Stuttgart: Fehlende Billigflieger sorgen für rote Zahlen

Flughafen Stuttgart bei Nacht (Foto: Robert Spohr).
Flughafen Stuttgart bei Nacht (Foto: Robert Spohr).

Stuttgart: Fehlende Billigflieger sorgen für rote Zahlen

Flughafen Stuttgart bei Nacht (Foto: Robert Spohr).
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Der Flughafen Stuttgart hat während der Coronakrise aus unterschiedlichen Gründen gleich mehrere Lowcost-Carrier verloren. Das wirkt sich äußerst negativ auf die Erholung der Passagierzahlen aus, denn der baden-württembergische Airport erholt sich erheblich langsamer als vergleichbare Airports in Deutschland.

Abgesehen der Palma-de-Mallorca-Strecke sowie Türkei- und Kosovo-Routen gibt es auf vielen Strecken ab Stuttgart kaum bis überhaupt keinen Wettbewerb. Die betroffenen Ziele werden nur von einem Carrier bzw. einer Firmengruppe bedient. Dies hat zur Folge, dass die Preise mitunter deutlich höher sind als ab vergleichbaren deutschen Airports, auf deren Route es Wettbewerb gibt.

Bis kurz zum Beginn der Corona-Pandemie war in Stuttgart vieles anderes. Lowcoster wie Lauda, Easyjet, Blue Air und andere in diesem Segment tätige Anbieter sorgten auf vielen Routen für Wettbewerb, auf den sich Platzhirsch Eurowings einlassen musste. Das Resultat: Im Jahr 2019 hatte der Landesairport so viele Fluggäste wie noch nie. Der damalige Rekord konnte aber nicht lange gefeiert werden, denn ab März 2020 ging es mit der Luftfahrt generell steil bergab, denn binnen weniger Tage kam die Branche fast auf der gesamten Welt zum Quasi-Stillstand.

Lowcoster haben sich zurückgezogen

Lauda verabschiedete sich noch im Sommerflugplan 2020 vom Stuttgarter Flughafen. Die offizielle Begründung war damals, dass das Personal gegen Lohnkürzungen gestimmt habe. In Düsseldorf wurde dies zwar durchgewunken, jedoch die Jobs rettete das auch nicht, denn dort wurde die Schließung dann damit begründet, dass Airport bzw. Ground Handling dem irischen Lowcost-Konzern preislich nicht entgegengekommen wäre.

Wesentlich stiller vertschüßte sich Easyjet vom Stuttgarter Flughafen. Man hatte vor der Pandemie beispielsweise Palma de Mallorca, Berlin-Tegel sowie Ziele in Italien und im Vereinigten Königreich im Portfolio. Aus der erwarteten Wiederaufnahme wurde dann ein Goodbye, denn man zog sich komplett aus Stuttgart zurück. Übrigens hat sich der orangefarbene Billigflieger auch aus dem österreichischen Wien, wo formell der EU-Ableger sitzt, fliegerisch zurückgezogen.

Blue Air war ab Stuttgart hauptsächlich im Rumänien-Verkehr tätig. Dieser Carrier hatte eigentlich gar nicht vor sich aus Deutschland zurückzuziehen, aber das Geld ging aus. Rumänische Behörden, Gläubiger und Leasinggeber zogen den Stecker, so dass dem Lowcoster nichts anderes übriggeblieben ist als den Flugbetrieb einzustellen und Insolvenz anzumelden.

Airline-Schwund mit finanziellen Folgen

Lediglich Vueling und Volotea bieten im Lowcost-Segment noch Flüge innerhalb der EU ab Stuttgart an. Eurowings positioniert sich preislich ab Stuttgart auf jenen Routen, auf denen man keinen Wettbewerber hat, nicht als Billigflieger. Beispielsweise in Richtung Türkei und Ägypten liefern sich auf bestimmten Routen einige Anbieter einen durchaus harten Preiskampf.

Unter dem Strich steht jedoch, dass dem Stuttgarter Airport jene Passagiere, die beispielsweise Lauda, Easyjet und Blue Air hatten, fehlen. Viele von diesen scheinen entweder auf die Airports Memmingen, Karlsruhe/Baden-Baden oder München auszuweichen oder aber zu Hause zu bleiben. Jedenfalls haben sich besonders die beiden zuerst genannten Flughäfen deutlich schneller von der Corona-Pandemie erholt, was auch auf die vergleichsweise hohe Präsenz von Lowcostern wie Ryanair und Wizz Air zurückzuführen ist.

Die Landesregierung von Baden-Württemberg, unter deren Kontrolle der Stuttgarter Flughafen steht, hält wohl auch aus ideologischen Gründen nichts davon die Passagierzahlen anzukurbeln. Somit ist nicht damit zu rechnen, dass an der Preisschraube gedreht wird, um für mehr Wettbewerb, günstigere Preise und folglich auch mehr Fluggäste zu sorgen.

Vor der Pandemie profitabel, jetzt keine Gewinne in Sicht

Gegenüber der DPA sagte Airport-Chef Ulrich Heppe unter anderem, dass er nicht damit rechnet, dass der von ihm geleitete Flughafen in naher Zukunft den Rekordwert des Jahres 2019 erreichen wird. Eventuell zwischen 2028 und 2030 könne dies gelingen. Die fehlenden Passagiere wirken sich auch negativ auf die Finanzen aus, denn Stuttgart steckt tief in den roten Zahlen. Der Manager rechnet damit, dass man frühestens im Jahr 2026 wieder die Gewinnzone erreichen wird. Vor der Pandemie galt der Landesflughafen als hochprofitabel.

Im Rekordjahr 2019 wurde der Stuttgarter Flughafen von etwa 12,7 Millionen Reisenden genutzt. Im Vorjahr hatte man 8,3 Millionen Passagiere und für das laufende Jahr rechnet Heppe mit allenfalls neun Millionen Fluggästen. Ganz Deutschland hinkt der europaweiten Erholung des Flugverkehrs hinterher, jedoch Stuttgart – im direkten Vergleich mit vergleichbaren Airports in der Bundesrepublik – ganz besonders. Unter zehn Millionen Passagieren könne dieser Flughafen, so Heppe gegenüber der DPA, nicht profitabel operieren. Somit wird man sich etwas einfallen lassen müssen, das dazu führt, dass die einstige „Geldruckmaschine“ nicht zur dauerhaften Geldvernichtungsmaschine wird. Früher oder später wird auch die grün angeführte Landesregierung erkennen müssen, dass auch abseits der Ideologie Lösungen gefunden werden müssen.

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