Österreichs neue Luftfahrtstrategie: Ein dickes Buch mit vielen Fragezeichen

Sonnenaufgang am Flughafen Wien-Schwechat (Foto: Robert Spohr).
Sonnenaufgang am Flughafen Wien-Schwechat (Foto: Robert Spohr).

Österreichs neue Luftfahrtstrategie: Ein dickes Buch mit vielen Fragezeichen

Sonnenaufgang am Flughafen Wien-Schwechat (Foto: Robert Spohr).
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Das österreichische Verkehrsministerium (BMK) hat vor wenigen Tagen die so genannte „Luftfahrtstrategie 2040+“ veröffentlicht. Das äußert umfangreiche Dokument soll der heimischen Branche die Richtung weisen. Allerdings weist es in einigen Bereichen äußerst ideologische Gedanken zu Gunsten des Eisenbahnverkehrs auf.

Ebenso bemerkenswert ist, dass Austrian Airlines in vielen Bereichen der behördlichen Unterlage nicht nur äußerst prominent erwähnt wird, sondern sich auch Formulierungen finden, mit denen der Carrier in der Öffentlichkeitsarbeit aktiv ist. Beispielsweise wird die AUA wiederholt vom BMK als „Home Carrier“ bezeichnet. Diese Wortwahl verwendet die Fluggesellschaft auch selbst in Werbespots und Medienmitteilungen.

In diesem Artikel werden einige Passagen aus der weit über 100 Seiten starken „Luftfahrtstrategie 2040+“ gleichermaßen wie Erklärungen des Verkehrsministeriums und gegebenenfalls auch Austrian Airlines zitiert. So manche Formulierung ist ohne weitere Erklärung nur schwer verständlich einzuordnen.

Keine Antwort darauf wie viel das Dokument gekostet hat

Im Vorwort der Strategie schreibt Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) unter anderem: „Das Mobilitätssystem der Zukunft muss bequem, leistbar und klimafreundlich sein. Es ist klar, dass die Luftfahrt auch in Zukunft ein wesentlicher Teil des internationalen Verkehrs sein wird (…) ‘Vermeiden, Verlagern, Verbessern‘“. Auf die Frage wie sich dies mit dem Leuchtturmprojekt „Mindestpreise für Flugtickets“ unter einen Hut bringen lässt, antwortete das Verkehrsministerium: „Vorgesehen ist eine Regelung, durch die Ticketpreise zumindest die passagierbezogenen Steuern und Gebühren abdecken müssen, also zumindest nicht mehr unter diesem Teil der anfallenden Kosten liegen. Dies macht derzeit je nach Flughafen ungefähr 40 Euro aus.“

Das Motto „Vermeiden, Verlagern Verbessern“ ist laut Ministerium wie folgt zu verstehen: „Unter Vermeiden fallen etwa Dienstreisen die durch Videokonferenzen vermieden werden können. Mit Verlagern ist beispielsweise die Verlagerung von Gütertransporten der Straße auf die Schiene gemeint oder auch die Verlagerung von Kurzflügen und Zubringerflügen auf die Bahn. Unter Verbessern fällt etwa das KlimaTicket als Angebotsausweitung, bessere Anbindungen und Taktungen, oder durch die Einführung von SAFs mit in Folge weniger CO2-Ausstoß.“

Auf die Frage warum die „Luftfahrtstrategie 2040+“ unter erheblicher Mitarbeit des deutschen DLR erstellt wurde, erklärt das BMK: „Für die „Studie zur Evaluierung der bestehenden Road Map Luftfahrt 2020 und zur Erstellung der neuen Luftfahrtstrategie“ wurde vorschriftsgemäß ein Auswahlverfahren durchgeführt. Vier Bewerber haben Angebote gelegt, wobei DLR das geeignetste Angebot legte und auch das beste Preis- Leistungsverhältnis darstellte. Eine entsprechende Beauftragung des DLR erfolgte.“ Auf die Frage wie viel Geld für das über 100 Seiten starke Dokument ausgegeben wurde, gab es keine Antwort.

