Malta: Kein EU-Land hat pro Kopf mehr Flugzeuge im Register

Airbus A330-300 (Foto: Mario Caruana / MAviO News).
Airbus A330-300 (Foto: Mario Caruana / MAviO News).

Malta: Kein EU-Land hat pro Kopf mehr Flugzeuge im Register

Airbus A330-300 (Foto: Mario Caruana / MAviO News).
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Nur rund 520.000 Menschen leben auf den bewohnten maltesischen Inseln Malta, Gozo und Comino. Das kleinste Mitglied der europäischen Union bringt es gleichzeitig aber auf 43 Luftfahrtunternehmen mit gültigem AOC und gültiger Betriebsgenehmigung. Die Tendenz ist stark steigend, denn beispielsweise Eurowings befindet sich derzeit im Aufbau eines Malta-Ablegers. Bereits heute entfallen rund 23 Prozent der auf Malta registrierten Flugzeuge auf die Ryanair Group.

Vor rund einem Jahrzehnt galt die Inselrepublik noch als „Geheimtipp“ für Businessjets und Yachten. Mittlerweile gründen immer mehr Fluggesellschaften operative Tochtergesellschaften mit Zertifikaten der maltesischen Zivilluftfahrtbehörde CAD. „9H“ – das Länderkennzeichen der Republik Malta – vor der Registrierung ist schon lange kein Exot mehr, sondern zumindest auf europäischen Flughäfen mittlerweile allgegenwärtig. Am Ende dieses Artikels befindet sich eine Auflistung aller Inhaber maltesischer AOCs (Stand: 26. April 2022).

Die Gründe warum sich immer mehr Luftfahrtunternehmen in Malta ansiedeln, sind verschieden. Beispielsweise sind Freebird Europe und Corendon Airlines Europe auf juristischen Umwegen Töchter von türkischen Unternehmen. Deren Malta-Ableger dienen als Zugang zum Markt der Europäischen Union, denn mit türkischen AOCs darf man nicht linienmäßig innerhalb des Unionsgebiets fliegen – mit maltesischem allerdings schon.

Airbus A320 (Foto: Mario Caruana / MAviO News).

Malta profitierte auch vom Brexit

Titan Airways Malta hat erst kürzlich AOC und Betriebsgenehmigung von der CAD erteilt bekommen. Die britische Luftfahrgesellschaft gründete die neue Tochtergesellschaft aufgrund des Brexits, denn dieser führte dazu, dass im Vereinigten Königreich zugelassene Fluggesellschaften nur noch sehr eingeschränkt innerhalb der Europäischen Union fliegen dürfen. Easyjet hat genau aus diesem Grund die österreichische Easyjet Europe Airline GmbH ins Leben gerufen.

Doch auch steuerliche Gründe spielen eine nicht unwesentliche Rolle. So begründete beispielsweise Ryanair den Aufbau der Töchter Malta Air und Lauda Europe explizit damit, dass die Gehälter der Mitarbeiter an ihrer jeweiligen Basis versteuert werden können. Vereinfacht gesagt bedeutet das, dass beispielsweise das fliegende Personal der Basis Wien von Lauda Europe die Lohnsteuern in Österreich und nicht in Malta entrichtet. Vormals mussten beispielsweise die deutschen Mitarbeiter von Laudamotion ihre Steuern in Österreich bezahlen, jedoch die Sozialversicherungsabgaben in Deutschland.

Ähnlich argumentiert auch Eurowings, denn ab Herbst soll die „neue Eurowings Europe“ fliegen. Diese wird mit maltesischen Zertifikaten in der Luft sein und die bislang österreichische Eurowings Europe GmbH ablösen. Somit wird auch der Lufthansa-Konzern eine operative Malta-Fluggesellschaft haben. Bei der CAD liegen noch weitere AOC-Anträge von großen Playern der europäischen Luftfahrt auf, so dass damit zu rechnen ist, dass es schon sehr bald noch einige weitere „Malta-Ableger“ geben wird.

Airbus A321 (Foto: Mario Caruana / MAviO News).

ACMI-Anbieter entdecken „Malta-AOCs“

Während es beispielsweise mit Malta MedAir echte maltesische ACMI-Anbieter gibt, haben sich zum Beispiel mit Smartlynx Malta und Avion Express Malta auch osteuropäische Firmen aus diesem Segment längst „Malta-Töchter“ zugelegt. Das zuletzt genannte Unternehmen fliegt mit elf Airbus A320 im Auftrag von Eurowings. Malta MedAir ist ein Sonderfall, denn dieses Unternehmen ist im wahrsten Sinne des Wortes maltesisch, denn der Eigentümer ist der Staat.

Im Businessjetbereich gibt es ebenfalls wohlbekannte Festland-Anbieter, die sich Ableger auf Malta gegründet haben. Exemplare Beispiele hierfür sind: DC Aviation Malta, Air Charter Scotland, Flexjet Operations Malta, Avcon Jet Malta sowie TAG Aviation. Auch in diesem Segment gehört es mittlerweile fast zum guten Ton eine operative Tochter auf Malta zu haben.

