Für russische Airlines wird der Sommer 2022 kompliziert

Für russische Airlines wird der Sommer 2022 kompliziert

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Für russische Fluggesellschaften führen die Sanktionen, die von der Europäischen Union, den Vereinigten Staaten von Amerika, Kanada, dem Vereinigten Königreich und anderen Staaten verhängt wurden, zu ernsthaften Problemen. Leasinggeber verlangen ihre Flugzeuge zurück und auch die Ersatzteilversorgung ist nicht mehr gesichert.

Immer mehr Lessoren fordern aufgrund der Sanktionen jenes Fluggerät, das an russische Carrier verleast ist, zurück. Es gibt eine recht kurze Übergangsfrist, jedoch hat das Ausliegen bereits begonnen. In etwa die Hälfte der Gesamtflotte, die von russischen Fluggesellschaften betrieben wird, ist von westlichen Leasinggebern geleast. Teilweise sind die Maschinen aus steuerlichen Gründen im Ausland, vorwiegend Irland und Bermuda-Inseln, registriert. Dies hat aber keinen Einfluss auf den Umstand, dass sich die Sanktionen auf Leasinggeschäfte mit russischen Firmen auswirkt.

Die Folge daraus ist, dass viele Carrier nach und nach ihre Flugzeuge verlieren werden. Doch damit nicht genug: Boeing kündigte an, dass man den technischen Support sowie die Lieferung von Ersatzteilen an russische Anbieter einstellen wird. Es wird erwartet, dass sich andere Hersteller ähnlich verhalten werden. Das heißt, dass die Fluggesellschaften auch für Fluggerät, das sich im Eigentum befindet oder beispielsweise von chinesischen Lessoren geleast wird, ernsthafte Probleme bekommen werden.

Der Iran hat zwar über viele Jahre unter Beweis gestellt, dass man auch mit Ersatzteilen „Marke Eigenbau“ fliegen kann, jedoch dürfte es in der Russischen Föderation kurzfristig am nötigen Know-how in Sachen Nachbau fehlen. Langfristig wäre dies durchaus eine Lösung, jedoch verlieren die Flugzeuge dann sofort jeglichen Wiederverkaufswert und viele Staaten könnten aufgrund von Sicherheitsbedenken den Einflug verweigern.

„Sowjet-Blech“ könnte reaktiviert werden

Russland hat einen zumindest theoretischen Joker, um das Problem kurzzeitig abfedern zu können. Auf vielen Flughäfen steht viel „Sowjet-Blech“ herum, das reaktiviert werden könnte. Über Nacht ist das aber nicht möglich, da die meisten Maschinen umfangreich gewartet werden müssen und damit wieder flugtauglich gemacht werden zu können. Auch muss man mit hoher Wahrscheinlichkeit das fliegende Personal in großem Umfang schulen und es ist fraglich, ob man kurzfristig ausreichend Flugingenieure und ggfs. auch Navigatoren anheuern kann. Dennoch könnte dieser Weg eine Notlösung für russische Airlines sein. Allerdings ist dieser mit enorm hohen Kosten verbunden.

Der Kreml verfolgt schon länger die Strategie, dass die russischen Carrier nach Möglichkeit nur noch Flugzeuge aus „heimischer Fertigung“ betreiben sollen. So einfach wie sich das die Staatsführung vorstellt ist das aber nicht. Man hat zwar viele Maschinen „auf Halde“ produziert, jedoch kann man damit den Bedarf, den der Wegfall westlichen Geräts verursacht, nicht abdecken. Und ganz so „rein russisch“ sind die Flugzeuge dann auch nicht, denn viele wichtige Komponenten werden aus dem Westen importiert und genau diese fallen unter die Sanktionen. Somit ist Russland gezwungen die Fertigung komplett neu zu organisieren. Das ist war nicht unmöglich, jedoch dauert dies lange und noch dazu muss alles zertifiziert werden. Somit ist kein rascher Ersatz aus „heimischer Produktion“ zu erwarten.

Ersatzteilversorgung russischer Flugzeuge noch immer chaotisch

Dazu kommt der Umstand, dass die russische Flugzeugfertigung eine Achillesferse hat: Die Ersatzteilversorgung ist ein ungelöstes Problem, das bislang selbst lokalen Fluggesellschaften ein Dorn im Auge war. Zum Teil gibt es noch immer wochenlange Wartezeiten auf Teile, die bei westlichen Herstellern binnen maximal 24 Stunden verfügbar wären. Das kostet nicht nur viel Geld, sondern ist in der aktuellen Situation problematisch.

Dazu kommt generell das Thema Wartung. Viele russische Airlines lassen im Ausland, beispielweise bei Lufthansa Technik, die Arbeiten vornehmen. Das hat nicht nur Prestigegründe, sondern kann auch eine Vorgabe der Leasinggeber sein. Selbstverständlich gibt es in der Russischen Föderation zahlreiche MRO-Betriebe, die zum Teil nach höchsten Standards arbeiten, aber ohne Ersatzteile wird es schwierig. Beispielsweise Lufthansa Technik und andere westliche Anbieter haben bereits angekündigt, dass aufgrund der Sanktionen, die nach dem von Putin anzettelten Krieg gegen die Ukraine angesprochen werden, die Zusammenarbeit mit russischen Kunden angesetzt wird.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass russische Fluggesellschaften von den Sanktionen des Westens, knallhart getroffen werden. Noch können Aeroflot und Co dies ein wenig kaschieren, jedoch wird man nach und nach große Teile der Flotten verlieren und ernsthafte Probleme im Bereich Wartung bekommen. Die Folge daraus ist, dass weitere Maschinen „AOG“ gehen werden. Eine kurzfristige Lösung kann nur in der Reaktivierung von uralten Maschinen aus Sowjet-Produktion liegen, denn die russische Luftfahrtindustrie kann so schnell nicht für Abhilfe sorgen, zumal diese selbst von Sanktionen betroffen ist, die sich auf die Produktion auswirken. Der Sommer 2022 dürfte für russische Airlines also nicht nur aufgrund der umfangreichen Luftraumsperren, sondern auch aus den in diesem Artikel geschilderten Gründen, kompliziert werden. Die „Marke Eigenbau“ von Ersatzteilen könnte zwar kommen, jedoch entwertet man damit Flugzeuge im Eigentum auf einen Schlag.

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