Corona-Flottenkürzungen der AUA gar nicht erwähnt

Im Dokument ist unter anderem zu lesen: „Aus Sicht der Luftfahrt haben die vergangenen Jahre die Rolle Österreichs und insbesondere des Flughafens Wien als attraktiver Standort unterstrichen – sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite als auch bei den administrativen Rahmenbedingungen. Dies schlug sich neben wachsenden Drehkreuzaktivitäten der AUA auch in der Ansiedlung von easyJet Europe und Eurowings Europe sowie der Frachtfluggesellschaft DHL Air Austria nieder“.

Auf die Fragen, ob dem BMK bekannt ist, dass Eurowings Europe nach Malta ausgeflaggt wird, Easyjet Europe in Österreich kein einziges Flugzeug stationiert hat, Austrian Airlines die Flotte deutlich verkleinert hat und warum die Aktivitäten von Ryanair und Wizz Air, die gemeinsam rund 1.000 Mitarbeiter in Österreich beschäftigen nicht erwähnt werden, antwortet das BMK: „In dem erwähnten Absatz wurde nur auf Luftfahrtunternehmen mit österreichischer Betriebsgenehmigung zum aktuellen Zeitpunkt Bezug genommen. Die gegebenen Marktanteile von Wizz Air und Ryanair sind bekannt, wurden aber hier nicht erwähnt, da auf Unternehmensansiedlungen abgestellt wird. Austrian Airlines hat seine Flotte verkleinert, spielt aber nach wie vor eine zentrale Rolle für die Anbindung Österreichs. Von allen österreichischen Flughäfen in 2019 boten die Fluggesellschaften 23,2 Millionen Mio. Sitze auf 152 Tausend Tsd. Flügen an. Austrian war mit Abstand die Fluggesellschaft mit dem größten Sitzplatzangebot mit 10,1 Millionen Sitzen (44 %). Danach folgten Eurowings mit 1,81 Mio. (8 %), Laudamotion mit 1,41 Mio. (6 %), Wizz Air mit 1,22 Mio. (5 %), Easyjet mit 0,98 Mio. (4 %) und Lufthansa mit 0,66 Mio. Sitzen (3 %). Unter Berücksichtigung von Swiss und Brussels entfiel damit gut 56 % des Sitzplatzangebots auf Fluggesellschaften des Lufthansa-Konzerns“, so das BMK in einem Statement.

Eine Sprecherin der Austrian Airlines antworte auf die Frage inwiefern die Netzwerkaktivitäten in den letzten Jahren ausgebaut wurden: „Die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Maßnahmen, haben nach 2020 dazu geführt, dass die Austrian Airlines Flotte durch die Ausflottung der DASH und die Reduktion der 767 Flotte reduziert wurde. Dennoch wurden mit 2022 zahlreiche Ziele wieder ins Destinationsportfolio von Austrian Airlines aufgenommen (z.B. Los Angeles, Tokio) und auch gänzlich neue Ziele, vor allem im Tourismussegment (z.B. Valencia), hinzugefügt. In der Zwischenzeit haben auch andere Carrier ihr Angebot am Standort Wien reduziert oder sich sogar komplett zurückgezogen“.

Die Frage welche Ausbauaktivitäten kurz- bzw. mittelfristig anstehen antwortete der Carrier: „Mit der Einflottung vier werksneuer A320neo steht Austrian Airlines aktuell vor einem großen Schritt der Flottenmodernisierung, die auch auf die Lärmreduzierung am Standort einzahlt. Ebenso soll ein Rollover der Langstreckenflotte noch in diesem Jahrzehnt zur Stärkung des Drehkreuzes Wien maßgeblich beitragen“.

Lufthansa-Konzern und Austrian Airlines in den Bundesländern vermischt

In einer weiteren Passage wird die Drehkreuzfunktion des Flughafens Wien sowie die Rolle von Austrian Airlines besonders stark hervorgehoben. Im Wortlaut ist zu lesen: „(…)dem Home Carrier Austrian Airlines eine hohe Bedeutung zu. (…) Dies umfasst sowohl die Anbindung der Bundesländerflughäfen an das Weltluftfahrtsystem als auch das Mittel- und Langstreckenangebot ab Wien und die Bedeutung von Wien als Drehkreuz. (…) Die Drehkreuzfunktion und das damit einhergehende Aufkommen an Umsteiger:innen ist auch für den Wirtschaftsstandort Wien bedeutsam, da die wirtschaftliche Tragfähigkeit von vielen Flugrouten von den Transferpassagieren abhängt“.

