Bei Ramp-Check in Linate: BA-Passagiere mussten Sitzauflagen der Exit-Row suchen

Airbus A320neo (Foto: Mario Caruana / MAviO News).
Airbus A320neo (Foto: Mario Caruana / MAviO News).

Bei Ramp-Check in Linate: BA-Passagiere mussten Sitzauflagen der Exit-Row suchen

Airbus A320neo (Foto: Mario Caruana / MAviO News).
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Es gibt viele Gründe warum sich der Abflug verzögern kann. Zu diesen zählt auch ein spontaner Ramp-Check durch die lokale Zivilluftfahrtbehörde. Doch, dass Passagiere gebeten werden unter den Sitzauflagen nach einer bestimmten Seriennummer zu suchen, da man andernfalls nicht abheben darf, kommt definitiv nicht alltäglich vor.

Am vergangenen Montag, den 5. Feber 2024 wollten Passagiere mit einem von British Airways betriebenen Airbus A320neo von Mailand-Linate nach London-Heathrow fliegen. Doch die Besatzung bekam nach dem Boarding einen überraschenden Besuch von Kontrolleuren der italienischen Zivilluftfahrtbehörde ENAC. Diese führte einen unangekündigten Ramp-Check durch.

Soweit noch alles alltäglich, denn spontane Kontrollen sind Teil der täglichen Arbeit der Zivilluftfahrtbehörden und tragen einen erheblichen Teil zur Flugsicherheit bei. Bei europäischen Airlines ist meistens alles in Ordnung oder aber minimale Mängel, die zumeist die Bürokratie betreffen, werden gefunden. Beispielsweise kann es sein, dass mal die Versicherungspolizze nicht an Bord ist. Diese kann dann von der Zentrale per Fax oder E-Mail übermittelt werden und anschließend den Kontrolleuren vorgelegt werden.

Dementsprechend gelassen haben die Piloten von Flugbegleiter des British-Airways-Fluges die Kontrolle in Italien genommen. Die meisten Crewmitglieder haben einen solchen Ramp-Check schon unzählige Male miterlebt und immerhin ist der Airbus A320neo, in dem sie sich befanden, gerademal fünf Jahre alt. Grobe technische Mängel sind sehr unwahrscheinlich, zumal die IAG über Wartungsbetriebe mit bestem Ruf verfügt. Doch die ENAC-Kontrolleure wurden fündig und zwar an einer Stelle, die selbst die Mitarbeiter der Zivilluftfahrtbehörde überrascht hat.

Falsche Sitzauflagen in der Exit-Row

Mit geschultem Blick stellte man fest, dass im Bereich eines Notausgangs über den Tragflächen zu wenig Abstand zwischen dem Ende der Sitzauflage und dem Vordersitz ist. Was im ersten Moment nach einer Banalität klingt, ist aber ein so schwerwiegender Verstoß gegen die Luftsicherheit, dass die ENAC-Beamten dem Kapitän eröffnet haben, dass die Maschine gegroundet wird, sofern das Problem nicht kurzfristig behoben werden kann.

Im ersten Moment würde man vermuten, dass eventuell British Airways aus Profitgier die Bestuhlung zu eng vorgenommen haben könnte. Das ist aber so ganz und gar nicht der Fall, denn eher dürfte bei der letzten Überholung der Sitzauflagen ein Versehen unterlaufen sein. In diesem Maschinentyp verwendet British Airways in den Notausgangsreihen Sitzauflagen, die ein wenig kürzer sind als in den anderen Reihen. So kann der vorgeschriebene Mindestabstand zum Vordersitz eingehalten werden, denn im Falle einer Evakuierung muss sichergestellt sein, dass die Passagiere problemlos vorbei kommen und nicht etwa „steckenbleiben“.

