Kommentar: Paid-Catering läuft nicht bei hohen Ticketpreisen

Wasserflasche (Foto: Jan Gruber).
Wasserflasche (Foto: Jan Gruber).

Kommentar: Paid-Catering läuft nicht bei hohen Ticketpreisen

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Kaum ein Thema diskutieren Luftfahrtbegeisterte so häufig, emotional und intensiv wie Catering und Getränke auf Economy-Class-Flügen innerhalb Europas. Schon lange sind die Zeiten vorbei, in denen – beispielsweise – bei Tyrolean Airways ein mehrgängiges Menü serviert wurde. Viele Anbieter setzen auf Speisen und Getränke gegen Bezahlung, jedoch wird das Angebot äußerst unterschiedlich angenommen.

Subjektiv empfunden dürfte schon so ziemlich jeder Austrian-Airlines-Flugbegleiter „klassische Wenigflieger“ an Bord gehabt haben, die mit dem Umstand, dass es beim letzten Flug, der mitunter schon Jahrzehnte zurückliegt, ein im Flugpreis inkludiertes Schnitzel auf den Klapptisch serviert gab, jedoch nun für Sandwiches und Durststiller die Geldbörse gezückt werden muss. Die Ticketpreise sind mit der Einführung von Paid-Catering auf der Kurz- und Mittelstrecke der Lufthansa Group keineswegs gesunken, denn in jenem Moment, in dem die Nachfrage wieder kräftig angezogen hat, wollte man im Lufthansa Aviation Center auch finanziell kräftig profitieren. Auf vielen Kurzstrecken sind die Preise erheblich teurer als vor der Corona-Pandemie und das obwohl die Firmengruppe nur zeitverzögert von stark gestiegenen Treibstoffkosten betroffen ist. Fuel Hedging lautet das Stichwort, das vielen Airlines sprichwörtlich den Allerwertesten gerettet hat.

Die meisten Billigflieger sind von Anfang an mit Paid-Catering auf den Markt gegangen. Unterschiede finden sich eigentlich nur in der Vielfalt der Auswahl und natürlich beim Preis. Nach und nach haben auch etablierte Carrier und Ferienflieger das Konzept übernommen. Zuvor hat man jedoch kofferlose Tarife und teilweise auch Handgepäck- und Check-in-Gebühren abgekupfert. Dies hat auch einen gewissen Erziehungseffekt, denn viele Fluggäste rechnen regelrecht damit, dass für jeden Handgriff nochmals die Geldbörse gezückt werden muss. Davon ausgenommen sind freilich klassische Wenigflieger, die zuletzt in den 1990er-Jahren geflogen sind.

Die Produktunterschiede zwischen Billigfliegern wie Ryanair, Easyjet, Eurowings, Vueling, Volotea, Wizz Air und Carriern der Lufthansa Group werden immer geringer. Nimmt man Wien-Palma de Mallorca im jeweils billigsten Tarif als Referenz, so ist bei Austrian Airlines lediglich die Mitnahme eines Handgepäck-Trolleys und ein Becher Wasser, den es aber nur auf explizite Nachfrage gibt, zusätzlich inkludiert. Für den Check-in am Schalter erhebt Austrian Airlines in der Tat keine Extrakosten, jedoch verlangt man an vielen Airports, dass die Passagiere ihre Bordkarten zuvor online, über das Smartphone oder an Automaten beziehen. Ansonsten gibt es kaum noch Unterschiede zum Ryanair-Produkt, denn beispielsweise für Check-in-Gepäck, Speisen und Getränke, Sitzplatzreservierungen und vieles mehr wird bei beiden Anbietern abkassiert.

Vorbestellungen als indirektes Eingeständnis, dass es unrund läuft

Nicht auf allen Routen klingelt bei Lowcostern hinsichtlich dem Bordverkauf von Catering und Durstlöschern permanent die Kasse. Es gibt Strecken, auf denen die Trolleys regelrecht leer gekauft werden und andere, auf denen allenfalls mal ein einziger Becher Kaffee erworben wird. Dennoch läuft das Thema Paid-Catering bei Billigfliegern besser, weil es mehr oder weniger etabliert ist und manchmal die Ticketpreise niedriger sind als bei „klassischen Airlines“. Die Bereitschaft zum Erwerb zusätzlicher Leistungen ist grundsätzlich höher, wenn man den Flugschein an sich als Schnäppchen empfindet.

Genau hier hat die Lufthansa Group ein Problem, denn die schleichend stark erhöhten Ticketpreise beim sukzessiven Abbau von inkludierten Leistungen, verärgert viele Reisende. Dass man kein Drei-Gänge-Menü, das es auf der Kurzstrecke ohnehin schon lange nicht mehr gibt, erwartet, ist klar. Allerdings erwarten sich viele Passagiere, dass bei Flugscheinpreisen von 500 Euro, 600 Euro oder gar 1000 Euro (oneway) zwischen Deutschland und Österreich zumindest freie Getränkeauswahl und ein Brötchen inkludiert sein sollte. Das ist aber nicht der Fall und aus stillem Protest wird dann an Bord nur wenig gekauft.

Natürlich spricht die Lufthansa Group nicht gerne darüber, dass das Paid-Catering auf vielen Routen – gelinde gesagt – stark verbesserungsbedürftig von den Fluggästen angenommen wird. Das Ausmaß ist aber so beachtlich, dass man vor wenigen Tagen angekündigt hat, dass Speisen aus dem Verkaufskatalog online vorab bestellt werden können. Eine ähnliche Lösung hatte Austrian Airlines vor der Corona-Pandemie in Zusammenarbeit mit Do&Co, jedoch wurde diese mit der Einführung des Bordverkaufs still und heimlich eingestellt.

Das Thema Nachhaltigkeit spielt eine immer größere Rolle. Was hilft es, wenn man viele verschiedene Speisen mitführt, auf denen die Crews bzw. deren Arbeitgeber oder das Catering-Unternehmen, in dessen Namen und Rechnung verkauft wird, sitzen bleiben? Mit Vorbestellungen will man den täglichen Lebensmittelabfall reduzieren. Dies setzt aber voraus, dass die Fluggäste bereit sind bei hohen Ticketpreisen zusätzlich für Essen und Trinken zu bezahlen. Gerade auf kürzeren Flügen ist dies oft entbehrlich, denn eine Stunde ohne zu speisen oder zu trinken hält so ziemlich jeder aus. Oder wer erwartet, dass im Flixbus Snacks und Getränke inkludiert sind? Den Unterschied macht aber der Preis aus. Hat man für die Reise viel Geld bezahlt, so ist man geneigt auf einen Kaffee und/oder ein Brötchen zu verzichten. Insbesondere dann, wenn die an Bord aufgerufenen Kosten jene, die in der Gastronomie an Airports verlangt werden, nochmals übertreffen.

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