New York, If you can make it there, you make it anywhere. Diese Weisheit die bereits einst der große Frank Sinatra in seiner Hymne an eine der wohl spannendsten Metropolen der Welt besang, lässt sich auch fantastisch auf diese norwegische Neugründung mit dem Namen „Norse“ übertragen. Schaffst du es auf Berlin – New York, dann schaffst du es überall. Wie ein Ausblick auf den kommenden Winterflugplan zeigt, scheint Norse es, zumindest ab Berlin, nicht geschafft zu haben.
Inmitten der Corona Pandemie, mit einem Low-Cost-Konzept auf der Langstrecke an den Start gegangen, ist der einzige Schnittpunkt derzeit der Berliner Hauptstadtflughafen BER. Startete die Airline mit täglichen 787-9 Dreamliner Flügen ab Berlin nach New York JFK, sind davon derzeit nur noch 4 wöchentliche Flüge übrig geblieben.
Die groß angekündigte L.A (LAX) Verbindung, zu deren Erstflug ich im August ebenfalls geladen war, erübrigte sich binnen weniger Wochen. Die dritte Berlin Route nach Florida, welche zunächst am Tag der Veröffentlichung, auf den Social Media Kanälen der Norse kurzzeitig als „Miami“ beworben und sich dann als Fort Lauderdale herausstellte, dürfte nach derzeitigem Kenntnisstand nach einer kurzen Wintersaison 2022/23 wieder Geschichte sein. Wie der Flurfunk berichtet, sind die Auslastungszahlen zwar gar nicht schlecht und auch die Preise haben sich seit der Ankündigung vor einem Jahr von seinerzeit ab 149€ One-Way nach New York auf ab rund 250€ verteuert, dennoch muss Norse dringend Geld verdienen und dafür reicht der Markt ab Berlin ganz offenbar nicht aus.
Nachdem ich zunächst einen Flug ab Berlin nach Fort Lauderdale geplant hatte, wurde nun also am Ende New York daraus. Eine Stadt, welche mich seit mehr als einem Jahrzehnt fasziniert, manche würden sagen mein „Happy Place“. Egal ob im Sonnenschein auf der Brooklyn Bridge, Joggen am Hudson, bei Schneefall auf dem Empire State Building oder zu meinem ersten NBA Basketball Spiel im MSG, verbinde ich auf Lebzeiten zahlreiche wunderschöne Erinnerungen mit “The Big Apple”.
Als wir an diesem Freitagabend um 20:39 Ortszeit auf der Landebahn 4R des Flughafens John F. Kennedy aufsetzen, waren wir kaum mehr als 7h15 in der Luft, mein persönlich „schnellster“ HINflug auf der Strecke Berlin – New York. Von der Türöffnung der 2L um 20:51, über die Einreise keine 10 Minuten später, bis zur Abfahrt des UBER in Richtung Manhattan, alles lief an diesem Abend wie am Schnürchen und zur eigentlich geplanten Landezeit um 22:00, stand ich bereits mit Rucksack und Venti Kaffeebecher vor dem Empire State Building. Auftakt, für einen weiteren großartigen Aufenthalt in der US-Metropole.
Check-In
Norse verlangt zwar eigentlich bereits seit der Gründung im günstigsten Tarif den vorherigen Online Check-In im klassischen LCC Format, da dies technisch aber immernoch nicht sauber umgesetzt ist, war dies trotz meiner Hinflug Buchung im Economy Light Tarif nicht möglich und ich musste klassisch an den Check In Schalter (ohne Gebühr / laut Homepage sonst 10 Dollar). Zwar konnte ich per vorherigem Online Check-In Versuch bereits den mir automatisch zugewiesenen Mittelsitz auf dem Hinflug einsehen, allerdings erschien im letzten Schritt auf beiden Flügen der Hinweis „this is not a boarding pass“. Damit war der vorherige Gang zum Schalter unvermeidbar. Sowohl in Berlin , als auch in New York klappte dies dann auf beiden Flügen reibungslos.
Die Preise für die Sitzplatzreservierung ist bei Norse ab 25$ pro Sitz und Strecke (für einen Mittelsitz im hinteren Teil der Maschine) bis zu 120$ pro Sitz und Strecke am Notausgang, vorab zu haben. Das System teilt im günstigsten Tarif automatisch zu und lässt auch eine Änderung nur gegen die geschriebenen Gebühren zu.
Boarding
Zunächst einmal möchte ich vorweg nehmen, dass beide Testflüge Ende April (keine Ferien) nahezu ausgebucht gewesen sind. Sowohl in der Premium- als auch der Economy Class waren maximal nur noch wenig Restplätze verfügbar, auf dem Rückflug von New York nach Berlin, war die Premium Class sogar restlos ausgebucht.
