Als ich am Vortag dieses Tripreports einen A220 von Air Baltic auf meinem Swiss-Flug nach Zürich bestieg, musste ich schon ein wenig schmunzeln. Hatte ich doch knapp 3 Wochen vorher eine E-Mail von Air Baltic erhalten. „Es gibt eine Änderung Ihres Fluges“ besagte diese. Diese Mail bezog sich allerdings nicht auf den Swiss Flug durchgeführt von Air Baltic, sondern auf meinen, am Folgetag gebuchten Air Baltic Flug, von Zürich nach Riga.
Hatte ich den Flug samt Sitzplatzreservierung von Zürich nach Riga bei Air Baltic mit deren A220 gebucht, bemerkte ich erst auf den zweiten Blick, dass nicht die minimale Änderung der Abflugzeit von 5 Minuten „das Highlight“ der Mail war, sondern der Change des Operating Carrier – auf die rumänische Carpatair. Ein Schock.
Sah ich mich vor meinem inneren Auge nach fast genau 10 Jahren wieder in deren Fokker 100. Ein kurzer Blick in das Buchungstool der „BT-Homepage“ konnte mich zumindest dahingehend beruhigen, dass dort als Flugzeugtyp ein Airbus A319 angegeben war.
Da in diesen Momenten der „Aviation-Geek“ in mir durchkommt folgte direkt als nächstes der prompte Blick in eine einschlägig bekannte Flugzeugdatenbank, woher der Carpatair A319 kommt.- (ex easyJet)
(Der zwischenzeitlich zweite eingeflottete A319 – welcher ebenfalls für Air Baltic im Einsatz ist, hatte eine etwas bewegte Geschichte mit Auslieferung an Hamburg International (HHI), sowie langjährigem Einsatz bei Germania Schweiz (HolidayJet) und deren Nachfolgegesellschaft Chair.) Nun also war es soweit, ich fand mich am Gate in Zürich ein. Zeit, Carpatair eine zweite Chance auf diesem knapp zweistündigen Flug in die lettische Hauptstadt zu geben.
Check-In (Air Baltic):
Air Baltic bietet in der Economy Class drei verschiedene Tarife an. Im günstigsten Einsteigertarif „Green“, ist neben dem maximal 8 Kilo schweren Handgepäck (Trolley möglich) auch ein persönlicher Gegenstand inkludiert. Zu beachten ist, dass hierbei der Online / Web Check verpflichtend ist. Da Air Baltic zum Zeitpunkt meiner Buchung allerdings eine größere Datenpanne hatte (Aviation.Direct berichtete), wurde der Web Check In aus Sicherheitsgründen abgeschaltet und ich musste am Flughafen einchecken.
Im Green Plus Tarif, welcher im Schnitt ab ca. 25€ teurer ist, als der Einstiegstarif, ist dann das Aufgabegepäck von 23 Kilo inkludiert. Der deutlich teurere „Classic Tarif“, beinhaltet dann zahlreiche Extras wie eine Sitzplatzreservierung, Priority Check-in am Flughafen oder den „Early Bird Online Check-In“. Zum Zeitpunkt der Buchung war der Classic Tarif knapp 3x so teuer wie das billigste „Green“ Ticket. Gut 5x so teuer (ab 300€) wäre die Buchung in der Business Class (im Business Light Tarif) gewesen. Diese unterscheidet sich vom regulären Business Tarif lediglich darin, dass im Light Tarif keine Erstattung möglich ist, diese wird lediglich mit dem teureren Tarif angeboten. Ich entschied mich am Testtag für eine „Classic“ Buchung inklusive Sitzplatzreservierung in Reihe 5, für knapp 130€ One-Way. Die Auslastung lag am Testtag bei 112 Gästen an Bord. Bei den maximal 145 Sitzen die der A220-300 gehabt hätte, wäre die Auslastung mit knapp 77% für einen frühen Flug in der Wochenmitte gar nicht schlecht gewesen. Durch den etwas grösseren A319 der Carpatair war der Flieger also zu gut 75% belegt.
Sitze:
Carpatair hat auf Ihrem ersten A319 (YR-ABA, MSN3041), blaue, extra dünne Sitze mit blauem Lederüberzug verbaut. Diese verfügen über eine kleine Recline Funktion. Zusätzlich ist am Vordersitz, jeweils auf der linken Seite ein Anzughaken verbaut.
Der Sitzabstand entspricht dem normalen Standard und wird auf der Carpatair Homepage mit 150/156 angegeben. Reihe 1 verfügt tatsächlich über spektakulär viel Beinfreiheit. Diese 6 Sitze wirken tatsächlich einzeln betracht, jeweils wie in Thron. Wer andere Features wie USB-/ oder Stromanschlüsse sucht wird allerdings enttäuscht.
Wifi / Entertainment:
Auch bietet Carpatair auf Ihrem A319 derzeit keinerlei Entertainment / Streaming /oder gar Wifi Option(en) an.