Damit konfrontiert, dass Austrian Airlines derzeit lediglich die Flughäfen Klagenfurt, Graz und Innsbruck an den Hub Wien anbindet, jedoch Salzburg und Linz seit einiger Zeit nicht mehr ansteuert, antworte das BMK: „Austrian Airlines kommt nach wie vor eine wichtige Bedeutung bei der Anbindung der Bundesländerflughäfen Klagenfurt, Innsbruck und Graz zu: Vom Flughafen Innsbruck boten die Fluggesellschaften 620 Tsd. Sitze und 5.049 Flüge in 2019 an. Die Fluggesellschaft mit dem mit Abstand größten Sitzplatzangebot war Austrian mit 272 Tsd. (44 %). Vom Flughafen Graz boten die Fluggesellschaften 663 Tsd. Sitze und 6.459 Flüge in 2019 an. Die Fluggesellschaft mit dem mit Abstand größten Sitzplatzangebot war Austrian mit 358 Tsd. Sitzen (54 %). Die Fluggesellschaften mit dem mit Abstand größten Sitzplatzangebot waren in Klagenfurt Austrian mit 90 Tsd. Sitzen (62 %) und Eurowings mit 41 Tsd. Sitzen (28 %). Die Strecken Wien-Salzburg und Wien-Linz wurden durch attraktive Bahnverbindungen ersetzt. In Linz spielt der Lufthansakonzern weiterhin eine zentrale Rolle: Auf Fluggesellschaften des Lufthansa-Konzerns entfiel in 2019 97 % des Sitzplatzangebots ab Linz.“

Der Umstand, dass man Salzburg und Linz nicht mehr anfliegt, ist Austrian Airlines natürlich bekannt. Eine Medienreferentin der Fluggesellschaft erklärt zur Rolle der AUA in den Bundesländern: „Nach wie vor werden Salzburg und Linz durch das AIRail-Produkt schnell und komfortabel an den Flughafen Wien angebunden. Per Flugverbindung sind zudem die Flughäfen Innsbruck, Klagenfurt und Graz (zusätzlich zur Zugverbindung ab Graz Hauptbahnhof) in bestmöglicher Kompatibilität mit dem Austrian Airlines Flugplan an Wien angebunden. Auch bei einer zunehmenden Verlagerung auf die Schiene (wenn die entsprechende Infrastruktur dies gewährleistet) wird Austrian Airlines die intermodale Zusammenarbeit mit den ÖBB fortsetzen bzw. weiter ausbauen“.

Weiters: „Sobald der Flughafen Wien aus Graz und Klagenfurt in deutlich unter drei Stunden zu erreichen wird, ist eine Verlagerung auf die Schiene vorgesehen. Da eine solche Verbindungsdauer für die Strecke Innsbruck-Wien in naher Zukunft per Bahn nicht zu erwarten ist, wird Austrian Airlines die Strecke auch weiterhin per Flugzeug bedienen. Eine Ausweitung und Optimierung des AIRail Produktes ist im Sinne der intermodalen Zusammenarbeit aber eine Priorität für Austrian Airlines“.

Angesprochen auf die Behauptung des BMK, dass viele Routen nur mit Umsteigern wirtschaftlich tragfähig sind, antwortet Austrian Airlines: „Grundsätzlich trifft diese Aussage auf alle Langstreckenflüge zu (vor allem jene, die Austrian Airlines ganzjährig und nicht nur saisonal bedient). Eines der plakativsten Beispiele ist die Strecke Wien Bangkok, auf der durchschnittlich zwischen 80 und 90% der Passagiere Umsteiger sind“. Allerdings hat die österreichische Wirtschaft von Umsteigern so gut wie gar nichts außer Kohlenstoffdioxidemissionen.

Bei Austrian Airlines hat sich auch gezeigt, dass der Wegfall der Zubringerflüge ab Salzburg und Linz dazu geführt hat, dass die Passagiere auf anderen Wegen zum Flughafen Wien anreisen. Dazu eine Sprecherin: „Bereits bei der Verlagerung der Verbindungen Linz/Salzburg – Wien auf die Schiene hat sich gezeigt, dass viele Passagiere nun entweder per PKW an den Flughafen Wien reisen oder die Flugverbindung über einen anderen (außer-) europäischen Hub wählen. Aus diesem Grund arbeiten Austrian Airlines zusammen mit den ÖBB laufend an der Optimierung des AIRail-Angebotes“.