Umso lustiger fand ich hierbei, dass ich für den Hinflug in der vollen Maschine ab Berlin nach New York, in der Economy Class zwar Priority Boarding hinzugebucht und auch bezahlt hatte (20 Dollar), dies allerdings gar nicht stattfand. Auf meinem explizite Nachfrage beim Ticket kontrollierenden Personal des für Norse zuständigen Dienstleisters „WISAG“ hieß es lediglich „sowas ham wa hier nicht“…aha. Immerhin wurde dies nach Vorzeigen meiner Buchungsbestätigung und dem dortigen Hinweis „Priority Boarding“ noch mit „dann geh‘n se halt nach vorne“ quittiert. Peinlichst genau wurden übrigens die Gepäckstücke mit einem Label für Carry-On (Trolley) und Underseat (kleines Handgepäck/Rucksack) versehen und auch kontrolliert. Die Preise hierfür am Flughafen sind ordentlich und sollten bei der Reiseplanung vorab defintiv eingeplant und auch gebucht werden (wenn benötigt) um unnötig hohe Preise zu vermeiden.
Entertainment / Wifi
Zunächst einmal sollte positiv erwähnt werden, dass Norse In-Seat-Monitore verbaut hat (anders als beispielsweise Scoot) und ALLEN Passagieren gratis ein Entertainment Programm zur Verfügung stellt.
Da eine Nutzung nur per regulärem 1-Pin Stecker möglich ist, sollte man diese allerdings dabei haben, da der Kauf andernfalls mit 3,50 Dollar zu Buche schlägt. Das Entertainment Programm selbst, bietet eine Auswahl aus mehr als 100 Filmen und Serien. Hierbei sollte allerdings erwähnt werden, dass bei beidem nicht unbedingt die neusten Blockbuster und Serien, sondern ehr „altbackener“ Content zur Verfügung stehen.
Während der Monitor in der Economy Class die Größe eines iPad Minis hat, ist dieser in der Premium Class zum ausklappen aus der Armlehne schon deutlich größer. Größter Minuspunkt für mich ist, dass der Flieger über keinerlei Airshow oder Moving Map verfügt, sondern lediglich über einen „Fact-Screen“, mit verbliebener Flugzeit / Uhrzeit am Abflug- und Zielort. Schade.
Ebenfalls ein Kritikpunkt ist, dass sämtliche Infotainment Inhalte weder in deutscher Sprache, noch mit deutschen Untertitel angeboten wurden, hier konnte man also die Reisesprache direkt schon bei der Anreise auffrischen. Gut, sollte Norse seine Flüge ab/an Berlin einstellen, wird dies wohl auch für die verbleibenden Monate nicht mehr notwendig sein. WLAN wird auf den 787 Dreamlinern derzeit nicht angeboten.
Sitze
Norse bietet in der Economy Class eine 3-3-3 Bestuhlung mit grauen Ledersitzen , sowie eine 2-3-2 Bestuhlung in der Premium Class an. In beiden Klassen verfügen die auch nach 7 Stunden noch recht bequemen Sitze über verstellbare Kopfstützen, sowie eine kleine Recline Funktion in der Economy Class. In der Premium Class lassen sich die Sitze inkl. der eingebauten Fußstütze auf ca. 150 Grad Neigung verstellen. Sowohl in Economy als auch der Premium Class befindet sich ein USB Anschluss direkt am Monitor zum aufladen des Smartphones, zusätzlich befinden sich auch Stromanschlüsse in der Premium Class zwischen den Sitzen.
Service an Bord
Zunächst einmal war ich sehr überrascht, dass auf dem Hinflug der scheinbar überwiegende Teil der Passagiere den günstigsten Tarif gebucht hatte. Dies machte sich spätestens daran bemerkbar, dass lediglich eine Handvoll vorab gebuchter Essen (Hotmeals) ausgeteilt wurden. Auch wirkte die Cabin Crew zwar freundlich und bemüht, allerdings mit der Essensliste der im Ticketpreis inkludierten bzw. vorbestellten Essen, sowie der Menge an Beschwerden Reisender OHNE Verpflegungsanspruch teilweise hilflos bis gar überfordert.
Ich hatte vorab eine der angepriesenen Tapas Platten bestellt, diese empfand ich mit 9 Dollar als fair, gegenüber der 30 bzw. 20 dollar für den 1/2ten Service. Auf Nachfrage wurde mir durch die Crew mitgeteilt, dass die Tapas auf diesem Flug nicht beladen wurden und so bot man mir ein Sandwich (Preis ansonsten 10 Dollar) als Alternative sowie ein Soft- Oder Heißgetränk (gratis) zur compensation der Umstände an, ein netter Zug.
Insgesamt sind die Preise an Bord, ok (ab 3,50 Dollar für Softgetränk oder Kaffee) aber nicht unbedingt günstig. Auffällig fand ich, dass die Verkaufsgeräte der Crew noch mit einem dicken “DY” – sprich norwegian Logo Versehen waren. Auch ereilte mich auf dem Rückflug eine witzige Kleinigkeit. Auf den in der Premium Class gratis verteilten Decken (in der Economy Class 5 Dollar), fand sich in der Ecke noch das nur halbherzig rausgeschnittene Norwegian Logo. “The Spitit of Norwegian” fliegt halt doch noch irgendwie in den Norse Fliegern mit.
