Lauda-Chef O’Brien: “Verhandeln mit Airbus – Umflottung auf Boeing nicht fix”

David O'Brien (Foto: Jan Gruber).
David O'Brien (Foto: Jan Gruber).

Lauda-Chef O’Brien: “Verhandeln mit Airbus – Umflottung auf Boeing nicht fix”

David O'Brien (Foto: Jan Gruber).
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Die Ryanair-Tochter Lauda Europe wird laut jüngstem internem Rundschreiben von Geschäftsführer David O’Brien im Winterflugplan 2021/22 mindestens zehn Airbus A320 im Auftrag der Konzernschwester Ryanair DAC ab Wien-Schwechat einsetzen. Eine entsprechende Vereinbarung wurde bereits abgeschlossen.

Ab Palma de Mallorca wird man im Sommer bis zu fünf Maschinen dieses Typs einsetzen. Für die Wintersaison habe man allerdings noch keine Bestätigung seitens Ryanair erhalten. Man befindet sich in Verhandlungen, um einen eventuellen Personalabbau vermeiden zu können. In Wien sieht David O’Brien keine Aussicht darauf, dass es deutlich mehr als zehn Airbus A320 für den Winter werden könnten, denn sowohl die Kosten am Airport als auch der Betrieb des Maschinentyps sollen hoch sein.

Verhandlungen über A320neo für Lauda Europe laufen weiter

Im Anschreiben wird auch die Einflottung der ersten Boeing 737-Max-200 bei Ryanair erwähnt. Dieses Flugzeug soll ab Stansted eingesetzt werden. David O’Brien hebt die gegenüber dem Airbus A320 aus seiner Sicht deutlich niedrigeren Kosten hervor. Darauf angesprochen diese zu beziffern, sagte der Manager gegenüber Aviation Direct: „Jedes Flugzeug, das vier Prozent mehr Sitzplätze bietet, aber 16 Prozent weniger Treibstoff verbraucht und die Lärm-/CO2-Emissionen um 40 Prozent reduziert, ist ein Gamechanger. Wir legen keine Kostenvergleiche offen, die geschäftlich vertraulich sind.“

Zwar verkündete der Finanzchef der Ryanair Group kürzlich, dass Lauda Europe auf Boeing 737 Max 200 umgestellt werden soll, doch ganz in trockenen Tüchern ist das noch nicht. Auch laufen entgegen anderslautender Meldungen weiterhin intensive Gespräche mit dem europäischen Flugzeugbauer Airbus.

Lauda muss sich neue Flugzeuge intern „erarbeiten“

In seinem Rundschreiben deutet David O’Brien an, dass sich Lauda Europe fabrikneue Flugzeuge sprichwörtlich verdienen muss. Dabei nennt er keinen konkreten Maschinentyp: „Es ist von entscheidender Bedeutung, dass unser gesamtes Lauda-Team unsere Flexibilität, Effizienz und Kostenkontrolle beibehält, um so viele Aufträge wie möglich für den Winter zu gewinnen und auf längere Sicht die Zuteilung neuer Flugzeuge an Lauda Europe rechtfertigen zu können. Unsere A320-Leasingverträge laufen für die nächsten drei bis vier Jahre ab“.

Darauf angesprochen erklärte der Lauda Europe- und Malta Air-Chef gegenüber Aviation Direct: „Jede endgültige Entscheidung über die A320 hängt von der Verfügbarkeit und den Preisen der A320 von Airbus oder den Leasingraten für die A320 am Ende der bestehenden Leasingverträge von Lauda Europe ab. Lauda Europe ist wie Ryanair stets bestrebt die niedrigsten Flugkosten zu erzielen. Lauda muss weiterhin die Flexibilität, Effizienz und Kostenkontrolle unter Beweis stellen, die erforderlich sind, um neue Flugzeuge zu rechtfertigen, wenn die A320-Leasingverträge auslaufen“.

Firmenzentale von Lauda und Malta Air in Pieta (Foto: Jan Gruber).

O’Brien: „Umstieg auf Boeing ist nicht fix“

Explizit auf die in Medien kolportierte Umflottung auf Boeing-Maschinen angesprochen, antwortete David O’Brien: „Die Annahme, dass Lauda Europe zu Boeing wechselt, ist nicht gesetzt, es sei denn die Flugzeugkosten von Boeing sind im Jahr 2023 oder 2024, wenn die bestehenden A320-Leasingverträge auslaufen, erheblich niedriger als die Anschaffungskosten für Airbus-Flugzeuge. Ein möglicher Umstieg ist nicht fix, es ist noch viel zu früh“.