Ist „Home Carrier“ ein Werbebegriff der AUA oder nicht?

Die Frage warum man den Werbebegriff „Home Carrier“ für Austrian Airlines in das behördliche Dokument übernommen hat, antwortete das BMK: „Home Carrier ist ein in der Branche üblicher Begriff für den Netzwerk Carrier an einem Standort. Dies ist im Falle des Flughafens Wien Austrian Airlines“. Auf den Hinweis, dass beispielsweise in Düsseldorf der Begriff „Homebase Carrier“ so definiert ist, dass eine Airline vor Ort Flugzeuge und Techniker vorhalten muss, ging die Behörde nicht ein. Eine Erklärung warum Ryanair und Wizz Air, die in Österreich Flugzeuge stationiert haben, nicht als Home Carrier betrachtet werden, bleibt das Ministerium schuldig.

Die Behauptung, dass viele ab Wien-Schwechat angebotene Flugstrecken ohne Umsteiger wirtschaftlich nicht tragfähig wären, begründet das BMK wie folgt: „Im Luftverkehr von Österreich nutzte im Jahr 2019 mit 80% eine überwiegende Mehrheit der Passagiere Nonstop-Verbindungen, während 18 % auf ihrer Reise einmal umstiegen und 2 % zweimal umstiegen. Der Anteil der Umsteiger unterscheidet sich jedoch stark nach Quell-Ziel-Region. Das heißt, dass Mitbewerber, die vorwiegend touristische Ziele anbieten teilweise deutlich weniger vom Transferaufkommen abhängig sind, als der Netzwerk Carrier, der ein deutlich größeres Destinationsportfolio anbietet. Der Flughafen Wien hat beispielsweise bei den Transferpassagieren mit Ursprung oder Ziel in Osteuropa einen erheblichen Marktanteil. Die Bedeutung des Umsteigeranteils betrifft insbesondere Langstreckenziele.“ Die Erklärung des Ministeriums hinkt insofern, da zum Beispiel Ryanair im Winterflugplan 2022/23 mehr Destinationen ab der Kurz- und Mittelstrecke anbietet als Austrian Airlines.

Die Frage welchen Einfluss Austrian Airlines bei der Erstellung der „Luftfahrtstrategie 2040+“ hatte, beantwortete eine Sprecherin der Fluggesellschaft wie folgt: „Zusammen mit zahlreichen anderen Stakeholder (z.B. andere in Österreich operierende Airlines und Flughäfen) wurde auch Austrian Airlines durch das Bundesministerium in der Ausarbeitung der Luftfahrtstrategie involviert. Die Bezeichnung von Austrian Airlines als „Home Carrier“ ist dabei nicht als Werbebegriff zu betrachten, sondern spiegelt objektiv das Geschäftsmodell von Austrian Airlines als österreichische Netzwerkairline mit Basis am Standort Wien wider“.

AUA und Flughafen Wien sollen ein Stopover-Programm auflegen

Die „Luftfahrtstrategie 2040+“ sieht auch vor, dass Austrian Airlines und der Flughafen Wien-Schwechat ein so genanntes Stopover-Programm auf die Beine stellen sollen. Dazu ist im Dokument zu lesen: „Eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen Home Carrier AUA, dem Flughafen und den übrigen Stakeholdern ist für die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Wien/Österreich auch im konzerninternen Wettbewerb der Lufthansa mit Brüssel, Frankfurt, München und Zürich unerlässlich. (…) Der Flughafen Wien und der AUA sollen zudem bei der Entwicklung eines Stopover-Programms für Österreich unterstützt werden (…)“

