Aus der Sicht von Österreichs Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) soll das im Jahr 2021 geführte Klimaticket ein voller Erfolg sein. Euphorisch erklärte das Regierungsmitglied, dass ihre Erwartungen sogar übertroffen worden wären. Wie eben üblich, denn aus der Sicht dieses Ressorts sind ja sämtliche Projekte prinzipiell erfolreich.
Kein Wort verlor die österreichische Verkehrsministerin, die sich selbst als Klimaschutzministerin bezeichnet, darüber, dass nationale Verbindungen, die von privaten Unternehmern eigenwirtschaftlich erbracht wurden, eingestellt werden mussten, da diese mit der Netzkarte nicht mehr mithalten konnten. Ins Klimaticket wurden diese aber nicht aufgenommen, da man im grün geführten Ministerium dem Zug gegenüber Fernbus und Flugzeug Priorität einräumen will.
Zum Beispiel haben die nationalen Flixbusverbindungen ab Graz nach Salzburg und Linz sowie von Klagenfurt nach Wien das Klimaticket nicht überlebt. Diese wurden nach und nach unwirtschaftlich, so dass sich der Betreiber Blaguss Reisen dazu entschlossen hat diese einzustellen. Auch die vom Mitbewerber betriebenen Fernbuslinien von Graz nach Wien sowie Flughafen Wien sind kein Bestandteil des Klimatickets, da das Gewessler-Ministerium keine Fernbusverbindungen inkludiert haben will, sofern es eine Alternative auf dem Schienenweg gibt. Ob die Fahrzeit dadurch länger ist oder aber mit mehreren Umsteigen verbunden ist, spielt keine Rolle. Zug vor Bus und Flugzeug, lautet die Devise, die seit der Amtsübernahme von Leonore Gewessler vorgegeben wird.
Nicht alle Verkehre sind inkludiert
Es handelt sich übrigens nicht um die einzigen Verkehre, die nicht im Klimaticket inkludiert sind. Für Fluggäste des Wiener Flughafens ist durchaus ärgerlich, dass weder der City Airport Train noch die Vienna Airport Lines (betrieben von der Postbus AG, die über die ÖBB komplett dem Staat gehört) inkludiert sind. Auch das hat seine Gründe, denn es ist ja nicht so, dass die beiden Betreiber es nicht wollten, sondern analog zu den nationalen Fernbusverkehren (ausgenommen Graz-Klagenfurt), dass es politisch nicht gewünscht ist.
Unabhängig davon präsentierte Leonore Gewessler im Nationalrat regelrechte Jubelinformationen. Anders war das auch nicht zu erwarten, denn in Österreich ist es generell gelebte politische Praxis, dass Regierungsmitglieder ihre Projekte immer als Erfolg darstellen. Selbst dann, wenn es ein totaler Flopp war – Stichwort „Kaufhaus Österreich“. Von einem total Flopp kann aber beim Klimaticket Österreich, das laut der Ministerin etwa 260.000 Kunden hat, keine Rede sein.
Mit einem Plus von 7,7 % gegenüber dem Vorjahr beläuft sich das Mobilitätsbudget 2024 laut Bundesvoranschlag (BVA) nunmehr auf insgesamt auf 5,92 Mrd. € (2178 d.B.). Der Anstieg in der Höhe von 423,4 Mio. € lässt sich insbesondere auf um 290 Mio. € höhere Auszahlungen für das Klimaticket zurückführen, worin auch 120 Mio. € für die kostenlose Version für 18-Jährige enthalten sind. Auch führte die Ministerin an, dass viele Autofahrer ein Klimaticket gekauft haben sollen und dieses vermehrt einsetzen sollen. Generell wäre die Netzkarte ein „Meilenstein in der Mobiliitätswende“.
FPÖ lehnt alles ab, andere Oppositionsparteien machen Verbesserungsvorschläge
Von der Opposition wurde unter anderem kritisiert, dass es zu wenig Vorbereitung gegeben habe. Viele Personen würden das Klimaticket für Fahrten und Ausflüge nutzen, die sie sonst nicht unternommen hätten. Daraus würden überfüllte Züge und Busse resultieren. Die Bahngesellschaften sowie die Verkehrsverbünde hätten viel zu wenig Vorlaufzeit gehabt, um die Kapazitäten aufzustocken. Bei so genannten bestellten Verkehren hätten die Auftraggeber in vielen Fällen noch immer nicht reagiert.
Die Abgeordneten der FPÖ kritisieren so ziemlich alles im Zusammenhang mit dem österreichischen Klimaticket. Weder mit der Aktion, dass 18-jährige zur Volljährigkeit ein Jahr freie Fahrt bekommen sollen, noch mit dem Verkaufspreis des Klimatickets sind diese einverstanden. Von „Verschleudern von Mobilität“ ist aus diesem politischen Lager die Rede. Die anderen Oppositionsparteien üben lediglich punktuelle Kritik oder aber Verbesserungsvorschläge, die primär notwendige Investitionen in die Infrastruktur betreffen, zeigen sich aber allgemein zustimmend, dass das Klimaticket für die Bürger eine nützliche Sache ist. Kritik gibt es punktuell an der Art und Weise der Kommunikation der Ministerin, da negative Aspekte weitgehend ausgeblendet werden sowie die Tätowier-Aktion auf einem Rock-Festival scheint vielen Abgeordneten unangemessen gewirkt zu haben.
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