Ohne geht es (noch) nicht: Bordkarten im Wandel der Zeit

Bordkarte am Smartphone (Foto: Tumisu/Pixabay).
Bordkarte am Smartphone (Foto: Tumisu/Pixabay).

Ohne geht es (noch) nicht: Bordkarten im Wandel der Zeit

Bordkarte am Smartphone (Foto: Tumisu/Pixabay).
Werbung

Einst war der Check-in für Flüge, abgesehen von wenigen Ausnahmen, nur persönlich am Schalter möglich. Die Sitzplätze wurden früher oftmals manuell mittels Papier-Plänen oder abziehbaren Stickern vergeben. Mittlerweile genügt bei den meisten Airlines ein QR-Code, der mit dem Smartphone vorgewiesen werden kann. 

Die technischen Neuerungen der letzten Jahrzehnte haben auch dazu geführt, dass die Einsteigekarten einem stetigen Wandel unterworfen sind. Mittlerweile befinden wir uns in einer Art Übergangsphase vom QR-Code zur Gesichtserkennung, denn beispielsweise Lufthansa testet in Frankfurt, München und Berlin ein solches System. Reisende müssen dann überhaupt keine Bordkarte mehr vorweisen, denn man wird automatisch mit Hilfe von Kameras und einem ausgeklügelten EDV-System im Hintergrund erkannt. 

In der Vergangenheit gab es auch Linienflüge, für die man überhaupt keine Buchung und somit auch keine Bordkarte im klassischen Sinn benötigt hat. Es handelte sich um so genannte Shuttle-Verkehre, die besonders in den USA populär waren. Unter dem Namen “Air-Bus” unterhielt Lufthansa ein solches Produkt zwischen Hamburg und Frankfurt. Man konnte nicht reservieren, sondern stieg ins Flugzeug ein und bezahlt wurde dann erst bei der Stewardess. Nach und nach wurden die meisten dieser doch sehr unkomplizierten Flugverkehre auf die heute bekannte Vorab-Reservierung umgestellt. Es gibt noch einige wenige Shuttle-Verkehre, bei denen man erst am Airport über einen Automaten, Schalter, neuerdings auch Apps reservieren und bezahlen kann. 

Vordruck, Sticker und Kugelschreiber 

Früher wurden Bordkarten häufig auf Vordrucken mit dem Kugelschreiber ausgestellt. Manche Airlines haben auch Sitzpläne mit abziehbaren Nummern genutzt. Somit wussten immer alle Check-in-Agents welche Plätze schon vergeben sind und welche noch frei sind. Je nach Lust und Laune des Mitarbeiters wurden die Nummern dann auf die Bordkarte geklebt oder manchmal auch nicht. Dieses System kommt manchmal zur Anwendung, wenn EDV-Systeme ausgefallen sind oder aber es sich um einen besonderen Charterflug handelt. Es gibt noch ganz wenige Airports, an denen es mangels EDV-Infrastruktur gar nicht anders geht. 

Das komplett manuelle Ausstellen der Bordkarten hat einen entscheidenden Nachteil: Die Passagierlisten mussten von der Zentrale der Airline, meist per Telefax, zugeschickt werden. Die Agents hatten sich danach zu richten. Stand man nicht auf der Liste, konnte jedoch ein gültiges Ticket vorweisen, musste oftmals telefoniert werden. Jedenfalls erwies sich die gesamte Praxis als ineffizient und fehleranfällig. 

Später wurden die Einsteigekarten dann mit dem Computer ausgestellt. Es handelte sich zunächst weiterhin um rein “optische” Scheine, denn diese mussten auch weiterhin durch das Bordingpersonal gesichtet und geprüft werden. Es gab noch keine hinterlegten Daten oder die Möglichkeit die Bordkarten maschinenunterstützt zu verarbeiten. Der Hauptvorteil war aber, dass die Lesbarkeit der zumeist mit Nadeldruckern ausgestellten Einsteigekarten besser wer, denn so mancher Agent soll sich, wie man so hört, nicht sonderlich viel Mühe gegeben haben leserlich zu schreiben. 

Bordkarte aus dem Jahr 1979 (Foto: SnowFire).