Auf die Fragen warum lediglich Austrian Airlines, jedoch keine anderen Anbieter, erwähnt wird, wie viel Geld der Flughafen Wien bzw. die AUA für die Umsetzung bekommen werden und ob auch andere Carrier dies beanspruchen können, heißt es aus dem Verkehrsministerium: „Die erwähnte Unterstützung soll nicht nur für konkrete Airlines gewährt werden. Ein Stopover-Programm macht insbesondere für Netzwerk Carrier Sinn, da diese wie oben dargestellt mehr Umsteigeverkehr generieren. Dieser Wunsch wurde konkret im Rahmen der Stakeholderbefragung im Prozess der Ausarbeitung der Strategie an DLR und das BMK herangetragen, findet sich aber schon bereits im Regierungsprogramm wieder. Hierbei geht es nicht um finanzielle Mittel, sondern um die Schaffung geeigneter rechtlicher Grundlagen und beispielsweise der Klärung von Visa Fragen für den verkürzten Aufenthalt. Das BMK ist hier in vielen Fragen nicht zuständige Stelle, kann jedoch koordinierend und unterstützend tätig werden.“

Eine Sprecherin der Austrian Airlines erklärt zum geplanten Stopover-Programm: „Ziel einer möglichen Stop Over Initiative ist nicht der Erhalt von Förderungen, sondern die Unterstützung und Stärkung von Transferströmen mit einem Programm, das Flug, Bahn und den Städte-Tourismus in Wien kombiniert. Mit einem Stop Over Programm will Austrian Airlines die Attraktivität des Tourismusstandortes Wien/Österreich nutzen, um den Transferverkehr nachhaltig zu stärken“.

Zum konzerninternen Wettbewerb innerhalb der Lufthansa Group sagte die AUA-Medienreferentin: „Globale Transferverkehre werden auch innerhalb des Lufthansa Konzerns über unterschiedliche Hubs angeboten. Ob ein Transferverkehr/eine Langstreckenverbindung bestehen bleibt oder nicht hängt hierbei oft von den entsprechenden Rahmenbedingungen (Kosten, Komfort) am jeweiligen Hub ab“.

Laut BMK kann man in Zügen besser arbeiten

In der „Luftfahrtstrategie 2040+“ hebt das BMK hervor, dass die Nutzung von Zügen im Vergleich zum Flugzeuge Vorteile bietet. Dazu ist zu lesen: „Grundsätzlich kann ein Umstieg von Reisenden auf die Bahn langfristig zu einer Senkung von betrieblichen Emissionen im Verkehrssektor beitragen. (…) Auf Direktverbindungen können die Eisenbahnen selbst bei etwas längeren Fahrzeiten im Vergleich zu einer Flugzeit Wettbewerbsvorteile haben u.a. da die Sicherheitskontrollen wegfallen und nahezu die gesamte Reise als Nutzzeit genutzt werden kann. Hinzu kommen höhere Frequenzen, die eine flexiblere Reiseplanung ermöglichen“.

Auf Anfrage erklärt das Verkehrsministerium die Behauptung bezüglich Nutzzeit wie folgt: „Die Bahn bietet etwa über eine stündliche Bedienung deutlich mehr Frequenzen, als dies im Luftverkehr der Fall ist. Somit verkürzen sich Wartezeiten für das Erreichen von Anschlüssen. Auch bei einer Verspätung eines in Wien ankommenden Fluges wird somit den Reisenden eine Alternative ohne lange Wartezeit geboten. So lag die tägliche Bedienfrequenz im Luftverkehr etwa der Relation Linz-Wien im letzten vollständigen Jahr, in dem die Strecke bedient wurde, bei lediglich 3-5 täglichen Flügen. Beispiel Frequenzen Wien – München: Zug: ca. 13 Direktverbindungen pro Tag (ÖBB und Westbahn), Flugzeug: ca. 6-7 Direktflüge pro Tag (Austrian Airlines und Lufthansa). Beispiel nutzbare Zeit Wien – München: Insbesondere bei Kurz- und Mittelstreckenflügen ist der Anteil der nutzbaren Zeit im Zug deutlich höher als beim Flugzeug unter Berücksichtigung der notwendigen Wartezeiten am Flughafen und der im allgemeinen längeren An/Abreisezeit vom/zum Flughafen, wie folgendes Beispiel verdeutlicht: Zug: ca. 30‘ Anfahrt zum Bahnhof (nicht nutzbar), ca. 15‘ Puffer am Bahnhof (nicht nutzbar), ca. 4h Fahrzeit (voll nutzbar), ca. 30‘ Fahrt Bahnhof – Ziel (nicht nutzbar), Summe: ca. 5h15‘, davon ca. 4h nutzbar (ca. 76%), Flugzeug: ca. 60‘ Anfahrt zum Flughafen (nicht nutzbar), ca. 90‘ am Flughafen inkl. Einchecken, Sicherheitskontrollen, Einsteigen ins Flugzeug (davon 30‘ nutzbar – Wartezeit am Gate), ca. 60‘ Flugzeit (davon ca. 45‘ zum Teil nutzbar – während Flugzeit zwischen Start und Landephase),  ca. 75‘ vom Gate zum Ziel inkl. Warten auf allfälliges Gepäck (nicht nutzbar), Summe: ca. 4h45‘, davon ca. 1h15‘ teilweise nutzbar (ca. 26%)“.

