werden müssen,“ bekräftigt Grimus.

„Erschwerend kommt dazu, dass gerade die für Geschäftsreisende wichtigen Tagesrandverbindungen von Wien aus nicht mehr für Umsteigepassagiere von den Bundesländerflughäfen erreichbar sind oder sich die Heimreise in die Bundesländer an einem Tag nicht mehr ausgeht“, stellt Peter Malanik, Geschäftsführer der AviationIndustry Austria fest. „Ergo werden vor allem Geschäftsreisende ausländische Drehkreuze nutzen, was oft einen Umweg bedeutet. Weniger wird also nicht geflogen“, so Malanik, „Genauso wie es ökologisch sinnlos ist Flüge zu verbieten, ist es auch ökonomisch widersinnig, die Durchführung von Flügen staatlich zu verordnen.“

Verlust an Konnektivität

Für WKÖ-Luftfahrtobmann Günther Ofner steht damit fest: „Die erwarteten positiven Effekte auf die CO2-Emissionen in Österreich sind nicht eingetroffen.“ Ofner merkt in diesem Zusammenhang an, dass die Luftfahrt laut IEA und Umweltbundesamt in Österreich einen Anteil von weniger als 0,2 % an den gesamten CO2-Emissionen hat. Europaweit ist der Anteil bei etwas mehr als 0,5 % und weltweit bei 2,7 %. „Nichtsdestotrotz hat sich die Luftfahrt weltweit zum Ziel gesetzt, bis 2050 CO2-neutral zu sein. Für die Erreichung dieses Ziels leistet die Behinderung der innerösterreichischen Anbindung keinen relevanten Beitrag. Entscheidend ist vielmehr der rasche Einsatz von CO2-neutralen alternativen Flugzeugtreibstoffen. Das bringt unmittelbar messbare CO2-Einsparungen. Zur Beschleunigung des Einsatzes sind entsprechend den EU-Empfehlungen auch Fördermittel notwendig“, so Ofner.“

Zusätzlich hat die Maßnahme negative Auswirkungen auf den Standort, wie Studienautor Stefan Höffinger abschließend zusammenfasst: „Eine Einschränkung inländischer Flugstrecken führt vor allem zu einem Verlust an Konnektivität, welcher sich wiederum negativ auf die Attraktivität des Wirtschaftsstandort Österreich auswirkt. Das heißt, es treten nicht nur die erwarteten Effekte für den Klimaschutz nicht ein, sondern durch das Ausweichen auf ausländische Drehkreuze geht zusätzlich innerösterreichische Wertschöpfung verloren.“ Ein Verbot von inländischen Flügen sei daher nicht zielführend.

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