Die überwiegende Mehrheit der A320-Leasingverträge läuft in den Jahren 2024 und 2025. Als Horizont für die Entscheidung über die künftige Lauda-Europe-Flotte nennt O’Brien „2022 oder 2023“. „Jegliche Ein- oder Ausflottung hängt davon ab zu welchen Kosten in 2022 oder 2023 Flugzeuge bezogen werden können“, so der Airline-Chef.

Sollte jedoch dann die Entscheidung fallen, dass Lauda Europe ebenfalls auf Boeing 737 Max 200 wechseln sollte, so hätte die Ryanair Group die Situation, dass man zwei maltesische Boeing-Operator hätte. Derzeit trennt man den Betrieb von Airbus-Jets (Lauda Europe) und Boeing-Maschinen (alle anderen Konzernmitglieder inklusive Malta Air). Die Frage, ob dann eine Fusion von Malta Air und Lauda Europe Sinn machen würde, hält O’Brien, der Geschäftsführer beider Malta-Töchter ist, für deutlich verfrüht. Darüber könne man mal in ein paar Jahren reden, falls überhaupt dieser Fall eintreten solle. Zumindest mittelfristig habe man solche Gedanken jedoch nicht.

Ryanair gilt als „gestandener“ Boeing-Stammkunde. Bedingt durch die Übernahme von Laudamotion kamen Airbus A320 in die Flotte. Man nutzte im Zuge der Rückgabe der von Lufthansa geleasten Ex-Niki-Maschinen die Gelegenheit zur Umflottung auf Boeing 737-800 nicht. Die 737 Max 200 bezeichnen unter anderem David O’Brien und Group-CEO Michael O’Leary als Gamechanger, doch der Airbus A320neo bei Lauda Europe scheint immer noch reizvoll zu sein. Doch der Kaufpreis muss stimmen. Auf die Frage warum die Ryanair Group weiterhin auf den A320neo schielt, antwortete O’Brien: „Für die Ryanair Group und unsere Fluggesellschaften ist es interessant die günstigsten Flugzeuge dort einzusetzen, wo wir sie beschaffen können“.

Boeing braucht Ryanair – Airbus ist in einer komfortablen Situation

Airbus ist im Gegensatz zu Boeing in einer komplett anderen Situation, denn der A320neo genießt einen ausgezeichneten Ruf und konnte sich bereits als zuverlässiges „Arbeitstier“ etablieren. Die Max entwickelte sich für die U.S.-Amerikaner zu einem finanziellen Desaster, denn auch an Großkunde Ryanair hatte man enorme Entschädigungen zu bezahlen. Auch ist anzunehmen, dass im Zuge der Nachbestellung, die gegen Ende des Vorjahres getätigt wurde, kräftige Rabatte gewährt wurden. Kurz gesagt: Airbus kann es sich momentan leisten auf eine Großbestellung von Ryanair zu verzichten, aber Boeing kann es sich nicht leisten einen Stammkunden zumindest teilweise an den europäischen Rivalen zu verlieren. Die Corona-Pandemie mischte aber die Karten teilweise neu, denn auch die Europäer erhielten viele Stornos, über die sich für andere Airlines, möglicherweise auch die Ryanair Group, zumindest Gesprächsmöglichkeiten ergeben. Den Flugzeugbauer kommt es billiger Rabatte zu gewähren und die Fertigung der Maschine dann eben für einen anderen Kunden zu machen als diese gänzlich zu streichen.

Die Corona-Pandemie führte auch bei Ryanair zu einem Umdenken. Abgesehen von Buzz in Polen war das Chartergeschäft über viele Jahre hinweg regelrecht tabu. Man hat zwar eine Boeing 737-700, die als Executive Jet vermarktet wird, aber ernsthaft hat man sich nie in mögliche Vollcharter-Kooperationen mit Tour Operators reingekniet. Das soll sich nun ändern und dabei wird Lauda Europe mitmischen.

Boeing 737-800 von Malta Air (Foto: Jan Gruber).

Lauda Europe zog erste Charteraufträge an Land

Die künftige Rolle des A320-Operators beschreibt O’Brien wie folgt: „Die Hauptaufgabe von Lauda Europe besteht darin ein Wetlease-Betreiber der Ryanair Group of Airlines zu sein. Freie Kapazitäten, insbesondere während der Covid-19-Pandemie, können und werden anderen Fluggesellschaften und für das Chartergeschäft zur Verfügung gestellt. Lauda hat diesen Sommer bereits mehrere Charterflüge verkauft.“ Für welche Tour Operator Lauda Europe fliegen wird, sagte O’Brien unter Verweis auf Vertraulichkeit noch nicht. Die Ankündigung müsse der Auftraggeber machen.