Fazit:
Wer in einem der sich (derzeit) recht häufig wiederholenden Sale(s) ein günstiges Norse Ticket ergattert und von A nach B ohne großes „Service-Feuerwerk“ fliegen möchte, bekommt – was Norse verspricht. Eine Punkt – zu Punkt Verbindung, immerhin zu/ab Major Airports, in einem modernen Flugzeug ohne jeglichen Schnick-Schnack. Trotzdem ist Norse ein Low-Cost-Carrier und dies merkt man auch an Bord, in beiden Klassen, teils deutlich.
Da ich für diesen Tripreport Hinwärts einen Platz in der normalen Economy- und auf dem Rückweg in der Premium Class hatte, lässt sich ein ganz guter Vergleich beider angebotener Produkte erzielen. Der Sitzabstand ist auch in der Economy Class soweit akzeptabel. Ob ich einen 11 oder 12 Stunden Flug in Richtung LAX oder BKK auf einem Mittelsitz der 3-3-3 Bestuhlung antreten möchte, dies stünde allerdings auf einem ganz anderen Blatt Papier.
Die Norse Premium Class, ist absolut mit einer „Standard“ – Premium Economy Class, allerdings keinesfalls mit einer Business Class vergleichbar. Der Sitzabstand ist üppig, die Liegefläche mit 150 Grad Neigung und fehlendem Kissen, akzeptabel aber nicht unbedingt bequem. Auf meinem 7h55 dauernden Rückflug in der ausgebuchten Premium Class, konnte ich immerhin gut 2,5 Stunden mehr schlecht als Recht die Augen schließen. Alleine der Seatpitch zum Vordersitz und die kleinere Kabine mit nur 56 Passagieren waren hierbei alleine schon jeden Cent auf diesem „Red-Eye-Flight“ Wert. Wenn ich dann allerdings auf der Norse Homepage, zum Teil Ticketpreise in Premium von 1100$ One-Way(!) von Paris CDG nach New York sehe, muss ich für mich persönlich festhalten, dass ich definitiv keinesfalls gewillt wäre – einen solchen Preis – für das derzeit angebotene Produkt zu bezahlen.
Für 500-600€/$ pro Strecke kann man dies ruhigen Gewissens tun. (hier liegen derzeit im Schnitt die Preise ab/an Berlin) Für meinen Geschmack, ist an sehr vielen Ecken und Kanten zu merken, dass Norse dringend Geld verdienen möchte, wenn nicht gar muss. So erhielt ich in den letzten 8 Tagen vor dem jeweiligen Abflug, bis zu 6 E-Mails pro Flug mit dem Hinweis auf Add-On-Sales z.B doch in die Premium zu Upgraden, gefolgt von der nächsten Mail mit der Chance dies per „Ersteigerung“ zutun.
Kaum am Flughafen BER angekommen, warteten bereits 3 Crew Mitglieder, 2,5 Stunden vor Abflug in voller Montur an den Check-In-Schalter um Upgrades zu verkaufen, gefolgt von einer dreifachen(!) Ansage an Bord, wo die Upgrades dann für 250$ pro Person oder 75$ für einen Upfront Sitz in der Economy angeboten wurden.
Und auch die Preise an Bord sind teilweise saftig, die Bezahlung ausschließlich(!) per Visa und Mastercard zwar durchaus akzeptabel aber ziemlich reglementiert. Explizit davon abraten würde ich, den 1sten oder 2ten Meal Service separat zu bezahlen , sofern dieser nicht im Ticket Preis inklusive ist. Die 50(!)$ US-Dollar extra welche Norse für beide Mail Services verlangt gegenüber dem was an Bord ausgehändigt wurde, rechtfertig DIESEN Preis keinesfalls.
Auch wenn die Lebensmittelpreise in den USA (noch) deutlich höher sind als in Deutschland, sind 30 extra Dollar für eine kleine Standard Economy Hotmeal Schale, ein kaltes Brötchen und eine kleine Beilage plus einem Softdrink, für mich, mindestens 1/3 zu hoch angesetzt. Nachdem Norse Mitte letzter Woche neue Ziele im Winterflugplan 2023/2024 zur Buchung freigegeben hatte, scheint Berlin, wenn überhaupt, ohnehin nur noch eine untergeordnete Rolle in der Netzwerkplanung der Norweger zu spielen.
Da die Verbindungen von Landon Gatwick und Paris CDG im Winter nach New York bereits seit einigen Wochen buchbar sind, scheint man sich nun still und leise aus Berlin verabschieden zu wollen. Auch wenn mit United und Delta noch zwei weitere Airlines auf der Route Berlin – New York unterwegs sind, bleibt für die Preise und die Vielfalt in der Hauptstadt-Region zu hoffen, dass die Würfel, für einen eventuellen Norse Abschied aus Berlin, noch nicht endgültig gefallen sind.
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