Peter Oncken: “Corsair zu begleiten war mein Herzenswunsch”

Peter Oncken (Foto: Intro Aviation).
Peter Oncken (Foto: Intro Aviation).

Peter Oncken: “Corsair zu begleiten war mein Herzenswunsch”

Peter Oncken (Foto: Intro Aviation).
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Immer wieder sorgte das deutsche Luftfahrt-Investmentunternehmen Intro Aviation mit spektakulären Übernahmen für Aufsehen. Das ursprünglich von Hans Rudolf Wöhrl gegründete Unternehmen befindet sich mittlerweile in den Händen seines Schwiegersohns Peter Onken und dessen Partner.

Unter anderem Deutsche BA, LTU, InterSky, Cityjet und zuletzt Corsair zählten zum europäischen Portfolio von Intro Aviation. Eigentlich wollte Peter Oncken den französischen Carrier länger halten, jedoch machte die Corona-Pandemie einen Strich durch die Rechnung. In Europa hält man mittlerweile keine Airline-Beteiligungen mehr, wohl aber in Asien.

Im Gespräch mit Aviation.Direct erklärt der Intro-Aviation-Chef unter anderem warum man Corsair verkauft hat, warum es viele Regionalflugverbindungen nicht mehr gibt und welchen Rat er jungen Menschen mit Airline-Gründerambitionen geben würde.

Aviation.Direct: Hätten Sie sich vor einigen Jahren, beispielsweise bei InterSky oder zuletzt bei Corsair, vorstellen können, dass die weltweite Luftfahrt binnen weniger Tage zum Erliegen kommt?

Peter Oncken: Selbstverständlich konnte ich mir das nicht vorstellen. Das war wirklich jenseits jeder Vorstellungskraft. Zwar gab es immer spezielle Situationen, die die Luftfahrt in der Vergangenheit erheblich störten und es wird diese auch immer wieder geben, zu nennen sei hier als Beispiele der Vulkanausbruch in Island in 2010, bei dem die europäische Luftfahrt massiv beeinträchtigt war, aber auch die terroristischen Anschläge auf das World Trade Center in 2001, die ebenfalls einen massiven Nachhall für die weltweite Luftfahrt hatten. Aber was wir hier über nun 2 Jahren erleben, hat eine vollkommen neue Dimension, deren Auswirkungen noch über Jahre zu spüren sein werden.

Die INTRO Aviation blieb natürlich nicht verschont. In 2019 hatten wir ja die Mehrheit an der französischen Langstreckenfluggesellschaft Corsair übernommen und einer Restrukturierung unterzogen. Wir waren mitten in der Neuausrichtung als Covid-19 zuschlug. Angesichts der massiven Auswirkungen und des damit verbundenen Kapitalbedarfs über die nächsten Jahre habe ich, wie auch mein Partner TUI, entschieden, die Gesellschaft in neue Hände zu geben. Das ist mir nicht leichtgefallen, denn die Entwicklung der Corsair über die nächsten Jahre zu begleiten, war mir ein Herzenswunsch. Man muss aber auch nüchtern die Fakten betrachten und sich eingestehen, dass die Entwicklung der Gesellschaft eine andere sein wird, als die, die wir geplant haben, zumal der französische Staat angesichts seines massiven Kapitaleinsatzes ein gehöriges Wörtchen mitsprechen wird. Dafür sind wir einfach nicht die richtigen Partner. In Europa sind wir nun mit dem Verkauf der Corsair in der Luftfahrt nicht mehr investiert. Anders in Asien, wo wir mit unserer Beteiligung an der Aero_K in Südkorea weiterhin als Investoren aktiv sind.

Aviation.Direct: Sie gelten als erfahrener Luftfahrt-Fachmann. Wie lange wird Ihrer Meinung nach die Erholung der Branche dauern?

Peter Oncken: Das vor dem Hintergrund der Covid-19-Auswirkungen zu beurteilen, umso mehr für mich als Aussenstehenden, ist wirklich wahnsinnig schwierig. Wir hatten heute Morgen eine Aufsichtsratssitzung des Aviation-Event, bei der uns mitgeteilt wurde, dass man z.B. im Mittleren Osten von einer Recovery-Period bis 2027 ausgeht. Damit hätte ich nicht gerechnet, denn in Europa bleibt man offenbar nach wie vor bei 2024/2025 als Zielmarke, bei der man auf Passagierzahlen ähnlich wie vor Covid-19 für erreichbar hält. Ob der Ukraine-Krieg dem nun einen Strich durch die Rechnung macht, wird abzuwarten sein. Heute kann man schlichtweg nicht antizipieren, wo wir wann sein werden, denn die Ereignisse verändern sich ja auf Monatsbasis und wie sich der Virus in den nächsten Monaten entwickeln wird, weiss auch keiner. Wir wissen heute auf jeden Fall, dass wir die Luftfahrt so, wie wir sie vor zwei, drei Jahren kannten, so schnell nicht wiederhaben werden.

Aviation.Direct: Eine Folge des Boomjahres 2019 war auch, dass die europäische Politik den Fokus auf den Ausbau der Bahn gelegt hat. Werden Ihrer Meinung nach die letzten Regionalflüge auf die Schiene verlagert?

Peter Oncken: Ja, aber ich glaube, dass wir hier erhebliche Veränderungen sehen, hat erst einmal weniger mit politischem Druck zu tun, als mit der Tatsache, dass diese ehemals für die Kunden interessanten regionalen Verbindungen einfach wirtschaftlich nicht mehr darstellbar sind. Das waren sie schon vor drei, vier Jahren nicht. Man hat sie künstlich am Leben gehalten, weil es den Kundenerwartungen entsprach. Jetzt hat sich natürlich durch COVID-19, aber auch vorher schon durch die Nachhaltigkeitsdebatte abgezeichnet, dass diese Strecken eigentlich nicht mehr wirklich in die Zeit passen. Dass die Politik sprichwörtlich auf den Zug der allgemeinen Debatte aufgesprungen ist, ist eine Binsenweisheit. Also, dass die Bahn heute in Deutschland natürlich einen deutlichen Wettbewerbsvorsprung gegenüber der Luftfahrt auf der Kurzstrecke hat, dürfte, glaube ich, keine große Debatte mehr mit sich bringen.

Aviation.Direct: Stellen Sie sich folgende Situation vor: Ein paar junge Menschen sind zu viel Geld gekommen und haben die Idee eine neue Fluggesellschaft zu gründen. Würden Sie davon abraten oder wären Sie Feuer und Flamme für die Idee?

Peter Oncken: Grundsätzlich erst einmal Ersteres. Aber Pauschalität bringt einen auch nicht weiter. Es kann angesichts des dünn werdenden Wettbewerbs in Deutschland durchaus Sinn machen, unabhängige Kapazität aufzubauen und anzubieten. Derartige Vorhaben sollten allerdings sehr gut durchdacht, geplant und umgesetzt werden.

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