Magnetstreifen ergänzte den Nadeldrucker 

Im Laufe der 1990er-Jahre setzten sich dann Bordkarten, die auf der Rückseite mit einem Magnetstreifen versehen waren, durch. Auf der Vorderseite befanden sich weiterhin die optischen Informationen, die insbesondere für den Passagier nützlich waren, aber auch für das Boardingpersonal falls der Magstripe mal nicht funktionierte. Auf dem Magnetstreifen waren zahlreiche Informationen über den gebuchten Flug gespeichert. An den meisten Flughäfen gab es an den Gates Lesegeräte, in die dann die Einsteigekarten gesteckt wurden. Die Informationen wurden an den Computer übermittelt und wenn alles passte bekam das Personal “grünes Licht” und anschließend wurde abgerissen. Der kleine Abschnitt wurde dem Passagier ausgehändigt und der große verblieb bei der Airline. 

Auch war es schon bald möglich, dass die Einsteigekarten über Check-in-Automaten ausgestellt werden konnten. Das System bewährte sich, jedoch hatte es gleich mehrere Nachteile: Das Spezialpapier mit Magnetstreifen war für die Fluggesellschaften doch recht teuer, so dass man spätestens mit dem Aufkommen von Lowcostern nach Alternativen gesucht hat. Die Entsorgung war problematisch, denn auf den Magnetstreifen waren sensible Daten gespeichert und aufgrund der Beschaffenheit durfte man – zumindest offiziell – Boardkarten nicht über das Altpapier entsorgen. Somit sind weitere Kosten angefallen. 

ATB-Ticket (Foto: BSP).

Einige Airlines zögerten mit der Einführung des Web-Check-ins 

Billigflieger wie Ryanair oder Germanwings wollten sich diese Kosten sparen und haben vor dem generellen Start des Internet-Check-ins wiederverwendbare Einsteigekarten verwendet. Es handelte sich um laminierte Zettelchen, die am Gate abgesammelt wurden und beim nächsten Flug zur aufgedruckten Destination wiederverwendet wurden. Da beide genannten Carrier freie Sitzplatzwahl hatten, war das System aus heutiger Sicht durchaus nachhaltig. Aber: Automaten-Check-in war nicht möglich und der Internet-CI war noch nicht wirklich erfunden. 

Anfangs hatten viele Airlines Bedenken, dass der Online-Check-In zum Missbrauch von Buchungen wie Fliegen unter falschem Namen einladen würde. Trotz des Umstands, dass die klassischen “Ticketheftchen” schon abgeschafft waren und immer mehr Flugscheine über das Internet verkauft wurden, bestanden viele Carrier weiterhin auf den Schalter-Check-in, um zum Beispiel die Identität des Reisenden checken zu können. Germanwings verzichtete anfangs mit der Begründung, dass die Mehrheit der Passagiere den Internet-Check-in nicht haben möchte, auf diesen. Später führte man diesen dann auf “vielfachen Kundenwunsch” ein. 

Ryanair ging sogar einen Schritt weiter und verlangte anfangs ernsthaft eine Zusatzgebühr für den Internet-Check-in, der zwar günstiger war als am Schalter, jedoch mussten Passagiere dafür bezahlen, dass sie selbst eintippen durften und auch noch auf ihrem eigenen Drucker ausdrucken durften. Die Betonung liegt – aus der Sicht von Ryanair – auf “durften”. In Europa war dieser Billigflieger dann einer der ersten, die den Web-Check-in verpflichtend gemacht haben und für die “Dienstleistung” am Schalter kräftig zur Kasse gebeten haben. Mittlerweile haben dieses Modell zahlreiche Fluggesellschaften kopiert. 

Magstripes waren nichts für den heimischen Drucker 

Tatsache ist aber, dass die Magnetstreifen-Bordkarten definitiv nicht mit “Print at home” kompatibel waren. Daher musste eine andere Lösung her und diese wurde mit Barcodes bzw. QR-Codes gefunden. In diesen sind die weitgehend identen Informationen gespeichert und können mittels Scanner ausgelesen werden. Anfangs war der Web-Check-in nicht an allen Airports in der D-A-CH-Region möglich, denn erst nach und nach wurde von den mittlerweile im Auslaufen befindlichen Magnetstreifenlesern auf Scanner umgestellt. Laut IATA wurde die Abschaffung der Magstripe-Bordkarten (ATB) im Jahr 2010 abgeschlossen. 

Auch Schalter-Bordkarten wurden auf Strichcodes “umgerüstet”. In einer Übergangsphase wurden noch beide “Systeme” verwendet, jedoch später bespielte man die Magnetstreifen nicht mehr und brauchte einfach nur noch Restbestände auf. Heutige Schalter- bzw. Automatenbordkarten haben nur noch in den seltensten Fällen Magnetstreifen auf der Rückseite. Findet sich am Gate noch die Technik für Bordkarten mit Magstripe, dann ist es schon reif fürs Museum und wird mit hoher Wahrscheinlichkeit seit vielen Jahren nicht mehr verwendet. 