Damit konfrontiert, dass unter anderem das im Oktober des Vorjahres zu einer deutlichen Mehrnutzung der Eisenbahn geführt hat und immer wieder Züge wegen Überfüllung geräumt werden mussten, antwortet das BMK: „Ein offenes System ohne Reservierungspflicht ermöglicht besonders im Vergleich zum Flugverkehr mehr Flexibilität. Wer einen Sitzplatz in einem bestimmten Zug garantiert haben möchte, kann kostengünstig reservieren. Gleichzeitig bleibt eine Überfüllung ein Ausnahmefall. So waren etwa am Osterwochenende nur 0,3% der Züge überfüllt. Eisenbahnverkehrsunternehmen setzen Maßnahmen um Reservierungsanteil zu erhöhen, gleichzeitig wird das Verkehrsangebot kontinuierlich und konsequent ausgeweitet und die Bahnunternehmen investieren in Garnituren mit mehr Sitzplatzkapazitäten.“

Fernbusse lediglich als Ergänzung zur Bahn

Angesprochen darauf, dass auch im Streckennetz der Österreichischen Bundesbahnen viele Routen mit Dieseltraktionen bedient werden, jedoch in der Kommunikation stets Elektrolokomotiven hervorgehoben werden, erklärt das Verkehrsministerium: „Bereits heute werden schon rund 90 % der Verkehrsleistung am Netz der ÖBB elektrisch erbracht. Im Fernverkehr sind es annähernd 100%, da die Fernverkehrsstrecken bis auf einzelne wenige Ausnahmen elektrifiziert sind. Die vollständige Elektrifizierung des ÖBB-Netzes wird mittelfristig durch den Einsatz von batterieelektrischen Zügen oder durch eine streckenseitige Elektrifizierung umgesetzt. Bis ins Jahr 2030 werden daher weitere 500 Kilometer Bahnstrecke elektrifiziert.“

Fernbusse hingegen werden weder in der Luftfahrtstrategie erwähnt, noch sind diese im Klimaticket Österreich enthalten. Dazu das BMK: „Österreich ist bereits heute schon sehr gut mit hochrangiger Schieneninfrastruktur erschlossen, insbesondere die Weststrecke Wien – Salzburg – Westösterreich/München. Derzeit läuft entlang der Südstrecke (Wien – Graz – Klagenfurt) ein umfangreiches Ausbauprogramm (Semmering-Basistunnel, Koralmbahn); Die wichtigsten Relationen innerhalb Österreichs werden damit gut mit der Bahn bedient. Auch international ist Österreich gut vernetzt, zu den wichtigsten Zielen im benachbarten Ausland (München, Budapest, Prag, Zürich) bestehen 1h- oder 2h-Takte mit der Bahn. Fernbusse ergänzen das Schienenangebot und werden grundsätzlich eigenwirtschaftlich von den Unternehmen nach deren Ermessen betrieben. Oft handelt es sich um langlaufende Busverbindungen auf bahnparallelen Strecken mit längerer Reisezeit als der Zug (zum Beispiel Wien – München, Wien – Frankfurt).“

Star Alliance soll in Wien wachsen – Skyteam und Oneworld in den Bundesländern

Der „Luftfahrtstrategie 2040+“ ist zu entnehmen, dass man erreichen will, dass die Marktstellung der Star-Alliance am Flughafen Wien-Schwechat weiter gestärkt werden soll. An den Bundesländerairports sieht man Vorteile, wenn es zusätzliche Oneworld- und Skyteam-Anbindungen gibt. Auch sieht man großes Potential für Airbus A321XLR-Verbindungen.