Wer nun aber der Ansicht ist, dass es genügt einen Briefkasten an ein Gebäude zu schrauben, irrt gewaltig. Malta hat zwar den Ruf, dass man steuerfreundliche Briefkastenfirmen errichten kann, jedoch nehmen die Behörden die Firmen scharf unter die Lupe. Wird festgestellt, dass es am Firmensitz keine Vollzeitbeschäftigten, für die Steuern und Sozialabgaben entrichtet werden, gibt oder überhaupt kein echter Geschäftsbetrieb vorhanden ist, werden die Unternehmen rasch aus dem Firmenbuch (MBR) gestrichen. Gegebenenfalls kann gegen den Geschäftsführer und/oder die Gesellschafter sogar ein Strafverfahren eröffnet werden. Malta ist gnadenlos, jedoch wenn vor Ort Arbeitsplätze geschaffen werden, ist man sehr nett zu den Unternehmen. So nett, dass man den Ruf als Steuerinsel hat.

Airbus A320 (Foto: BriYYZ).

Briefkasten-Airlines gibt es nicht

Im Luftfahrtbereich ist die Sache sehr ähnlich. Am offiziellen Firmensitz müssen sich die Arbeitsplätze sicherheitsrelevanter Personen wie der Nominated Persons (vormals Postholder) befinden. Diese dürfen ihren Job nicht einfach von irgendwo aus per Skype erledigen, sondern am Firmensitz. Selbstverständlich dürfen NPs, die gleichzeitig beispielsweise Berufspiloten sind auch im Liniendienst fliegen, jedoch für die NP-Aufgaben muss der Arbeitsplatz am der CAD bekanntgegebenen Ort auf dem Staatsgebiet von Malta sein.

Beispielhaft kann man Lauda Europe heranziehen: Das Unternehmen teilt sich zwar die Büroräumlichkeiten mit der Konzernschwester Malta Air sowie einer gruppeneigenen Flugzeugleasinggesellschaft, jedoch sind die Bereiche getrennt. Ein paar Aufgaben, die nicht sicherheitsrelevant sind (zum Beispiel klassisches Sekretariat) teilt man sich, aber die sicherheitsrelevanten Jobs sind getrennt. Die Mitarbeiter sitzen in Pieta in einem Bürogebäude gegenüber der Marina und nicht im österreichischen Schwechat. Es ist also nicht möglich mal eben das AOC in ein anderes Land zu wechseln und das sicherheitsrelevante Personal muss nicht mal in ein anderes Büro umziehen.

Der Umstand, dass vor Ort die von der CAD vorgeschriebene „Mindestbesatzung“ da sein muss, gilt übrigens nicht nur für Lauda Europe, sondern für sämtliche Inhaber maltesischer AOCs. Die bloße Errichtung von „Briefkasten-Airlines“ ist somit nicht möglich und zwar weder auf Malta noch in einem anderen Land der EU. Allerdings darf der offizielle Firmensitz laut Handelsregister von der operativen Betriebsstätte innerhalb des Staatsgebiets abweichen, jedoch muss darüber die Luftfahrtbehörde informiert werden, denn diese kann jederzeit mit der Überraschung einer unangekündigten Kontrolle vor der Tür stehen.

Airbus A320 (Foto: Jan Gruber).

Malta mittlerweile großer Player im Bereich Wartung

Auch im Bereich Flugzeugwartung sowie –services konnte Malta im letzten Jahrzehnt enorm stark wachsen. Beispielsweise sind Medavia, SR Technics Malta und Lufthansa Technik Malta mittlerweile sehr stark auf dem Markt. Selbst der Maschinentyp Airbus A380 wird in den sich auf dem Flughafen Luqa befindlichen Hangars gewartet.

Die Ursache hierfür liegt keinesfalls darin, dass Malta ein Billiglohnland wäre. Es ist ein Irrglaube, dass die Löhne und Gehälter auf Malta besonders günstig wären. Diese sind im Bereich Luftfahrt-Fachpersonal aufgrund des Umstands, dass händeringend ausgebildete Fachmitarbeiter gesucht werden, bestens bezahlt.

Die tatsächlichen Gründe dafür, dass Malta als Wartungsstandort beliebt ist, liegen einerseits in der geografischen Lage, denn Festland-Europa, Afrika, der Nahe Osten und weitere Gebiete sind rasch erreichbar. Andererseits sind die klimatischen Bedingungen für Flugzeuge sehr freundlich, denn Minusgrade hat es auf den maltesischen Inseln nur extrem selten. Und der letzte Grund ist sehr simpel: Das Thema Steuern, denn je mehr Menschen der Unternehmer Arbeit gibt, desto freundlichere Steuerdeals macht die Regierung. Daraus entstehen in weiterer Folge Kostenvorteile für die Kunden der Wartungsbetriebe, denn man kann im internationalen Wettbewerb gute Preise machen. Da Malta kein Billiglohnland ist, geschieht dies auch nicht auf dem Rücken des Personals. Die maltesische Bevölkerung profitiert, die Leidtragenden sind Mitarbeiter der Luftfahrtbranche auf dem Festland, deren Standorte sukzessive verkleinert werden, weils auf der Insel billiger ist. Mit Dumpingpreisen aus Billiglohnländern kann Malta übrigens nicht mithalten. Für die Qualität der Arbeit auf Malte bürgen sowohl die CAD, unter deren Aufsicht die Betriebe stehen, aber auch renommierte Namen wie Lufthansa Technik oder SR Technics. Vereinfacht gesagt: Beispielsweise Lufthansa Technik genießt einen weltweit hervorragenden Ruf als Top-Wartungsbetrieb und kann und will es sich schlichtweg nicht erlauben schlechte Arbeit abzuliefern.