Auf den Umstand, dass sich Smartphones rasend schnell verbreitet haben, reagierte auch die Luftfahrt. Es ging nicht nur um einen weiteren Buchungskanal für den Verkauf von Flugtickets, sondern papierloses Reisen kann sich durchaus positiv auf die Kosten auswirken. Zum Beispiel können Passagiere im Urlaub schon über das Smartphone einchecken und so ihre Bordkarte vorweisen. Dies spart den Carrier letztlich Arbeitszeit des Bodenpersonals und damit Geld. Man kann es sehen wie man will, aber im Zusammenhang mit mobilen Bordkarten versuchen die Airlines auch ein bisschen Komfort zu bieten, denn das Ausdrucken beziehungsweise der Gang zum Schalter können entfallen, denn ein Handy hat so ziemlich jeder (fast) immer bei sich. 

QR-Code-Bordkarte von KLM (Foto: Mtcv).

Heutiger Standard womöglich ein Auslaufmodell 

Das Modell der strich- und/oder QR-Code-basierten Bordkarten ist derzeit der gültige Branchenstandard. Egal, ob diese auf Papier (vom Automaten, Schalter oder selbst ausgedruckt) oder auf dem Smartphone vorgewiesen werden, sofern der Scanner nicht launisch ist, funktioniert es. Immer wieder mal können die Codes nicht gelesen werden und dann gibt es durchaus viel Arbeit für die Agents am Gate, denn anhand des Ausweises wird der Fluggast dann im Computer gesucht und “manuell” geboardet.  

Die Zukunft wird aber ganz ohne “physische” Boardkarten auskommen, denn derzeit erproben Konzerne wie Lufthansa, dass man überhaupt nichts mehr, außer sich selbst, vorweisen muss. Mittels Gesichtserkennung soll man auf dem Weg zum Flugzeug alle Punkte, an denen man jetzt seinen Barcode scannen muss, passieren können. Echter Vorreiter ist man damit keineswegs, denn zum Beispiel in China werden solche Errungenschaften schon verwendet. Und dort sieht man auch deutlich, dass das wahre Interesse wohl so ganz und gar nicht im zusätzlichen Komfort für den Passagier liegt. 

In Europa wird noch experimentiert, in China schon im Live-Betrieb 

In Europa (noch) undenkbar, aber auf großen chinesischen Airports schon völlig normal: Bei einem Blick auf eine kleine Anzeigetafel wird die Wegezeit zum Gate angezeigt und noch dazu gibt es gleich ein paar “Sonderangebote” in Shops dazu. Selbstverständlich weiß das System, dass man sich zuvor einen Snack gekauft hat und – welch Zufall – wird nun ein Getränk vorgeschlagen, das angeblich genau jetzt zu einem Sonderpreis erhältlich sein soll. 

Bereits jetzt ist es möglich, dass man – sofern man dies freiwillig aktiviert hat – über Apps europäischer Airlines an EU-Flughäfen so genannte “individuelle Angebote” per Push aufs Smartphone bekommt. Meistens handelt es sich um Upgrade-Vorschläge oder kostenpflichtige Loungebesuchsmöglichkeiten. Seltener wird auch echte Werbung von Shops gepusht. 

Die Gesichtserkennung, die auch in China noch nicht endgültig ausgereift ist, bietet dem Passagier den Vorteil, dass man nichts mehr, außer dem Reisepass (sofern erforderlich) vorweisen muss. Für Airlines und Flughafenbetreiber ist es möglich zusätzliche Services, zum Beispiel über Screens, anzubieten. Genau das ist aber auch ein theoretisch möglicher Nachteil für Passagiere, denn zumindest in der Theorie – wegen dem Datenschutz in der EU – könnten durchaus umfangreiche Erkenntnisse über den Fluggast gewonnen werden. Die Frage ist nur: Was will die Airline eigentlich damit anfangen? Ein Lowcost-Passagier, der zu knauserig für ein größeres Handgepäckstück ist und seine eigene Jause eingepackt hat, wird auch dann nichts in Shops kaufen, wenn er permanent mit Werbung für Cheeseburger und Cola vollgeträllert wird. Vielleicht stellt sich irgendwann heraus, dass “Gesichts-Bordkarten” als Flop in die Geschichte der Luftfahrt eingehen werden und eine ganz andere Lösung die heutigen Strichcode-Einsteigekarten ablösen wird. Sicher ist aber, dass Kugelschreiber und Vordrucke kein großes Comeback haben werden. 

