Seit einiger Zeit zieht sich Ryanair zunehmend von größeren deutschen Flughäfen zurück. Mal geschieht das sang- und klanglos, mal gepaart mit viel Aufsehen und gelegentlich auch gepaart mit provokanten Medienmitteilungen.
Bereits jetzt steuert der irische Konzern die Flughäfen München, Stuttgart, Hannover, Düsseldorf und Hannover nicht mehr an. In Frankfurt am Main wird die derzeit aus fünf von Malta Air betriebenen Boeing 737-800 bestehende Basis per 31. März 2022 geschlossen. Der „Rückzug auf Raten“ hat jedoch schon viel früher begonnen und hatte die höchste öffentliche Aufmerksamkeit mit der Schließung der Laudamotion-Bases in Düsseldorf und Stuttgart.
Vor der Corona-Pandemie hob die damalige Lauda-Geschäftsleitung immer wieder hervor wie gut es in Deutschland laufen würde. Allerdings waren diese Worte schnell vergessen, denn man wollte billigere Gebühren an den Airports und das Personal sollte niedrigere Löhne erhalten. In Stuttgart begründete man dann den vollständigen Rückzug damit, dass nicht ausreichend Mitarbeiter den niedrigeren Gehältern zugestimmt hätten. Alle wurden gekündigt und die Airbus-Maschinen wurden abgezogen.
Lauda-Basis Düsseldorf wurde trotzdem dicht gemacht
In Düsseldorf war die Situation ein wenig anders. Hier stimmte die Mehrheit der damaligen Laudamotion-Mitarbeiter den „neuen Gehältern“ zu und erhielt auch Verträge für den Nachfolger Lauda Europe angeboten. Das half alles nichts, denn ein paar Tage später verkündete Ryanair den vollständigen Rückzug aus Düsseldorf. Begründet wurde das damit, dass die Gebühren zu hoch sein sollen.
Ähnlich argumentiert man nun in Frankfurt am Main. Tatsache ist, dass der Lowcoster an fast allen Airports von Incentive-Programmen profitiert hat und das teilweise sogar doppelt, denn man stellte die Flugnummern auf OE (Laudamotion) um und später machte man mancherorts wieder FR (Ryanair) daraus. Irgendwann laufen solche Vergünstigungen aber aus und der Mitbewerber Wizz Air hat in Frankfurt am Main bereits gezeigt wie man als Lowcoster dann reagieren kann: Tschüss mit Ü.
Während Ryanair beispielsweise in Berlin, Hamburg, Bremen und an kleineren Airports in Deutschland ganz gut funktioniert, ist man mit Stuttgart, Düsseldorf, München, Hannover und Frankfurt am Main nie ganz glücklich geworden. Das hat verschiedene Gründe, aber es liegt auch daran, dass man diese Flughäfen lange gar nicht anfliegen wollte, weil sie angeblich zu teuer für das Geschäftsmodell waren.
„Premium-Slots“ oftmals nicht verfügbar
Die Folge daraus ist, dass bei Passagieren beliebte Abflugzeiten schon an andere Anbieter, beispielsweise Lufthansa, vergeben sind. Für die Verteilung der Slots sind nicht die Flughäfen, sondern die Fluko, eine Regulierungsbehörde, zuständig. Der Plan, dass es Ryanair-Passagieren völlig egal ist wann sie abheben, ist an den größeren Flughäfen Deutschlands schlichtweg nicht aufgegangen. Es gibt nämlich fast immer Alternativen. An kleineren Airports gibt es die zumeist nicht, so dass Ryanair in der Hand hat wann geflogen wird und wann nicht.
