Marabu-Partner Nordica in massiver finanzieller Schieflage

Bombardier CRJ-900 (Foto: Nordica).
Bombardier CRJ-900 (Foto: Nordica).

Marabu-Partner Nordica in massiver finanzieller Schieflage

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Die estnische Fluggesellschaft Nordica, eine Tochter der staatlichen Nordic Aviation Group, befindet sich in einer schweren Finanzkrise. Allein in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres hat man Verluste in der Höhe von 11,9 Millionen Euro eingeflogen.

Der Carrier wurde in Deutschland einer breiteren Öffentlichkeit als Subunternehmer der Condor-Konzernschwester Marabu, die ebenfalls in Estland angesiedelt ist, bekannt. Ursprünglich war Nordica lediglich eine Vertriebsmarke, denn der operative Flugbetrieb wurde einst von Xfly durchgeführt. Mittlerweile verfügt Nordica ebenfalls über AOC und Betriebsgenehmigung.

Gegründet wurde Nordica im Nachgang der Pleite von Estonian Air. Diese ist unter anderem deshalb entstanden, weil die EU-Kommission Subventionen, die von der Regierung gewährt wurden, für illegal erklärt hat. Nach Ausschöpfung aller Rechtsmittel wurde die Rückzahlung angeordnet. Dem konnte das Unternehmen nicht nachkommen, weshalb Konkurs angemeldet werden musste.

Da die damalige Regierung erpicht darauf war einen eigenen National-Carrier zu haben, rief man Nordica ins Leben. Diese startete als Virtual-Carrier, wobei der Flugbetrieb zunächst von Adria Airways durchgeführt wurde. Nach dem Auslaufen der Kooperation wurden die Flüge von der eigenes aufgebauten Konzernschwester Regional Jet (heute: Xfly) erbracht. Eine Kooperation mit Lot folgte, wobei diese zwischenzeitlich aufgelöst wurde.

Vor einiger Zeit wurden dann die Nordica-Flüge aufgegeben. Xfly hat sich auf die Erbringung von ACMI- und Wetlease-Dienstleistungen spezialisiert. Nordica hat man zusätzlich ein AOC verpasst, so dass die Nordic Aviation Group aus zwei operativen Flugbetrieben mit Sitz in Estland besteht. Vollständiger Eigentümer ist seit dem Ausstieg von Lot wieder der Staat. Eigentlich war angekündigt, dass Nordica Linienflüge durchführen soll und Xfly weiterhin für externe Kunden fliegen soll.

Verträge sollen nachteilig sein

Dieses Konzept wurde aber nicht wirklich umgesetzt, denn dieses Jahr wurde Nordica als Operating Carrier zahlreicher Marabu-Flüge vorgestellt. Auch hat man viele Dienstleistungen, die angeblich zwischenzeitlich von Condor übernommen wurden, für Marabu erbracht. Die Kooperation war von großem Chaos in Form langer Verspätungen und Flugausfälle geprägt. Offensichtlich war dies finanziell äußerst kostspielig, denn man musste für Schadenersatz bzw. Ersatzfluggeräte aufkommen.

Nicht zuletzt deswegen räumt man ein, dass man „nachteilige Vertragsbedingungen“ bzw. „schlecht umgesetzte und teilweise unwirksame Verträge“ abgeschlossen habe. Ohne das Kind beim Namen zu nennen: Mit hoher Wahrscheinlichkeit handelt es sich um die Kooperation mit Marabu, denn es ist davon auszugehen, dass die Condor-Konzernschwester sich für Schäden wie Ausgleichsleistungen an Passagiere und das Anmieten von Ersatzflugzeugen entsprechend regressiert hat bzw. dies auch vertraglich geregelt sein dürfte. Es ist in der Luftfahrt bei Wetlease-Verträgen branchenüblich, dass der Auftragnehmer bei Nichterbringen der Leistung Schadenersatz zu leisten hat. Selbiges gilt auch, wenn die Qualität nicht wie vereinbart geliefert wird.

Dass die Finanzlage bei Nordica angespannt ist, ist bereits seit einigen Monaten bekannt. Lokale Medien haben immer wieder von Insolvenzgefahr berichtet. Dies wurde seitens der Nordic Aviation Group bislang halbherzig dementiert. Man räumte zwar ein, dass es finanziell suboptimal läuft, aber von einer Pleite wollte man, zumindest in der Öffentlichkeit nichts hören.

Berater sollen Unternehmen auf den Kopf stellen

Nun ist die Situation anders: Die Insolvenz von Nordica kann nicht mehr explizit ausgeschlossen werden. Das Management hat ein Beratungsunternehmen beauftragt. Es sollen kurzfristige Maßnahmen, die zur Reduktion der Verluste führen sollen, vereinbart. Unbestätigten Gerüchten nach soll das auch bedeuten, dass die verlustbringende Kooperation mit Marabu beendet werden soll. Auch könnten Nordica und Xfly fusioniert werden. Das zuletzt genannte Unternehmen gilt als profitabel, jedoch wirft es nicht so viel Geld ab, um den Fehlbetrag von Nordica vollständig ausgleichen zu können.

Die estnische Regierung denkt schon länger darüber nach, dass man sich von der Nordic Aviation Group trennt. Immer wieder wurde im Parlament der Umstand, dass der Staat mit Xfly einen ACMI-Carrier unterhält, kontrovers diskutiert. Die aktuelle Lage der Firmengruppe könnte schon bald parlamentarische Maßnahmen der Opposition auslösen. Derzeit ist völlig offen, ob es Interessenten für den angeschlagenen Staatskonzern gibt oder nicht. Das Gewähren von Staatshilfen dürfte jedenfalls ein schwieriges Unterfangen werden, denn mit hoher Wahrscheinlichkeit ist mit Widerstand aus Brüssel zu rechnen.

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Amely Mizzi ist Executive Assistant bei Aviation Direct Malta in San Pawl il-Baħar. Zuvor war sie im Bereich Aircraft and Vessel Financing bei einem Bankkonzern tätig. Sie gilt als sprachliches Talent und spricht sieben Sprachen fließend. Ihre Freizeit verbringt sie am liebsten in Österreich auf der Schipiste und im Sommer an Mittelmeerstränden quasi vor der Haustür auf Gozo.
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