In Wien liefern sich die Konzernmitglieder Buzz und Lauda Europe einen konzerninternen Wettbewerb um Flugaufträge der Gruppenschwester Ryanair DAC. Nachgefragt welchen Sinn das hat und ob es nicht sinnvoller wäre ausschließlich Lauda Europe ab Wien einzusetzen, sagte David O’Brien: „Lauda Europe stellt sich dem Wettbewerb, um so viele Aufträge wie möglich von Ryanair erhalten zu können. Der Konzern weist die Kapazitäten und Bases zu und die Flugbetriebe stehen untereinander im Wettbewerb um existierende und neue Bases“.

Laut dem vorliegenden Rundschreiben scheint man momentan innerhalb der Ryanair Group in einer durchaus aussichtsreichen Position zu sein: „Lauda, die die am wenigsten effizienten Flugzeuge der Ryanair-Gruppe betreibt, sieht sich im Wet-Lease-Geschäft nun einem härteren Wettbewerb durch andere Konzern-Fluggesellschaften ausgesetzt. Wir sind stolz darauf, dass wir gemeinsam bei Lauda Europe bisher ausreichend Flexibilität, Effizienz und Kostenkontrolle bewiesen haben, um erfolgreich im Wet-Lease-Geschäft an den neuen Ryanair-Stützpunkten in Zagreb und Zadar zu fliegen.“ Konfrontiert mit der Frage warum Ryanair die Nutzung der Marke Lauda eingestellt habe, antwortete der Manager: „Die Marke Lauda ist nicht ‚eingestellt‘. Die A320-Flotte trägt stolz die Marke Lauda“.

Airbus A320 von Lauda Europe und Boeing 737-800 von Ryanair (Foto: Jan Gruber).

Klagen auf Betriebsübergang: O’Brien sieht kein „KV-Risiko“

Der Vorgänger Laudamotion hat in Österreich, Spanien und Deutschland zahlreiche Gerichtsverfahren am Hals. Mitarbeiter klagen gegen Kündigungen und darüber hinaus haben in den drei genannte Staaten Gewerkschaften Klagen auf Feststellung eines Betriebsübergangs auf Lauda Europe eingebracht. Sollte diese in Österreich Erfolg haben, so würde der „alte“ Laudamotion-Kollektivvertrag auf die Dienstverhältnisse der Lauda Europe anwendbar sein, so die Gewerkschaft Vida. Der im Vorjahr unter großem Wirbel abgeschlossene „neue KV“ wurde übrigens nie formell finalisiert, so dass dieser zu keinem Zeitpunkt in Kraft getreten ist.

David O’Brien sieht das Risiko, dass es zu einer Nachwirkung des Kollektivvertrags Laudamotion kommen könnte, als nicht gegeben an: „Viele Gewerkschaften führen viele Klagen, viel Zeit. Laudamotion betreibt und bietet weiterhin Dienstleistungen für Fluggesellschaften von seinem Büro in Schwechat aus an. Lauda Europe, die über ein maltesisches AOC verfügt, hat keine Geschäfte von Laudamotion oder einer anderen Fluggesellschaft erworben oder „übertragen“ bekommen. Lauda Europe wurde Mitte 2020 von Grund auf neu aufgebaut.“

Malta Air stationiert erste Boeing 737 Max 200 in Bergamo

Die Konzernschwester Malta Air wird demnächst die ersten Maschinen des Typs Boeing 737-Max-200 bekommen. Mit der Einflottung bekommt die Lauda-Konzernschwester auch eine eigene Livery, denn bislang ist man in den Farben von Ryanair unterwegs. Sämtliche „Gamechanger“, wie sie O’Brien nennt, die für Malta Air bestimmt sind, werden zunächst im italienischen Bergamo stationiert. „Wir hoffen im Laufe dieses Sommers die ersten Boeing 737 Gamechanger von Malta Air in Empfang nehmen zu können“, so der Malta-Air-Chef. Es werden allerdings nicht alle Boeing 737 Max 200, die für Buzz bzw. Malta Air bestimmt sind, die jeweilige neue Livery tragen. Laut David O’Brien wird die überwiegende Mehrheit weiterhin in den Farben von Ryanair in der Luft sein.

Wie sich Malta Air und Lauda Europe im Sommer 2022 weiterentwickeln werden und wo neue Bases eröffnet werden könnten, wollte David O’Brien noch offenlassen: „Es ist zu früh, um zu spekulieren wie sich der Sommer 2022 entwickeln wird, da dies vom Zeitpunkt und der Geschwindigkeit der Covid-Erholung und der Aufhebung der Covid-Reisebeschränkungen abhängt“. Letzteres ist im Hinblick auf die Erfahrungen vom letzten Winter nicht absehbar.

Boeing 737 Max 200 (Foto: MAviO News / Captain N D’Amato).

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