Russland will neues Überschall-Passagierflugzeug in die Luft bringen

Tupolew Tu-144 in Kasan (Foto: Daemonkzns).
Tupolew Tu-144 in Kasan (Foto: Daemonkzns).

Russland will neues Überschall-Passagierflugzeug in die Luft bringen

Tupolew Tu-144 in Kasan (Foto: Daemonkzns).
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Die Russische Föderation will wieder ein Überschall-Passagierflugzeug in die Luft bringen. Bereits im kommenden Jahr soll ein entsprechender Technologiedemonstrator hergestellt werden. Dieser soll auf dem MiG-29 Kampfjet basieren.

Die Herstellung des Demonstrators wird durch das Chaplygin Siberian Scientific Research Institute of Aviation, gab Institutsleiter Wladimir Barsuk im Rahmen einer Pressekonferenz bekannt. Auf Basis des Versuchsträgers soll ein neues Überschall-Passagierflugzeug zur Serienreife gebracht werden. Dieses soll komplett neu entwickelt werden.

Dazu Barsuk: „Es wird ein neuer Rumpf verwendet werden, ein neuer Flügel, ein Flügel mit einer reduzierten Überschallstoßwelle. Die moderne Forschung ermöglicht es uns, das Flugzeug so zu konstruieren, dass die Schockwelle erheblich reduziert wird. SibNIA wird Flugtests durchführen“. Derzeit geht man davon aus, dass allein die Entwicklungs- und Forschungsarbeit am Demonstrator etwa zwei Jahre in Anspruch nehmen wird.

In Russland gibt es noch ein weiteres Überschall-Projekt, denn unter Führung des Rostec-Konzerns soll ein entsprechender Businessjet entwickelt werden. Derzeit gibt es keine gesicherten Informationen darüber inwiefern ein Zusammenhang zwischen den beiden Projekten besteht oder aber ob diese etwa ident sind. Die weiteren Entwicklungen gilt es daher abzuwarten.

Tu-144: Unrühmliche sowjetische Vorgeschichte

Es handelt sich übrigens nicht um den ersten „Ausflug“ der russischen Luftfahrtindustrie in die Überschall-Passagierluftfahrt. In den 1960er-Jahren befand man sich mit den USA, Frankreich, dem Vereinigten Königreich und anderen Staaten im Wettlauf um besonders schnelle Verkehrsflugzeuge. Unter anderem die damalige Ölkrise führte dazu, dass sich die Vereinigten Staaten gänzlich zurückgezogen hatten. Übrig geblieben sind die Concorde, die von Frankreich und UK gemeinsam entwickelt und gebaut wurde, sowie die sowjetische Tupolew Tu-144.

Das zuletzt genannte Muster hatte eine extrem unrühmliche Geschichte. Zwar war die Maschine der Concorde hinsichtlich Technologie und theoretischen Leistungen überlegen, jedoch erwies sich die Tu-144 als massiv unzuverlässig. Zahlreiche dieser Überschalljets sind abgestürzt, so dass es nur sehr wenige Passagierflüge gab. Kurios: Eine Zeit lang durfte die Tu-144 nur für Postflüge innerhalb der UdSSR eingesetzt werden. So wurden Postsäcke im Inland mit Überschallgeschwindigkeit befördert.

Da die Tu-144 in ihrer vergleichsweise kurzen Einsatzgeschichte sehr viele Unfälle mit Todesfolgen erlitten hat, wird hier lediglich der bekannteste Unfall genannt. Während der Paris Air Show stürzte eine Maschine am 3. Juni 1973 ab. Über die Ursache haben sich die Sowjetunion und Frankreich durchaus gestritten, jedoch gilt als am Wahrscheinlichsten, dass die verunglückte Tu-144 für die durchgeführten Show-Flugmanöver schlichtweg nicht geeignet war und das Muster weit über die zulässigen Grenzen hinaus belastet wurde, was letztlich zum Absturz führte.

In den Jahren 1995 und 1996 wurde die einstige SSSR-77114 wieder flugtauglich gemacht und als fliegendes Labor für die Entwicklung künftiger Überschallflugzeuge eingesetzt. Die U.S.-amerikanische NASA und Tupolew haben sich das Projekt rund 350 Millionen U.S.-Dollar kosten lassen. Die Maschine wurde nach der Umrüstung mit der Bezeichnung Tu-144LL versehen und als einzige ins russische Register überführt, da es die Sowjetunion nicht mehr gab. Bis zum Jahr 1999 wurden zahlreiche Testflüge durchgeführt. Seither ist dieses Exemplar, nebst einigen anderen, die erhalten geblieben sind, abgestellt.

Interessenten können in Deutschland im Technikmuseum Sinsheim sowohl eine Concorde als auch eine Tu-144 besichtigen. Es ist durchaus empfehlenswert die beiden Muster nacheinander von außen und innen genau anzusehen, da man so recht einfach Ähnlichkeiten, aber auch eklatante Unterschiede bemerken kann.

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Amely Mizzi ist Executive Assistant bei Aviation Direct Malta in San Pawl il-Baħar. Zuvor war sie im Bereich Aircraft and Vessel Financing bei einem Bankkonzern tätig. Sie gilt als sprachliches Talent und spricht sieben Sprachen fließend. Ihre Freizeit verbringt sie am liebsten in Österreich auf der Schipiste und im Sommer an Mittelmeerstränden quasi vor der Haustür auf Gozo.
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