Kommentar: Unzureichende Vorbereitung auf den „ReStart“ 2022

Anzeigetafel am Flughafen Tel Aviv Ben Gurion (Foto: Jan Gruber).
Anzeigetafel am Flughafen Tel Aviv Ben Gurion (Foto: Jan Gruber).

Kommentar: Unzureichende Vorbereitung auf den „ReStart“ 2022

Anzeigetafel am Flughafen Tel Aviv Ben Gurion (Foto: Jan Gruber).
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Das (Sommer) Drama mit Ansage hat begonnen – chaotische Szenen bei Airlines und Flughäfen von A bis Z

Alles begann mit dem Start der Pandemie Anfang 2020.  Waren die internen und externen Newsletter, Updates, Briefings und Pressemitteilungen der Top Entscheider der Luftfahrtbranche gefüllt mit “wir schaffen das” und anderen Durchhalteparolen, wurde die Ernüchterung in den Chefetagen von Woche zu Woche größer. Aus “wir schaffen das”, wurde vielerorts ein, “wir müssen retten was zu retten ist”. Weltweit gab es im Jahr 2020 bei Airlines und Airports Personalentlassungen in schwindelerregenden Höhen. Eine schlimmer und höher als die andere.

Die, die bleiben „durften“ saßen vielerorts auf Kurzarbeit. Nun allerdings verunsichert was die Zukunft bringen würde, begannen nun weitere Teile freiwillig das Handtuch zu werfen und sich ein neues berufliches Standbein zu suchen. Auch wenn dieser Effekt kurzfristig geholfen haben mag, die monatlichen Fixkosten in der Luftfahrtbranche zu drücken ist ein nicht unerheblicher Teil dieser, inzwischen ehemaligen, Kollegen auf ewig verloren. Eine vormals als sehr attraktiv empfundene und über Jahre Wachstumsverwöhnte Branche war im Zuge der Pandemie der Zauber der damit verbundenen beruflichen Sicherheit genommen worden.

Aus den Durchhalteparolen waren zwischenzeitlich im Frühjahr, Sommer und auch Winter 2021 – Hoffnungsparolen geworden. Im Sommer 2022 „da geht es wieder los“, der „ReStart“ kommt und schon begannen sich vor allem die Airlines in Ihren Aussendungen zu übertrumpfen:

  • „70% der „Vor-Corona-Kapazität“…,
  •   75%  …. 80% … 90% usw. usw.

Die Zuversicht schien bereits im vergangenen Winter schier grenzenlos. Doch mit welchem Personal eigentlich? Natürlich stellte sich da kein hochrangiger Manager hin und gibt den Miesepeter, in einer Branche, die gerade wieder ein wenig Aufwind verspürte. Doch es gab sie, die einigen, wenigen, die zaghaft anmerken ließen „es könnte eng und knapp werden im Sommer“. In den letzten Wochen wurde EIN Umstand dabei immer deutlicher – ENG wird eine maßlose Untertreibung. Wer dieser Tage die Augen und Ohren nach Nachrichten aus der Luftfahrt offenhält, stolpert mehr und mehr über Wörter wie “Chaos”, “Streichungen”, “Personalmangel” oder “Verspätungen”.

Aber auch Nachrichten wie: „Die Gäste haben das Fliegen verlernt“ ist da zu lesen gewesen. Mag sein, dass ein Teil der langen Schlangen vor den Sicherheitskontrollen an Europas Flughäfen daraus resultiert, aber das ist eben nur EIN Teil der Wahrheit. Schon werden in der Zwischenzeit die ersten Rufe laut man möge an den gerade im Chaos versinkenden Flughäfen in der UK sogar das Militär einsetzen. Wieso? Weil Menschenmassen dort quer durchs Land bis zu vier Stunden vor den Check-In und Sicherheitskontrollen warten mussten und am Ende trotzdem ihrem Flieger hinter winken mussten, wenn dieser nicht gar komplett leer, seine Reise antreten musste.

Im benachbarten Amsterdam war die Lage schier dermaßen ausweglos, dass sich eine der größten europäischen Airlines entschied keine Fluggäste innerhalb Europas mehr dorthin zu fliegen…Tage nachdem bereits der Verkauf von Flugtickets über ein Wochenende hinweg nach AMS ausgesetzt werden musste. Die Lage in der DACH Region ist bei zahlreichen Airlines und Airports allerdings nicht erheblich besser. An den vergangenen Wochenenden rund um Himmelfahrt und Pfingsten gingen erste Flughäfen und Airlines nun also wie erwartet in die Knie. Teils offen; teils hinter verschlossener Tür wird dabei ein Problem als Grund benannt: Personalmangel.

Doch wo liegen die Gründe? Zum um einen wäre da das Training, die Sicherheitsüberprüfungen und die Einarbeitung, all dies kostet natürlich Geld, aber dieser Tage noch etwas viel Wertvolleres =Zeit. Zeit die gerade an einem Flughafen die wenigsten haben. Zum anderen muss aber auch kritisch gefragt werden, wie potenziellen Neueinsteigern die Luftfahrt schmackhaft gemacht werden soll. Eine Branche die sich oftmals über Stunden- und/oder (befristete) Teilzeitverträge definiert, an Orten die nicht selten 24/7, 365 Tage im Jahr in Betrieb ist, teils irgendwo im nirgendwo oder weit vor den Toren der Stadt. Eine Trainerin sagte mir vor bald zwei Jahrzehnten einmal „ich sehe in der ersten Woche direkt, ob jemand für den Flughafen gemacht ist, dass hier muss man lieben“.

Wollten also die Airlines auf einmal zu viel, zu schnell? Natürlich müssen jetzt nach bald 2,5 Jahren durchwachsenem bis schlechtem Geschäft die Umsätze sprudeln, aber geht das Ganze eventuell komplett nach hinten los? Wenn Verspätungen und Entschädigungen sowie die Kosten für Subcharter jeglichen finanziellen Rahmen sprengen? JETZT ist es zu spät. Das Kind ist, zumindest für diesen Sommer, in den Brunnen gefallen. Die nächsten Wochen werden wohl nicht die schönsten, Verspätungen und Ausfälle, all dies wird sich in nicht unerheblichem Maße wohl nicht mehr vermeiden lassen.

Daher bleibt mir nur zu sagen: Ich wünsche allen Mitarbeitern und Fluggästen für die kommenden Wochen, möglichst viel innere Ruhe und Geduld in Kombination mit starken Nerven. Mögen all die Menschen, die dieses Jahr ihr erstes Jahr beruflich an einem Flughafen verbringen, bitte nicht direkt nach den ersten Tagen & Wochen wieder an Kündigung denken, die Luftfahrtbranche braucht aktuell jede helfende Hand! Nach den Erfahrungen der letzten 8 Wochen (Ostern, Himmelfahrt und Pfingsten) lässt sich allerdings auch eines sicher prophezeien: Dieser Sommer wird heiß an Europas Flughäfen! (und damit meine ich nicht die Wettervorhersage) WIE heiß, das werden wir in einigen Wochen an anderer Stelle resümieren…

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