DHC Dash 8-400 (Foto: Jan Gruber).

23 Prozent aller Flugzeuge gehören zur Ryanair Group

Das „9H-Register“ wächst seit einigen Jahren unaufhaltsam. Mit Stand 7. März 2022 waren laut CAD 642 Fluggeräte eingetragen. Dabei handelt es sich um alles, das zivil fliegen kann und behördlich registriert werden muss – also auch Privatflugzeuge sind berücksichtigt.

142 Flugzeuge des europäischen Herstellers Airbus waren zum im vorherigen Absatz genannten Datum im maltesischen Register eingetragen. Konkurrenz Boeing brachte es sogar auf 192 Maschinen. Von Flugzeugbauer Embraer waren es 14 Stück, von ATR vier Maschinen und von Bombardier 129 Fluggeräte. Der Rest verteilt sich auf diverse andere Hersteller von Flugzeugen und Helikoptern.

Malta ist mittlerweile jener EU-Staat, auf den pro Kopf die meisten Fluggeräte kommen. Das liegt in erster Linie daran, dass die Bevölkerung mit etwa 520.000 Menschen vergleichsweise klein ist, jedoch immer mehr Firmen mit ausländischem Background ihre Töchter ansiedeln und in großem Umfang Flugzeuge ins Register eintragen. Wenig überraschend: Malta Air ist hinsichtlich der Anzahl der im „9H-Register“ zugelassenen Maschinen die flottenstärkste Fluggesellschaft, die über maltesische Zertifikate verfügt. Mit Stand 7. März 2022 waren es 120 Maschinen. Die Konzernschwester Lauda Europe hatte an diesem Datum 28 Airbus A320 eingetragen. Zusammengerechnet kam die Ryanair Group auf 23 Prozent (148 Stück) aller auf Malta registrierten Flugzeuge.

Boeing 737-800 (Foto: Jan Gruber).

Übersicht über die maltesischen AOC-Holder

Nachstehend befindet sich die Anfang dieses Artikels angekündigte Liste der Inhaber der maltesischen AOC-Holder. Diese bildet den Datenstand am 26. April 2022 ab und basiert auf offiziellen Unterlagen der maltesischen Zivilluftfahrtbehörde CAD. Da sich derzeit einige Unternehmen im Erteilungsprozess befinden, ist damit zu rechnen, dass in den nächsten Monaten noch weitere Betriebe hinzukommen können.

FirmennameAOC-Nummer
Air Malta p.l.cMT-01
Mel Air LimitedMT-02
Comlux Malta LtdMT-08
Alliance Executive Jets LtdMT-11
Malta Wings Co LtdMT-13
Maleth-Aero AOC LtdMT-14
Luxwing LtdMT-15
Hyperion Aviation LtdMT-16
VistaJet LtdMT-17
Skyfirst LtdMT-18
Avcon Jet Malta LtdMT-20
Jetmagic LtdMT-22
Air X Charter LtdMT-23
Hi Fly LtdMT-24
Albinati Aviation LtdMT-27
Elitavia Malta LtdMT-28
Blue Square Aviation Group Malta LtdMT-29
Emperor Aviation LtdMT-30
Pontair LtdMT-31
Air Horizont LtdMT-32
TAG Aviation (Malta) LtdMT-33
Harmony JetsMT-38
Air CM Global LtdMT-39
Gulf Med Aviation Services LtdMT-41
JetClub Malta LtdMT-42
SmartLynx Airlines Malta LtdMT-46
Touristic Aviation Services Ltd Dba: Corendon AirlinesMT-48
Jet Aviation Flight Services (Malta) LtdMT-49
Freebird Airlines Europe LtdMT-50
DC Aviation LtdMT-52
Helicopterflights LtdMT-53
Malta Air Travel dba Malta MedAirMT-55
Avion Express Malta LtdMT-56
Malta Air LtdMT-57
Galistair Trading LtdMT-59
Airhub Airlines LtdMT-60
Lauda Europe LtdMT-62
Air Charter Scotland (Europe) LimitedMT-63
Luxaviation Malta LtdMT-64
Air Atlanta Europe LtdMT-65
Av8jet Charter LimitedMT-66
Titan Airways Malta LimitedMT-67
Flexjet Operations Malta LimitedMT-68

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