Im Dokument ist dazu zu lesen: „In den vergangenen Jahren hat sich die Konnektivität von Wien positiv entwickelt. Dies liegt auch einer starken Diversifizierung des Airline-Portfolios, neuen Markteintritten und Angebotserweiterungen (…). Auf Bundesebene unterstützt Österreich die Flughäfen bei der Ermöglichung bedarfsgerechter Flugverbindungen z.B. durch die Weiterentwicklung der Beziehungen zu anderen Luftfahrtbehörden und den Abschluss bilateraler Abkommen. Die Weiterentwicklung und Diversifikation des Airlines-Portfolios an den Flughäfen soll die Abhängigkeit von einzelnen Airlines verringern. Neue Airlines etwa aus der Star Alliance könnten hilfreich sein, da Umsteigeraufkommen über das Drehkreuz Wien beispielsweise zwischen Osteuropa und den USA zu steigern. Neue Drehkreuzanbindungen von den Bundesländerflughäfen etwa zu den Hubs der Skyteam und Oneworld-Allianzen würden die Auswahlmöglichkeiten für Passagiere steigern (…) Durch neue treibstoffeffiziente kleine Langstreckenflugzeuge werden sich in den kommenden Jahren neue Potentiale für die direkte Anbindung von Fernstreckenzielen ergeben. Hiervon dürften auch die Bundesländerflughäfen profitieren“.

Auf die Frage warum bezüglich Wien die Star-Alliance im Fokus steht, antwortet das BMK: „In der angeführten Textpassage wird die Star Alliance beispielhaft erwähnt („Neue Airlines etwa aus der Star Alliance könnten hilfreich sein, das Umsteigeraufkommen über das Drehkreuz Wien…“) und das Umsteigeraufkommen wird insbesondere durch den Netzwerk Carrier generiert. Die Diversifizierung des Airline- und Destinationsportfolios zielt auch auf den Eintritt neuer Airlines – auch anderer Allianzen – ab.“

Bezüglich der Bundesländerflughäfen ist aus dem Ministerium zu hören: „Dies bezieht sich insbesondere auf die Flughäfen Linz und Salzburg, wo Austrian nicht mehr vertreten ist. Markteintritte von Airlines anderer Allianzen könnten die Abhängigkeit der Bundesländerflughäfen vom Lufthansakonzern verringern. Ein Beispiel wäre die Anbindung von Salzburg an Dubai mit flydubai.“ Die Aktivitäten von Ryanair und/oder Wizz Air erwähnt das Ministerium allerdings nicht.

Darauf angesprochen warum die Point-to-Point-Angebote ab den österreichischen Airports, die auch dazu beigetragen haben, dass Austrian Airlines in den letzten Jahren Marktanteile verloren hat, gleichermaßen unerwähnt sind wie der Ausbau der Netzwerkanbindungen von Turkish Airlines, Emirates Airline, Qatar Airways, Etihad Airways und anderer Anbieter, erklärt das Verkehrsministerium wie folgt:

„Durch verschiedene Marktein- und -austritte hat sich die Wettbewerbslandschaft im österreichischen Luftverkehrsmarkt innerhalb des letzten Jahrzehnts deutlich verändert. Die Air Berlin-Gruppe mit der österreichischen Tochtergesellschaft Niki als zweitgrößter Anbieter ist im Jahr 2017 ausgeschieden. In der Folge sind Low Cost-Airlines in den Markt eingestiegen bzw. haben ihr Angebot erheblich ausgeweitet. Austrian Airlines als Marktführer konnte das Angebot zwischen 2010 und 2019 um 20 % von 8,4 auf 10,1 Mio. Sitzplätze ausweiten. Die gesamte Lufthansa-Gruppe kam im Jahr 2019 mit etwa 13 Mio. angebotenen Sitzplätzen auf einen Marktanteil von 56 %. Ebenfalls starkes Wachstum konnten große Nicht-EU-Netzwerkfluggesellschaften verzeichnen, darunter Turkish Airlines, Emirates, Aeroflot und Qatar Airways. Im Strategiedokument spiegelt sich diese Bedeutung genau genauso wieder.“

Auf die Frage inwiefern Austrian Airlines vom Markteintritt weiterer Star-Alliance-Carrier profitieren kann, erklärt eine Sprecherin: „Eine verstärkte Anbindung von Star Alliance Partnern gibt Austrian Airlines die Möglichkeit sein Destinationsportfolio durch Code Sharing zu erweitern und zusätzliche Transferströme zu generieren“.

