Unter der Flugnummer OS461 hat Austrian Airlines am Mittwoch den ersten kommerziellen Flug mit dem Maschinentyp Airbus A320neo durchgeführt. Die OE-LZN machte sich um die Mittagszeit auf den Weg nach London-Heathrow. Für die meisten Passagiere war das Gate-Event eine große Überraschung, denn nur die wenigsten wussten vorab, dass es sich um den ersten Neo-Flug der AUA handelt.
Bereits vor dem Boarding wurden die Fluggäste von zwei Vorstandsmitgliedern der Austrian Airlines begrüßt und konnten das traditionelle Durchschneiden des Bandes beobachten. Somit war der kommerzielle Liniendienst der OE-LZN eröffnet. Zuletzt hat die österreichische Lufthansa-Tochter vor über 16 Jahren ein werksneues Passagierflugzeug eingeflottet. Bereits in der kommenden Woche wird man den zweiten von vorerst vier Airbus A320neo erhalten.
Hersteller Airbus muss jedoch zuvor noch ein paar Kleinigkeiten beheben, die Austrian Airlines im Zuge eines ersten Abnahmefluges bemängelt hat. Derzeit geht man aber nicht davon aus, dass sich die formelle Übergabe signifikant verzögern wird.
Die AUA-Belegschaft hatte am Mittwoch noch einen weiteren Grund zum Feiern: Nach langwierigen Verhandlungen konnte die Gewerkschaft Vida mit der Geschäftsleitung – formell haben die Sozialpartner verhandelt – eine Einigung erzielen. Diese führt dazu, dass die Gehälter des fliegenden Personals in zwei Schritten angehoben werden. Mehr dazu unter diesem Link.
Routine, aber doch ein wenig anders
Flüge zwischen Wien und London-Heathrow sind eigentlich tägliche Routine für AUA-Crews, doch am 19. Oktober 2022 war dann doch alles ein bisschen anders. Der erste Linienflug der OE-LZN stand an und die Besatzung war natürlich stolz darauf, dass man an Bord des jüngsten Mitglieds der AUA-Flotte arbeiten konnte. Freilich ist ein A320neo mittlerweile keine Besonderheit mehr, denn enorm viele Fluggesellschaften betreiben dieses Muster mitunter in großem Umfang. Bei Austrian Airlines mussten sich Crews und Passagiere lange gedulden.
Dass sich die AUA seit längerer Zeit in einem Veränderungsprozess befindet, ist allgemein bekannt und wohin diese Wandlung geht weiß niemand. Die Branche ist immer in Bewegung und beispielsweise hätte in den 1980er-Jahren niemand gedacht, dass es mal Rauchverbot an Bord geben wird oder aber in der Economy-Class für Speisen und Getränke bezahlt werden muss. Auch wäre es unvorstellbar gewesen, dass man für einstellige Eurobeträge durch Europa fliegen kann. Die Zeiten ändern sich eben.
Sowohl im Cockpit als auch in der Kabine war an Bord des Erstfluges Stolz und Aufbruchsstimmung zu spüren. Beispielsweise meinte die Copilotin, dass sie „megaglücklich beim Erstflug im Cockpit dabei zu sein“. Der Kapitän, aber auch das Kabinenteam, konnten gar nicht oft genug ihre Freude über den Erstflug betonen. Das kam auch bei den Passagieren an, denn beispielsweise englische Reisende fanden es cool einfach nur dabei zu sein. Ebenfalls ein Gesprächsthema: Ein wiederverwendbarer Becher für den Kaffee unterwegs, der verschenkt wurde. Das doch auffällige Design dürfte vielen gefallen haben.
Neues Flugzeug, bewährtes Bordprodukt
Vereinfacht gesagt: In die Erneuerung der Flotte von Austrian Airlines wurde über viele Jahre nichts investiert, so dass der Bestand Jahr für Jahr älter geworden ist. Gleichzeitig baute die Konzernmutter Lufthansa zum Beispiel bei Swiss laufend aus, jedoch für den österreichischen Carrier gab es keine werksneuen Flugzeuge. Vorerst least man vier A320neo von einer konzerneigenen Leasinggesellschaft. Diese werden vorläufig für vier Jahre im Einsatz bleiben. Offiziell präsentiert wurde die OE-LZN am Montag. Die Maschine wurde von Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) auf den Namen Donau-Auen getauft.