Die Folge daraus ist, dass der Billigflieger oftmals besonders günstige Tickets anbieten muss, um von potentiellen Passagieren aufgrund der Flugzeiten und Frequenzen überhaupt als Alternative in Betracht gezogen zu werden. Natürlich ist das Ryanair ganz gut gelungen, jedoch bietet man oft weit unter den Gestehungskosten an und oft auch unter den Kosten der deutschen Luftverkehrssteuer. Das heißt, dass der Lowcoster draufzahlt, es sei denn die Passagiere verteuern ihren Flugschein durch den Zukauf kostenpflichtiger Extraleistungen wie Gepäckbeförderung. Oder sie tanzen ohne vorherigen Online-Check-in am Schalter an und die Dimensionen des Handgepäcks passen auch nicht, dann klingelt bei Ryanair die Kasse besonders laut.
Passagiere vermeiden den Kauf von Extraleistungen
Wenn sich die Passagiere aber mit den Bestimmungen arrangieren und allenfalls das so genannte Priority-Paket, das zur Mitnahme eines Trolleykoffers und einer kleinen Tasche berechtigt, dazu kaufen und sonst nichts – auch nicht an Bord – dazu kaufen, geht die Rechnung mit Ticket-Grundpreisen im einstelligen Eurobereich nicht auf. Dann drücken Handlingkosten und die Luftverkehrssteuer ganz ordentlich auf das Ergebnis.
Ein Aspekt, den man besonders bei Ryanair nicht unterschätzen darf: Kleine Flughäfen, die im Extremfall ausschließlich den irischen Lowcoster als Kunden haben, gehen eher auf Extrawünsche und Sparpotential der Iren ein. Größere Airports wie Frankfurt am Main, München, Düsseldorf, Stuttgart oder Hannover hingegen können auch damit leben auf die Ryanair-Flüge zu verzichten. Die Slots sind – abgesehen von der momentanen Coronapandemie – ohnehin begehrt und es wird sich schon ein anderer Nutzer finden.
Genau da hakt aber wieder die Kritik von Ryanair und Wizz Air ein: Diese fordern, dass Start- und Landerechte nur dann geschützt bleiben sollen, wenn sie tatsächlich vollständig genutzt werden. Wenn nicht, dann ab zum Regulator und im Idealfall zu den Billigfliegern. Man hofft nämlich darauf, dass man so an sprichwörtliche „Premium-Slots“ an den größeren Airports kommt. Nur mit diesen und einem entsprechenden Streckenangebot könnte man Platzhirschen wie Lufthansa so richtig auf die Nerven gehen.
Linate-Start- und Landerechte bekommen, aber nicht genutzt
Slots bekommen und dann auch befliegen sollte die Devise lauten. Ein Running-Gag bei Ryanair ist, dass auf den Bordkarten ein Koffersymbol, das den IATA-Code LIN (Mailand-Linate) trägt, abgebildet ist. Diesen Airport fliegt der Billigflieger aber gar nicht an und das obwohl man im Vorjahr Start- und Landerechte ergattern konnte. Weiters polterte der Lowcoster über viele Jahre hinweg, dass man Linate-Slots haben will. Man bekam sie zugeteilt und wurde dann ruhig, nutzte sie aber nicht. Der Mitbewerber Wizz Air nutzt jene Start- und Landerechte, die man in Linate ergattern konnte.
Es ist allgemein bekannt, dass Fluggesellschaften am Liebsten überhaupt nichts an Flughäfen bezahlen würden. Das schließt auch Netzwerkcarrier ein und die Managements der Airports müssen auch mit diesen regelmäßig verhandeln. Gerade bei Wizz Air und Ryanair zählt aber jeder einzelne Cent und wo möglich versucht man „negative Gebühren“ über Förderungen, Touristik-Zuschüsse und dergleichen zu bekommen.
Ein Beispiel hierfür sind Subventionen, die in der Vergangenheit in Deutschland und Österreich gewährt wurden, jedoch teilweise für rechtswidrig erklärt wurden. Jene Regionen, in denen sich die Airports, an denen Ryanair eben nicht erfolgreich war, befinden, haben genug Alternativen und es besteht kein Grund für zusätzliche Förderung des Tourismus. In abgelegenen Gebieten, in denen es kaum Flugverkehr, der nicht von Billigfliegern generiert wird, sieht die Situation anders aus.