1 Comment

  • Hubert Busch , 11. August 2023 @ 08:34

    Der eigentliche Sinn des Check-Ins und damit der Bordkarte wurde in dem Artikel gar nicht angesprochen.
    Beim Check-In und der Ausgabe einer Bordkarte wollten Fluggesellschaften sicher gehen, das alle gebuchten Passagiere tatsächlich zur geplanten Boardingtime anwesend sind und der Abflug pünktlich erfolgen kann.

    Mit allen anderen . neu oder später – eingeführten Boardingpässen kann dieses Ziel nicht mehr erreicht werden. Checkt jemand per Online-Check-In zu Hause ein, ist noch lange nicht sicher, das er zur geplanten Boardingtime am Gate ist.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Redakteur dieses Artikels:

Amely Mizzi ist Executive Assistant bei Aviation Direct Malta in San Pawl il-Baħar. Zuvor war sie im Bereich Aircraft and Vessel Financing bei einem Bankkonzern tätig. Sie gilt als sprachliches Talent und spricht sieben Sprachen fließend. Ihre Freizeit verbringt sie am liebsten in Österreich auf der Schipiste und im Sommer an Mittelmeerstränden quasi vor der Haustür auf Gozo.
[ssba-buttons]

Paywalls mag niemand
– auch Aviation.Direct nicht!

Informationen sollten frei für alle sein, doch guter Journalismus kostet viel Geld.

Wenn Ihnen dieser Artikel gefallen hat, können Sie Aviation.Direct freiwillig auf eine Tasse Kaffee Kaffee einladen.

Damit unterstützen Sie die journalistische Arbeit unseres unabhängigen Fachportals für Luftfahrt, Reisen und Touristik mit Schwerpunkt D-A-CH-Region und zwar freiwillig ohne Paywall-Zwang.

Wenn Ihnen der Artikel nicht gefallen hat, so freuen wir uns auf Ihre konstruktive Kritik und/oder Ihre Verbesserungsvorschläge wahlweise direkt an den Redakteur oder an das Team unter unter diesem Link oder alternativ über die Kommentare.

Ihr
Aviation.Direct-Team
Paywalls
mag niemand!

Über den Redakteur

Amely Mizzi ist Executive Assistant bei Aviation Direct Malta in San Pawl il-Baħar. Zuvor war sie im Bereich Aircraft and Vessel Financing bei einem Bankkonzern tätig. Sie gilt als sprachliches Talent und spricht sieben Sprachen fließend. Ihre Freizeit verbringt sie am liebsten in Österreich auf der Schipiste und im Sommer an Mittelmeerstränden quasi vor der Haustür auf Gozo.
[ssba-buttons]

Paywalls mag niemand
– auch Aviation.Direct nicht!

Informationen sollten frei für alle sein, doch guter Journalismus kostet viel Geld.

Wenn Ihnen dieser Artikel gefallen hat, können Sie Aviation.Direct freiwillig auf eine Tasse Kaffee Kaffee einladen.

Damit unterstützen Sie die journalistische Arbeit unseres unabhängigen Fachportals für Luftfahrt, Reisen und Touristik mit Schwerpunkt D-A-CH-Region und zwar freiwillig ohne Paywall-Zwang.

Wenn Ihnen der Artikel nicht gefallen hat, so freuen wir uns auf Ihre konstruktive Kritik und/oder Ihre Verbesserungsvorschläge wahlweise direkt an den Redakteur oder an das Team unter unter diesem Link oder alternativ über die Kommentare.

Ihr
Aviation.Direct-Team
Paywalls
mag niemand!

1 Comment

  • Hubert Busch , 11. August 2023 @ 08:34

    Der eigentliche Sinn des Check-Ins und damit der Bordkarte wurde in dem Artikel gar nicht angesprochen.
    Beim Check-In und der Ausgabe einer Bordkarte wollten Fluggesellschaften sicher gehen, das alle gebuchten Passagiere tatsächlich zur geplanten Boardingtime anwesend sind und der Abflug pünktlich erfolgen kann.

    Mit allen anderen . neu oder später – eingeführten Boardingpässen kann dieses Ziel nicht mehr erreicht werden. Checkt jemand per Online-Check-In zu Hause ein, ist noch lange nicht sicher, das er zur geplanten Boardingtime am Gate ist.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Werbung