Um das Jahr 2026 herum könnte eine größere Erneuerung anstehen. Dann könnten möglicherweise auch die heutigen Neos die Flotte wieder verlassen, da Lufthansa bestrebt ist gruppenweit Leap-Triebwerke zu betreiben. Dies spart unter dem Strich Kosten ein, da man im Bereich der Technik dann nur noch einen Triebwerkstyp für alle Maschinen der A320neo-Reihe aller Konzernmitglieder vorhalten muss. Ob es dann so kommt? Das wird sich zeigen, denn in der Luftfahrt können sich Entscheidungen bei Bedarf schnell ändern. Jedenfalls sind die Mitarbeiter von Austrian Airlines motiviert und hoffen verständlicherweise auf mehr. Die beschlossenen Lohnerhöhungen dürften noch ein wenig zusätzliche Motivation geben.
Jüngste Sitzgeneration an Bord
Das Bordprodukt der AUA unterscheidet sich auf dem Airbus A320neo nur minimal vom Vorgängermodell A320ceo. Die Maschine verfügt über alle Neuerungen, die der Hersteller mit der Neo-Serie auf den Markt gebracht hat. Für Passagiere wahrnehmbar sind das in erster Linie kleine optische Unterschiede in der Kabine. Alles wirkt moderner, ein bisschen heller und momentan riecht es in der OE-LZN noch „nach neu“. Für Passagiere relevant ist auch, dass im A320neo die neueste Sitzgeneration von Austrian Airlines eingebaut wurde. Nützlich: USB-Ladedosen, an denen man beispielsweise das Smartphone mit „Saft“ versorgen kann, sind überall, ausgenommen Reihe 1, vorhanden. Die Arbeiten wurden vom Technikbetrieb Bratislava vorgenommen. Vom Hersteller hat man diesen A320neo ohne Livery und ohne Sitze, also quasi „nackt“ übernommen.
An Bord des Erstfluges von Wien nach London-Heathrow führte Austrian Airlines neun Reihen Business-Class, die mit je vier Passagieren besetzt waren. Es waren jedoch nur wenige eingeladene Passagiere darunter. Die ganz überwiegende Mehrheit waren ganz normale Reisende, die wohl er Zufällig in den Genuss des ersten kommerziellen A320neo-Fluges der Austrian Airlines gekommen sind. Selbiges gilt für die fast komplett volle Economy-Class. Der Rückflug nach Wien-Schwechat war ebenfalls voll.
Demnach ist es auch nicht verwunderlich, dass sich der Catering-Partner Do&Co für die Business-Class besonders ins Zeug gelegt hat und große und wohlschmeckende Menüs für die Reisenden im vorderen Teil der Maschine geliefert hat. Es bleibt zu hoffen, dass dies kontinuierlich beibehalten wird. In der Economy-Class wurde das übliche Preis-Catering angeboten. Kleine Schnitzel sind zum Preis von 12,50 Euro zu Buche und für einen Apfelstrudel müssen sieben Euro bezahlt werden.
Mehr Platz für Trolleys, Hut und Co
Positiv bemerkbar machen sich sich die vergrößerten Overhead-Bins. Diese wurden von der österreichischen Firma FACC entwickelt und bieten deutlich mehr Stauraum. Handgepäck-Trolley passen, sofern die Maße eingehalten werden, auch hochkamt hinein. Somit müsste sich eigentlich der „Kampf“ um das letzte freie Fach minimieren. Allerdings ist auch dieser hausgemacht, denn aus Profitgier verlangen die meisten europäischen Fluggesellschaften in den günstigsten Economy-Class-Tarifen für die Aufgabe von Gepäckstücken am Schalter extra – mitunter sogar enorm viel. Bei Austrian Airlines hat man derzeit keine Pläne die maximale Größe des Handgepäcks zu verkleinern. Die Konzernschwester Eurowings hat vor einiger Zeit die Modelle von Ryanair und Wizz Air regelrecht kopiert.
Unabhängig von Tarifen und Mahlzeiten scheint der erste Airbus A320neo von Austrian Airlines frischen Wind in das Unternehmen gebracht zu haben. Die Maschine drückt nicht nur das Durchschnittsalter der Flotte, sondern motiviert auch die Besatzung und das war nach Corona, Kurzarbeit und Co auch bitter notwendig. Hoffentlich bleibt es beim motivierten Aufwärtstrend, denn die Mitarbeiter, die in den letzten Jahren wegen der Pandemie Existenzängste hatten, haben es sich auf jeden Fall verdient.