Wegen Klimaticket: Der Niedergang der Flixbus-Inlandsstrecken in Österreich

Flixbus (Foto: Jan Gruber).
Flixbus (Foto: Jan Gruber).

Wegen Klimaticket: Der Niedergang der Flixbus-Inlandsstrecken in Österreich

Flixbus (Foto: Jan Gruber).
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Nationale Fernbusverkehre zählen in vielen europäischen Staaten zum fixen Bestandteil des öffentlichen Personenverkehrs. Beispielsweise in Deutschland unterhalten Flixbus und einige kleinere Anbieter ein dichtes Streckennetz. In Österreich ist die Situation komplett anders und unter anderem aufgrund des Klimatickets ist nicht in Aussicht, dass sich etwas ändern wird.

In der Alpenrepublik wurde der Fernbusverkehr bislang nicht liberalisiert. Das Erlangen von Genehmigungen fordert Betreibern viel Geduld ab, denn die Verfahren sind langwierig und räumen unter anderem den Österreichischen Bundesbahnen ein Vetorecht ein. Zuständig sind die Landesregierungen jener Bundesländer, in denen Haltestellen vorgesehen sind. Die ÖBB haben sich in der Vergangenheit sogar gegen ihren eigenen Hellö-Bus quergelegt, so dass dieser nur im internationalen Verkehr tätig werden konnte. Beförderung auf Inlandsstrecken gab es auch dann nicht, wenn beispielsweise auf dem Weg von Wien nach Kroatien oder Italien zum Beispiel in Graz ein Stopp stattfand.

Die innerösterreichischen Flixbus-Strecken unterscheiden sich von vielen internationalen Routen dadurch, dass nicht der deutsche Konzern der Konzessionär ist, sondern Blaguss Reisen und Dr. Richard. Lediglich die Vermarktung von Fahrkarten erfolgt auch über Flixbus. Es handelt sich um eine Form des Franchisings, denn im Außenverkehr treten die Angebote unter der bekannten deutschen Marke auf.

Blaguss Reisen hat Flixbus-Routen in Inland eingestellt

In den letzten Wochen ist das innerösterreichische Flixbus-Netz stark geschrumpft. Blaguss Reisen hat die nationalen Verbindungen von Wien nach Klagenfurt sowie von Graz nach Salzburg und Linz aus wirtschaftlichen Gründen eingestellt. Hintergrund ist, dass das Verkehrsministerium die Aufnahme sämtlicher Fernbusstrecken (ausgenommen das Postbus-Angebot zwischen Klagenfurt und Graz) in die Netzkarte verweigert. Man vertritt den Standpunkt, dass Schienenverkehre Priorität haben und wenn es eben eine Bahn-Alternative gibt, dann will man keine Busse im Klimaticket sehen. Der Umstand, dass auf dem Straßenweg Umstiege entfallen und in einzelnen Fällen auch die Fahrzeit kürzer ist, spielt aus ideologischen Gründen keine Rolle.

Bei Blaguss Reisen sieht man für eigenwirtschaftliche Busverkehre, also jene, die auf eigene Rechnung gefahren werden und komplett ohne Subventionen auskommen, keine Zukunft mehr. Eine Sprecherin dazu gegenüber Aviation.Direct: „Aus unserer Sicht sind private Buslinienverkehre nur mehr wirtschaftlich tragfähig, wenn diese auch im Klimaticket abgebildet werden.“ Doch genau das wird seitens des Verkehrsministeriums, das Leonore Gewessler als Klimaschutzministerium bezeichnet, verweigert.

Beworben wird die Netzkarte übrigens auch mit dem Slogan “Eines für Alles”. Auf der Internetseite finden sich dann eine ganze Reihe von Ausnahmen. Auffällig ist, dass es sich nebst der Flixbus-Verkehre auch um die Vienna Airport Lines und den City Airport Train handelt, die eben zum Flughafen Wien führen. Unter Berücksichtigung des Umstands, dass das Gewessler-Ministerium die Errichtung einer Haltestelle der Koralmbahn am Flughafen Graz ebenfalls aus ideologischen Gründen nicht wünscht, denn es würden ja Reisende zum angeblich so klimaschädlichen Flugzeug gebracht werden, ist dies keine Überraschung.

Nur noch zwei innerösterreichische Flixbus-Strecken

Doch wie ist es um das innerösterreichische Fernbusnetz, sofern man dieses überhaupt noch als solches bezeichnen kann, generell bestellt? Übrig ist nicht mehr viel, denn die letzten Flixbus-Strecken innerhalb Österreichs werden von Dr. Richard betrieben und führen von Graz nach Wien sowie zum Flughafen Wien. Auch dieser Betreiber hat erheblich weniger Fahrgäste aufgrund des Umstands, dass man nicht ins Klimaticket aufgenommen wird.

“Dr. Richard betreibt mit den Linien 096 Graz-Wien und X96 Graz-Flughafen tatsächlich die letzten verbliebenen innerösterreichischen Fernbuslinien. Alle anderen derartigen Verkehre wurden einerseits durch (im Gegensatz zur Bahn) nicht erfolgte Corona-Stützungen sowie in weiterer Folge die Nicht-Integration ins Klimaticket dahingerafft”, so Dr.-Richard-Geschäftsführer Werner Gumprecht gegenüber Aviation.Direct. “Auch wir sind vom Klimaticket sehr stark betroffen. Das Fahrgastminus auf Linie 096 beträgt im Vergleich zu 2019 (2020-2022 sind pandemiebedingt nicht vergleichbar) 45%. Ein Großteil der regelmäßigen Fahrgäste, insbesondere der Studenten, ist uns wegen des Klimatickets abhandengekommen. Dass wir den Verkehr trotzdem einigermaßen kostendeckend führen können, liegt daran, dass wir den Fahrplan im Vergleich zu vor der Pandemie deutlich reduziert haben. Weniger betroffen vom Klimaticket ist der Flughafenverkehr X96, wo wir 15% weniger Fahrgäste haben als 2019. Der Anteil der regelmäßigen Fahrgäste bzw. ÖV-Vielfahrer ist dort niedriger, daher rentiert sich das Klimaticket für die meisten Kunden offensichtlich nicht”.

