Der irische Leasinggeber ACG Aircraft zieht gegen die insolvente Fluggesellschaft Go First vor Gericht, denn aus Sicht des Flugzeugeigentümers sollen aus zumindest zwei Airbus A320neo wichtige Komponenten ohne Zustimmung ausgebaut worden sein.
Am 2. Mai 2023 musste der Flugbetrieb von Go First eingestellt werden, da dem Unternehmen die finanzielle Luft ausgegangen ist. Auch wurde ein Insolvenzverfahren beantragt. Seither bemüht sich das Unternehmen wieder in die Luft zu kommen, jedoch ist dies bislang nicht gelungen. Die Ursache für die Pleite sieht der indische Billigflieger primär in Lieferproblemen von Pratt&Whitney, jedoch hat das U.S.-amerikanische Unternehmen die Anschuldigung nicht unkommentiert auf sich sitzen lassen, sondern öffentlich zum Gegenschlag ausgeholt und behauptet, dass Go First eine langjährige Geschichte in Sachen Zahlungsverzug habe.
Als direkte Folge der Pleite haben zahlreiche Leasinggeber ihre Maschinen zurückgefordert und zu erheblichen Teilen auch bereits „einkassiert“. Teilweise sind diese bereits bei anderen Fluggesellschaften, also neuen Leasingnehmern im Einsatz. Doch nicht alle Lessoren sind einfach an ihr Eigentum gekommen, denn ACG Aircraft Leasing ist mit dem Problem konfrontiert, dass zumindest zwei Airbus A320neo aufgrund des Ausbaus zahlreicher Komponenten gar nicht flugfähig sind.
Unter anderem deswegen ist man in Delhi vor Gericht gezogen und hat vor dem Obersten Gerichtshof zahlreiche Fotos und Dokumente, aus denen fehlende Teile hervorgehen, als Beweis vorlegt. Und die Liste hat es in sich: Beispielsweise fehlen bei den beiden A320neo Notrutschen, zumindest ein Sidestick-Controller und Triebwerksschaufeln. Damit können die Maschinen aus Sicherheitsgründen nicht abheben. Weiters fehlen auch einige kleinere Komponenten. Der Leasinggeber vermutet, dass diese möglicherweise unrechtmäßig ausgebaut und als Ersatzteile in andere Maschinen wieder eingebaut worden sein könnten.
Jedenfalls will man das Eigentum flugfähig zurückhaben und klagt deswegen vor Gericht darauf, dass Go First die betroffenen Airbus A320neo flugfähig macht und dann an ACG zurückgibt oder aber alternativ die Kosten für die Instandsetzung und den Nachkauf benötigter Komponenten im Zuge der Rückgabe an den Lessor bezahlt. Fraglich ist aber, ob Go First über ausreichend Mittel verfügt, um dies begleichen zu können bzw. ob aus der Insolvenzmasse genug gepfändet werden kann. Im Extremfall wäre der Lessor nicht nur am Eigentum entschädigt, sondern könnte im Falle eines Obsiegens vor Gericht auch auf den Kosten für das juristische Einschreiten sitzen bleiben, denn wenn es in einem Konkurs nichts mehr zu verwerten gibt, ist kein Geld da, das an Gläubiger verteilt werden könnte.
Es ist kein Einzelfall, dass Leasinggeber vor Gericht die Herausgabe ihrer Flugzeuge erwirken zu können. Wesentlich mehr Fälle gibt es aber in Sachen behördliche Zwangsabmeldung, denn laut einem Bericht der Times of India haben seit der Insolvenz viele Lessoren bei der Zivilluftfahrtbehörde die Streichung aus dem Register beantragt. Insgesamt sind 54 Flugzeuge betroffen, die die Eigentümer in Indien behördlich abgemeldet haben wollen, um sie andernorts neu registrieren zu lassen. Dies geschieht zumeist in Vorbereitung darauf, dass diese nach einer technischen Überprüfung an einen neuen Leasingnehmer übergeben werden sollen.