BMK will Langstreckenflüge mit Airbus A321XLR ab den Bundesländern etablieren

Die Frage, ob man Nonstop-Verbindungen oder Umsteigeverbindungen ab den Bundesländern als klimafreundlicher betrachtet, sieht man im BMK so: „Eine Kombination von Bahn- und Flugverkehr stellt bei einem Umstieg innerhalb Österreichs oder der angrenzenden Staaten eine klimafreundlichere Option dar. Auf längeren Strecken sind verschiedene Faktoren zu berücksichtigen, wie Umweg zum Hub und CO2-Ausstoß pro Passagier-Kilometer.“

Hinter der kryptischen Bezeichnung „kleines Langstreckengerät“ verbirgt sich der Maschinentyp Airbus A321XLR. Austrian Airlines hat bereits ausgeschlossen, dass man solche Flugzeuge in die Flotte aufnehmen wird. Das BMK begründet das Potential nachstehend: „Potentiell erreichbare Regionen mit dem Airbus A321 XLR umfassen die nordamerikanische Ostküste, den mittleren Westen, nahezu der gesamte afrikanische Kontinent, sowie weite Teile von Asien. Neben europäischen Airlines könnten insbesondere Airlines aus Drittstaaten Potenzial sehen.“

Eine AUA-Medienreferentin erklärt zum Thema Airbus A321XLR ab den österreichischen Bundesländerflughäfen:“ Aus aktueller Sicht erscheint die Aufnahme von Langstreckenverbindungen ab den Bundesländern kommerziell nicht darstellbar, da bereits die Langstreckenverbindungen ab Wien stark von Transferpassagierströmen aus anderen europäischen Airports abhängig ist“.

Seitens der AUA sieht man große Vorteile im Netzwerkmodell „Das Hub and Spoke Konzept bietet auch auf Kurz- und Mittelstreckenflügen die Möglichkeit, Transferströme abzubilden und damit Strecken die durch reine Point to Point Nachfrage nicht ausgelastet wären anzubieten. Mit einer höheren Auslastung kann somit der spezifische Treibstoffverbrauch reduziert werden. Die Lufthansa Group ist einer der größten SAF-Abnehmerinnen Europas und hat sich für die kommenden Jahre 400.000 Tonnen SAF der OMV gesichert. Austrian Airlines setzt auf nachhaltige Treibstoffe als einer der größten Hebel zu Dekarboniserung der Luftfahrt“.

Das BMK fokussiert in der „Luftfahrtstrategie 2040+“ offensichtlich Umsteigeverbindungen. Diese stoßen jedoch im direkten Vergleich mit Nonstop-Flügen zwangsläufig mehr Kohlenstoffdioxid aus. Das Ministerium ging auf diesen Umstand jedoch nicht näher ein.

Angesprochen darauf wie die österreichischen Bundesländer von ausgebauten internationalen Bahnverbindungen profitieren können, ist aus dem BMK zu hören: „Gute Bahnanbindungen sind für die Bundesländer und die Reiseziele innerhalb der Länder sehr wichtig, zum Beispiel für Touristen oder Geschäftsreisende. Einige Bundesländer setzen bereits gemeinsam mit ÖBB und BMK in letzter Zeit verstärkt darauf die internationalen Bahnverbindungen auszubauen und entsprechend zu bewerben, etwa das Land Tirol (siehe https://www.tirol.at/reiseservice/anreise/anreise-mit-dem-zug). Zugleich wird das Angebot an internationalen Direktverbindungen von der ÖBB gemeinsam mit den Verkehrsbestellern laufend ausgebaut, zum Beispiel mit der unlängst eingeführten Nightjet-Verbindungen von/nach Amsterdam und Paris.“

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