Sowohl Blaguss Reisen als auch Dr. Richard hatten vor einigen Jahren – im Schatten des Fernbusbooms in Deutschland – die Hoffnung, dass auch in Österreich die erhoffte Liberalisierung vollzogen wird. Viele Strecken, die besonders Landeshauptstädte besser miteinander verknüpfen sollten bzw. Wien besser mit den Bundesländern verbinden sollten, waren in der Ideenphase. Dr. Richard hatte auf der Graz-Wien-Strecke den Vorteil, dass man für diese schon lange eine Konzession, die vor vielen Jahren ausgestellt wurde, hat. Die Busse wurden dann lediglich auf die Marke Mein Fernbus und später bedingt durch die Fusion in Deutschland auf Flixbus umgestellt. Die von Blaguss Reisen betriebenen Inlandsstrecken wurden neu konzessioniert und zunächst in Kooperation mit der Westbahn als Westbus vermarktet. Nach dem Austritt von Blaguss aus Eurolines wurden alle Fernverkehre einheitlich auf die Marke Flixbus umgestellt.

Keine neuen Fernbusstrecken innerhalb Österreichs in Aussicht

Neue Inlandsstrecken planen derzeit weder Dr. Richard noch Blaguss Reisen. Die Rahmenbedingungen scheinen so zu sein, dass es beiden Firmen aufgrund des Ausschlusses von Fernverkehren vom Klimaticket unmöglich ist solche wirtschaftlich tragfähig zu betreiben. Um Subventionen betteln beide Firmengruppen überhaupt nicht. Vielmehr geht es darum, dass man dem Schienenverkehr, der in der Netzkarte enthalten ist, gleichgestellt ist und zu vergleichbaren Konditionen am Klimaticket teilnehmen darf. Dies würde auch zur Verbesserung des Personenverkehrs in Österreich beitragen, denn es gibt zahlreiche Regionen, die auf dem Schienenweg entweder gar nicht erreichbar sind oder aber nur mühsam und zeitaufwendig mit Umsteigen.

“Neue innerösterreichische Fernbusverkehre können unter diesen Rahmenbedingungen praktisch nicht in Betrieb genommen werden, da alle in Frage kommenden Strecken immer zumindest im weiteren Sinn parallel mit der Bahn erschlossen sind. Wie verstehen natürlich, dass der Bund als Eigentümer der ÖBB diese vor Konkurrenz schützen möchte. Allerdings ist den ÖBB durch die Fernbusverkehre in Österreich nie ein nennenswerter Schaden entstanden, selbst in den besten Zeiten erzielten die Fernbusverkehre innerhalb Österreichs vielleicht drei bis vier Promille des Umsatzes der ÖBB-Personenverkehr AG. Wir wissen aus Erhebungen, dass wir mit unseren Fernbusverkehren viele PKW-Fahrten substituiert haben. Für diese Menschen war die Bahn keine brauchbare Alternative zum PKW. Insofern müsste der Bund eigentlich aus ökologischen Gründen daran interessiert sein, dass es Fernbusverkehr in Österreich gibt, auch wenn dieser den ÖBB vielleicht ein paar Fahrgäste kostet. Leider sind bislang alle Initiativen, die Fernbusverkehre ins Klimaticket zu integrieren, vom BMK abgelehnt worden. Somit bleiben die Fahrgäste der Fernbuslinien buchstäblich Fahrgäste zweiter Klasse, weil Ihnen die Vorteile des Klimatickets vorenthalten werden”, so Gumprecht.

Österreicher vertrauen im Zweifelsfall lieber aufs Auto

Im Verkehrsministerium hält man derzeit weiterhin eisern an der Doktrin, dass der Schienenverkehr, besonders Nachtzüge, absolute Priorität hat, fest. Andere Verkehrsträger, besonders Fernbusse und erst recht Flugzeuge, sind Leonore Gewessler (Grüne) wohl aus ideologischen Gründen eher ein Dorn im Auge. Der Umstand, dass die Einstellung von Inlandsflügen nicht dazu führt, dass die Reisenden, sofern sie kein Klimaticket haben, auf die Schienenersatzangebote umsteigen, sondern eher auf das eigene Auto und damit unter anderem nach München, Triest und Wien fahren, wurde in der jüngsten Erklärung im Nationalrat nicht mal erwähnt.

Interessanterweise scheinen viele Geschäftsreisende aus der Steiermark dem Fernbus mehr Vertrauen zu schenken als der Bahn. Umstiege aus diesem Personensegment finden eher vom Auto auf den Flixbus als auf den Railjet statt. Dennoch bleibt das Auto der Hauptkonkurrent und erfreut sich weiterhin hoher Beliebtheit. Daran hat auch das Klimaticket nur sehr wenig geändert, denn wenn es darum geht, dass man in jedem Fall pünktlich sein muss, verlassen sich viele Österreicher nur sehr ungerne auf öffentliche Verkehrsmittel.

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