Da British Airways in der Metropolregion Mailand keinen eigenen Technikbetrieb hat, wäre es nicht möglich gewesen kurzfristig passende Sitzauflagen an Bord zu bringen. Wie Videos von Passagieren zeigen, ist es eine Kleinigkeit diese zu entfernen. Genau das mussten die Reisenden auch, denn die ENAC-Kontrolleure haben der Crew angeboten, dass an Bord nach den Auflagen mit den richtigen Seriennummern gesucht werden kann und dann einfach unkompliziert die richtigen Teile an die richtige Stelle montiert werden dürfen. Einfach ein Austausch passende Auflage gegen versehentlich an der falschen Stelle montiere Auflage.

Passagiere mussten mithelfen

Dies führte dann an Bord zu einer regelrechten Schnitzeljagd, denn die Flugbegleiter haben dann darum gebeten, dass die Reisenden ihre Sitzauflagen, auf denen sie eigentlich sitzen, herauszunehmen und wer dann die von der Flugbegleiterin durchgesagte Seriennummer gefunden hatte, sollte sich sofort melden. Die British-Airways-Mitarbeiterin entschuldigte sich mehrfach für die Umstände, fügte aber hinzu, dass wenn die Aktion keinen Erfolg hat, dass dann alle aussteigen müssen, denn das Flugzeug wäre dann nicht flugsicher.

Also machten sich die Passagiere in der G-TTNA auf die Suche. Damit auch niemand vergisst nach welchen Nummern genau gesucht wird, wiederholte die Flugbegleiterin diese. Auf Videos ist zu sehen, dass die ENAC-Kontrolleure nicht etwa oberlehrerhaft herumstanden, sondern aktiv mitgeholfen haben und sofort zu Passagieren geeilt sind, die meinten die gesuchten Sitzauflagen gefunden zu haben. Letztlich war die „Schnitzeljagd“ dann tatsächlich erfolgreich und die Auflagen mit den korrekten Seriennummern wurden gefunden, in den Notausgangsreihen durch die Flugbegleiter montiert und dort wo sie entnommen wurden kamen jene, die versehentlich in den Exit-Rows waren, hin.

Problem gelöst, Airbus A320neo durfte abheben

Damit waren die Aufseher der italienischen Zivilluftfahrtbehörde zufrieden. Für die Crew gab es dann noch ein behördliches Prüfprotokoll, Stempel und Unterschrift drauf und dann konnte es nach London-Heathrow gehen. Der Ramp-Check inklusive der „Schnitzeljagd“ brockte Flug BA575 zwar eine Verspätung ein, aber mit der Gewissheit, dass nach dem Grundsatz „Safety First“ nun auch der Mindestabstand in den Exit-Rows über den Tragflächen eingehalten ist.

Auf Nachfrage erklärte die ENAC, dass es sich in der Tat um einen extrem selten auftretenden Mangel handelt. Den Kontrolleuren wären aber die Hände gebunden gewesen, denn es handelte sich um einen schweren Verstoß gegen die Sicherheitsvorschriften, wenngleich dieser auf den ersten Blick eher banal wirken mag. Innerhalb des Ermessensspielraums ist es üblich, dass die Kontrollorgane der Crew die Möglichkeit zur Lösung des Problems an Ort und Stelle einräumen, so dass eine zeitaufwendige Nachkontrolle vermieden werden kann.

Interessanterweise wollte sich British Airways zur Angelegenheit nicht äußern. Die wahrscheinlichste Ursache dürfte aber sein, dass beim Montieren der Sitzauflagen schlichtweg ein Versehen unterlafen ist. Immerhin: Nun ist es behoben und das mit der Hilfe von Passagieren und behördlichem Stempel der italienischen Zivilluftfahrtbehörde.

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Amely Mizzi ist Executive Assistant bei Aviation Direct Malta in San Pawl il-Baħar. Zuvor war sie im Bereich Aircraft and Vessel Financing bei einem Bankkonzern tätig. Sie gilt als sprachliches Talent und spricht sieben Sprachen fließend. Ihre Freizeit verbringt sie am liebsten in Österreich auf der Schipiste und im Sommer an Mittelmeerstränden quasi vor der Haustür auf Gozo.
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