Service an Bord (Air Baltic Service):
Air Baltic bietet in der Economy Class bereits vor dem Flug eine umfangreiche Auswahl an Essensoptionen zum Pre-Ordern. So kann zu Preisen zwischen 12 und 20€ aus Hauptgerichts Optionen wie Lettisches Hähnchen mit Röstkartoffeln, Pilzen und Gemüse oder Teriyaki-Lachs mit Reis und Gemüse gewählt werden. An Bord gibt es Softdrinks aus dem air Baltic Sky Café ab 2,99€, ein Panini mit Käse und Schinken gibt es für 7,49€. Für meine Kombination (siehe Bild) bezahlte ich mit knapp 10€ an Bord, in etwa genauso viel wie bei den großen Low-Cost-Carriern. Die kleine Dose Pringles mit 3,49€ stach dabei genauso heraus, wie ein einheimisches lettisches Lager (Pint of Aldaris Teika Lager Beer) – 56.8 cl, 5%, Latvia mit stattlichen €7,49. Der Service startete zügig nach dem Start und auch hier glänzte die aufmerksame und freundliche Cabin Crew.
Fazit:
Als die E-Mail mit der Änderung des Operating Carrier von Air Baltic auf Carpatair kam, war dies ganz ehrlich gesagt im ersten Moment ein Schock. Zuletzt hatte ich vor Jahren das “Vergnügen” mit deren Fokker100 fliegen zu dürfen, ein Flug welcher mich rückblickend nicht sonderlich begeistert hatte. Hätte ich meinen/diesen Flug nach Riga auf der Carpatair Homepage als regulären Linienflug gebucht? Vor diesem Flug vermutlich nicht.
Wenn man Air Baltic und deren A220 bucht, hat man (als FQTV) natürlich eine gewisse Erwartungshaltung. Dies zeigte sich auch beim Boarding, als bei zahlreichen Mitreisenden sichtliche Irritationen zu sehen und hören waren, als wir den Jetty in Richtung des A319 liefen, auf welchem deutlich Carpatair zu lesen war.
Auch ist für mich ein gewisser fader Beigeschmack dabei, wenn Teile der eigenen A220 Flotte für SAS, Eurowings oder Swiss im (Dauer)-Einsatz sind, dann aber Flugzeuge im eigenen Flugbetrieb fehlen, wodurch folgend ein buntes Potpourri an Subchartern für „BT“ am Flughafen Riga abfliegt.
So waren am Tag meiner Ankunft unter anderem Hifly mit A319 (in Nice Air Farben), Cyprus mit A320, Avion Express mit A320 und GetJet Airlines mit Boeing 737-800 für Air Baltic im Einsatz, nebst „unserem“ Carpatair A319.
Zugestehen muss man Air Baltic dabei aber auch die allseits bekannten und kommunizierten Ersatzteilprobleme beim A220. Diese zeigten sich auch deutlich in Form von 2 vorm Wartungshangar abgestellten Maschinen, mit jeweils fehlendem Triebwerk.
Kommen wir nun aber zurück zum „Flug des Tages“, durchgeführt vom rumänischen Carrier, welcher sich zwischenzeitlich als reiner ACMI Carrier aufgestellt hat. Anders als bei meiner letzten Linienflug Erfahrung mit Carpatair, kann ich gleich vorwegsagen, dass ich diesen Flug in guter Erinnerung behalten werde.
Die Kabine des „ex easyJet“ – A319 wurde vor der Indienststellung vollständig modernisiert und wirkte mit den schmalen blauen Ledersitzen frisch und modern. Lediglich an der Galley Konfiguration ließ sich für das geschulte Auge noch die Herkunft vom britischen LCC erkennen. (die besonders kleinen Öfen)
Die Crew, welche an diesem Tag auch noch einen Line-Checker an Bord hatte und daher zu fünft an Bord war, wirkte bereits zum Boarding und zu früher Stunde unglaublich herzlich und bemüht. (vermutlich wegen des Line Checks).
Ein Highlight ist dabei der Seatpitch in Reihe 1, in welchem es nach Rücksprache mit der Crew, beim Testsitzen absolut unmöglich war, die Trennwand zur Galley mit den Füßen zu erreichen. Wer also das Vergnügen hat, einen Carpatair / Air Baltic Flug (in der Business Class) zu erwischen, sollte unbedingt eine Reservierung in Reihe 1 vornehmen.
Ein besonderer Gruß geht a die Crew des Fluges, welche sich wirklich herzlich, gastfreundlich und aufmerksam um die Passagiere kümmerte. Dies zeigte mir am Ende wieder einmal deutlich, dass am Ende zwar ein gutes „Hard Product“ gerade auf längeren Flügen wichtig ist, jedoch so ein Flug auch mal schnell steht oder fällt wegen des -„Soft Product“ – einer wirklich herzlichen, bemühten Crew.
„Well done – Carpatair“, dieser Flug hat das Fokker 100 Erlebnis von damals deutlich wettgemacht. Trotzdem, freue ich mich, wenn ich das nächste Mal wieder in einem Airbus A220 auf einem Air Baltic Flug sitze, was allerdings der Tatsache geschuldet ist, dass ich den Flugzeugtyp einfach unglaublich gerne fliege.
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